2.100.1 (ma31p): [Erwerbslosenfürsorge.]

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[Erwerbslosenfürsorge2.]

2

Vgl. zuletzt Dok. Nr. 97.

Nachdem der Herr Reichskanzler auf die Notwendigkeit engster Zusammenarbeit der Regierungsparteien hingewiesen hatte, ergab die Aussprache folgendes:

1. Der Übergang zum Lohnklassensystem wurde nur von der Deutschen Volkspartei gewünscht. Die anderen Regierungsparteien waren dagegen.

2. Für eine allgemeine Erhöhung der Bezüge der Erwerbslosen waren das Zentrum, die Bayerische Volkspartei und die Demokraten. Das Zentrum würde sich mit einer Erhöhung von 15% für die Ledigen abfinden. Sein Antrag auf Heraufsetzung des Gesamtbetrages der Unterstützung um 10% bezieht sich nur auf die Hauptunterstützungsempfänger, nicht auf die Familienangehörigen. Der Reichsarbeitsminister stellte hierzu fest, daß bei dieser Auslegung die Regierungserklärung, nach der eine allgemeine Erhöhung der Erwerbslosenbezüge abgelehnt wird3, mit dem Antrag nicht in Widerspruch steht. Das Zentrum würde sich auch damit einverstanden erklären, wenn die Unterstützung auf das vierte Kind ausgedehnt wird. Bedenken dagegen, daß den Ledigen eine prozentual höhere Zulage gewährt wird als den Verheirateten, wurden insbesondere von der Deutschen Volkspartei geltend gemacht.

3

Siehe Dok. Nr. 93, Anm. 4.

3. Das Zentrum hielt daran fest, daß die Dauer der Unterstützung auf 52 Wochen begrenzt bleibt, während die Demokraten ihren Antrag auf Verlängerung der Unterstützungsdauer bis 31. März als Notmaßnahme aufrechterhielten.

Eine besondere gesetzliche Regelung der Unterstützung der Ausgesteuerten bis zum Inkrafttreten der Erwerbslosenversicherung4 soll erwogen werden. Es muß vermieden werden, daß dem Gesetz über die Erwerbslosenversicherung durch die Zwischenregelung Schwierigkeiten erwachsen.

4

Der GesEntw. über Arbeitslosenversicherung lag zu diesem Zeitpunkt dem RR vor; vgl. Dok. Nr. 87, P. 5.

4. Der Reichsfinanzminister erklärte sich bereit, von den Unterstützungen, die die Gemeinden an die Ausgesteuerten zahlen, im Bedürfnisfalle mehr als[277] 50% zu übernehmen. Die Demokraten traten dafür ein, daß die Aufwendungen im vollen Umfange vom Reich übernommen würden.

Gesandter von Preger nahm für die Bayerische Regierung gegen eine allgemeine Erhöhung der Erwerbslosenfürsorge Stellung und erklärte, daß die Länder keinesfalls neue Lasten tragen könnten. Ministerialdirektor Poetzsch führte aus, daß Sachsen sich ebenfalls gegen eine allgemeine Erhöhung der Erwerbslosenunterstützung und für das Lohnklassensystem ausgesprochen habe.

Es wurde Übereinstimmung dahin festgestellt, daß der Unterausschuß5 zunächst nicht weiter verhandeln solle und daß die Regierung sich darüber schlüssig machen wird, wie weit sie den Anträgen auf Erhöhung der Unterstützung äußerstenfalls entgegenkommen kann. Die Regierung wird alsdann mit der Deutschnationalen Volkspartei und mit der Sozialdemokratischen Partei Fühlung nehmen6.

5

Unterausschuß des Sozialpolitischen Ausschusses des RT.

6

Siehe Dok. Nr. 101.

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