2.143.1 (ma31p): Fragen der Mieterhöhung und des Wohnungsbaues.

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RTF

Fragen der Mieterhöhung und des Wohnungsbaues.

Staatssekretär Geib trägt den Sachverhalt entsprechend der schriftlichen Unterlage (siehe Anlage) vor1. Er beantragt, das Kabinett möge der von dem Herrn Reichsarbeitsminister vorgeschlagenen Erhöhung der gesetzlichen Mieten um 20% auf 100%, also auf 120% am 1. April 1927 zustimmen.

1

Über die Frage der Mieterhöhung hatte am 30.11.26 eine Chefbesprechung zwischen dem RArbM, dem RWiM, dem RFM, dem PrHandM, dem PrWohlfM und dem PrFM stattgefunden. Dabei vertraten die anwesenden Reichsminister übereinstimmend die Auffassung, daß die gesetzlich gebundenen Mieten zum 1.4.27 um 20% von gegenwärtig 100 auf 120% der entsprechenden Friedensmieten heraufgesetzt werden müßten; der Ertrag der Mieterhöhung sollte hauptsächlich dem Wohnungsbau und den Hausbesitzern zugute kommen. Der PrHandM lehnte dagegen für 1927 jede Mieterhöhung ab, während nach Ansicht des PrFM die Erhöhung nicht mehr als 10% betragen sollte. Man kam überein, zur Klärung der Frage zunächst eine Besprechung sämtlicher Reichsminister und danach eine gemeinsame Sitzung des Reichs- und pr. Kabinetts abzuhalten (Kabinettsvorlage des RArbM vom 2.12.26, R 43 I /2346 , Bl. 130–131; auch in der Anlage zum oben abgedruckten Protokoll).

Zur gesetzlichen Regelung der Mieten und der Hauszinssteuer siehe das „Gesetz über den Geldentwertungsausgleich bei bebauten Grundstücken“ in der Fassung vom 1.6.26 (RGBl. I, S. 251 ). Vgl. auch Preller, Sozialpolitik in der Weimarer Republik, S. 332 ff., 384 f.

Der Reichsminister des Innern hält eine so sprunghafte Steigerung von 100% auf 120% nicht für vertretbar. Er schlägt eine Erhöhung am 1. April um 10% und eine weitere Erhöhung um 10% am 1. Juli vor.

Der Reichsverkehrsminister und Reichspostminister weisen auf die Rückwirkungen, die in ihren Verwaltungen notwendigerweise eintreten, hin. Es würde schwer sein, die dadurch entstehenden finanziellen Mehrlasten aufzubringen. Die Postverwaltung werde dies nur unter Kürzung der Ablieferung ans Reich tun können.

[422] Der Reichswirtschaftsminister führt aus: Die gesetzliche Miete müsse sich zweifellos an die ökonomische Miete angleichen. Nach seiner Auffassung sei der Wirtschaft eine Erhöhung der Mieten zum 1. April 1927 um 20% angenehmer wie eine langsame Steigerung, die sich über noch längere Zeiträume verteile. Auch er sei der Auffassung, daß man möglichst schnell in die freie Wohnungswirtschaft hineinkommen müsse. Er könne daher vom Standpunkt seines Ressorts aus dem Antrage des Reichsarbeitsministers auf eine Erhöhung um 20% zum 1. April 1927 zustimmen.

Staatssekretär Popitz erörterte die Frage der Verteilung des Ertrags aus der 20%igen Mieterhöhung. Ein Teil müsse dem Vermieter, ein Teil dem Wohnungsbau, aber auch 1/5 den Ländern für allgemeine Etatszwecke zugeführt werden.

Das Kabinett beschließt, die gesetzlichen Mieten am 1. April 1927 entsprechend dem Antrage des Reichsarbeitsministers zu erhöhen2.

2

Dieser Beschluß wurde wegen des Einspruchs, den die Vertreter der Pr.Reg. in der anschließenden Sitzung (Dok. Nr. 144) erhoben, nicht ausgeführt.

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