1.51.3 (ma12p): 3. Außerhalb der Tagesordnung: Begnadigung im besetzten Gebiet.

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3. Außerhalb der Tagesordnung: Begnadigung im besetzten Gebiet4.

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Zum folgenden vgl. Dok. Nr. 235, P. 3.

Der Reichsminister des Auswärtigen führte aus, daß die Französische Regierung bisher etwa 115 bis 120 000 Ausgewiesenen die Rückkehr gestattet habe. Insgesamt seien etwa 150 000 Menschen ausgewiesen worden. Die Deportierten seien bis auf eine Frau, die nicht transportfähig sei, zurückgeschafft. 550 politische Gefangene seien freigegeben. Der französische Botschafter5 habe darauf hingewiesen, daß Deutschland bisher keine Gnadenakte ausgeübt habe6. Es handele sich da um die Deutschen, die gegen die Verordnung des Reichspräsidenten betreffend den passiven Widerstand verstoßen hätten. Die Begnadigung[925] sei Sache der Länder, und von diesen sei alles soweit vorbereitet, daß man nach seiner Ansicht nunmehr mit Begnadigungsakten beginnen müsse. Hoch- und Landesverrat seien von einer Begnadigung ausgeschlossen7.

5

de Margerie.

6

Auch der brit. Botschafter Lord D’Abernon hatte wiederholt beim AA die Amnestierung der von dt. Seite Verurteilten einschließlich der Separatisten angeregt. In einem Schreiben des MinDir. v. Schubert an D’Abernon vom 12. 7. heißt es: Das AA sei mit D’Abernon darin einig, daß es zur endgültigen Befriedung der besetzten Gebiete notwendig sein werde, „auch unter die Separatistenbewegung einen Strich zu machen und die strafrechtliche Verfolgung dieser Leute einzustellen“. Indessen sei zu berücksichtigen, daß die bisherigen Maßnahmen der frz. Reg. und der Besatzungsstellen zugunsten der ausgewiesenen und verhafteten Deutschen unbefriedigend seien. Nur einem Teil der Ausgewiesenen sei bisher die Rückkehr gestattet worden, von der Rückkehr ausgeschlossen seien fast alle leitenden Beamten. Zahlreiche Ausgewiesene könnten von der Rückkehrerlaubnis keinen Gebrauch machen, da ihre Wohnungen von den Besatzungsangehörigen beschlagnahmt seien. Die Begnadigung der verurteilten Deutschen mache so gut wie keine Fortschritte. In letzter Zeit stockten nicht nur die Freilassungen, sondern es seien auch umfangreiche Neuverhaftungen wegen angeblicher Zugehörigkeit zu verbotenen Vereinen vorgenommen worden. Die RReg. habe die Begnadigung aller derjenigen Deutschen zugesagt, die sich gegen die während des passiven Widerstandes erlassenen Abwehrverordnungen vergangen haben. Dagegen seien die innenpolitischen Voraussetzungen für eine allgemeine Begnadigung der Separatisten, „d. h. von Hoch- und Landesverrätern“, nicht gegeben, bevor nicht die frz. Gnadenmaßnahmen erheblich weitergingen und den dt. Beschwerden Rechnung getragen würde. „Auf alle Fälle wird die Begnadigung der Separatisten aber erst den Schlußstein der Befriedungsaktion in den besetzten Gebieten auf Grund des Dawes-Gutachtens bilden können.“ Eine Abschrift dieses Briefes an D’Abernon übersendet MinDir. Köpke (AA) an den Vertreter der RReg. in München, Haniel, mit Begleitschreiben vom 14. 7. Darin heißt es: „Die Tendenz des Briefes ist die, den Engländern klar zu machen, daß dieses an sich auch von uns angestrebte Ziel [der Begnadigung der Separatisten] nur dann erreicht werden kann, wenn sie ihrerseits bei den Franzosen völlige Änderung in deren Haltung in der Frage der Gefangenen und Ausgewiesenen durchsetzen. Dessen ungeachtet wird aber auch, besonders seitens der Bayer. Reg., ihre [!] intransigente Haltung allmählich etwas gelockert werden müssen, sonst kommen wir niemals zu einem befriedigenden Ende.“ Haniel solle dies besonders zum Ausdruck bringen, wenn er den Brief der Bayer. Reg. gegenüber verwerte (R 43 I /1839 , S. 319-337, ).

7

Vgl. auch Dok. Nr. 235, Anm. 12.

Der Vizekanzler regte an, der Französischen Regierung mitzuteilen, man habe die Absicht, mit Gnadenakten vorzugehen. Die von den Alliierten neuerdings im besetzten Gebiet vorgenommenen Verhaftungen ständen dieser Begnadigungsabsicht hindernd im Wege.

Der Reichsminister des Auswärtigen wies darauf hin, daß die ganze Frage wohl in London zur Verhandlung kommen würde.

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