2.95.3 (ma31p): 3. Ausgabe neuer Briefmarken.

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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3. Ausgabe neuer Briefmarken.

Der Reichspostminister berichtete über die Ausgabe neuer Briefmarken1.[264] Er führte aus, daß ihm allein das Recht auf Ausgabe neuer Briefmarken zustehe und daß der Verwaltungsrat der Reichspost keinerlei Mitwirkungsbefugnis habe. Er berichtete ferner über die Angriffe, die in der Öffentlichkeit wegen der geplanten Ausgabe der Briefmarke mit dem Kopf Friedrichs des Großen gegen ihn erhoben würden. Der Abgeordnete Steinkopf sei bei ihm besonders wegen dieser Sache vorstellig geworden. Ihn (den Postminister) hätten lediglich sachliche Erwägungen geleitet. Nach seiner Auffassung dürfe unter den bedeutendsten deutschen Männern des 18. Jahrhunderts, die in der geplanten Serie dargestellt würden, Friedrich der Große nicht fehlen.

1

RIM Külz hatte in einem Schreiben vom 16.10.26 RPM Stingl um Nachricht gebeten, ob Zeitungsmeldungen zuträfen, daß die am meisten gebrauchte 10-Pfg.-Briefmarke einer neuen Briefmarkenserie den Kopf Friedrichs des Großen zeigen werde. „Gegen eine Verwendung des Kopfes Friedrichs des Großen auf Briefmarken wird an sich nichts einzuwenden sein; in der Art, wie das hier nach den Pressemeldungen geplant ist, würde aber diese Verwendung geeignet sein, zu Mißdeutungen zu führen und die politischen Leidenschaften auszulösen. Ich darf nur daran erinnern, daß das Bildnis Friedrichs des Großen in den Wahlkämpfen der letzten Jahre dauernd parteipolitisch ausgenutzt worden ist, daß es hier nicht in einer Serie von Staatsmännern, Vorkämpfern der deutschen Einheits- und Freiheitsbewegung oder dgl., sondern ganz allein zwischen Künstlern und Denkern verwendet wird und daß ihm die häufigst verwendete Freimarke zugeteilt ist, so daß die gewöhnlichen Briefe in der deutschen Republik als repräsentative neue Freimarke den Kopf Friedrichs des Großen führen.“ Im Antwortschreiben des RPM an den RIM vom 18. 10. heißt es: Es sei richtig, daß für die 10-Pfg.-Marke der neuen Serie der Kopf Friedrichs des Großen vorgesehen sei. „Daß die Person Friedrichs des Großen in den Wahlkämpfen der letzten Jahre parteipolitisch ausgenutzt worden ist, ist ein bedauerliches Zeichen der Zeit; dieser Umstand würde aber, wenn man ihm überhaupt eine Bedeutung beilegen will, gegen jede Marke mit dem Bildnis Friedrichs des Großen angeführt werden können. Ich bin der Meinung, daß es unangebracht und sachlich ungerechtfertigt wäre, in die Frage der Briefmarken überhaupt politische Momente hineinzutragen. […] Ich darf in diesem Zusammenhang daran erinnern, wie seinerzeit das Deutschlandlied, das ebenfalls einseitig parteipolitisch beschlagnahmt erschien, durch den Entschluß des Herrn Reichspräsidenten Ebert zur Hymne des gesamten deutschen Volkes geworden ist. […] Daß man aber, wenn man die Bilder der deutschen Geisteshelden des 18. Jahrhunderts für Postwertzeichen verwendet, an dem größten Mann jener Zeit nicht vorbeigehen durfte, der neben seinen Leistungen als Feldherr einer der größten Staatsmänner aller Zeiten und außerdem ein bedeutender Philosoph und Volkswirt gewesen ist, bedarf wohl keiner weiteren Ausführungen.“ (R 43 I /1994 , Bl. 155–157). Am 18. 10. übersandte RPM Stingl dem RK eine Tafel mit den neuen Briefmarken; sie zeigen die Bildnisse Goethes, Schillers, Friedrichs des Großen, Kants, Beethovens, Lessings, Leibniz’, Bachs und Dürers (ebd., Bl. 158–160). Am 23. 10. schrieb der PrMinPräs. Braun an den RK u. a.: „Es soll nicht von mir bestritten werden, daß Friedrich der Große zu den bedeutenden Männern des 18. Jahrhunderts gerechnet werden muß. Wenn es daher auch an sich berechtigt sein mag, auch sein Bildnis in eine Galerie hervorragender deutscher Männer aus diesem Jahrhundert aufzunehmen, so halte ich es doch für einen schweren politischen Mißgriff, sein Bildnis für eine Briefmarke eines republikanischen Staatswesens zu verwenden. Sie wissen, Herr Reichskanzler, daß seit geraumer Zeit die Person Friedrichs des Großen, ebenso wie die Farben des früheren Reiches, dazu benutzt werden, um nicht nur nationalistischen Treibereien förderlich zu sein, sondern auch um die Republik in den Augen der Bevölkerung herabzusetzen.“ Nach seiner – Brauns – Überzeugung hätte der RPM unbedingt den Verwaltungsrat der RP von der Herausgabe der neuen Briefmarkenserie in Kenntnis setzen müssen (R 43 I /1994 , Bl. 162).

Die anwesenden Minister stimmten mit dem Reichspostminister darin überein, daß Friedrich der Große bei einer Aufzählung der bedeutendsten deutschen Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts nicht fehlen dürfe.

Der Reichspostminister betonte, daß er nicht beabsichtige, nunmehr die Briefmarke mit dem Kopf Friedrichs des Großen fortzulassen. In der ersten Hälfte des November werde der Arbeitsausschuß des Verwaltungsrats der Reichspost zusammentreten. Er werde dann Gelegenheit nehmen, im Zusammenhang mit anderen Fragen auch über die Briefmarkenfrage kurz zu berichten.

Der Reichsminister des Innern äußerte den Wunsch, sein Ressort und besonders der Reichskunstwart möge künftighin bei der Frage der Ausgabe neuer Briefmarken beteiligt werden.

Der Reichspostminister erwiderte, daß er eine angemessene, aber nicht eine maßgebende Mitwirkung des Reichskunstwarts versprechen könne; eine Mitwirkung des Reichsministers des Innern käme nicht in Betracht.

Zum Schluß wurde noch kurz die finanzielle Lage der Reichspost berührt.

Das Reichskabinett nahm die Mitteilungen des Reichspostministers zur Kenntnis.

Über die Briefmarken-Angelegenheit sollen den Regierungsparteien kurze Mitteilungen gemacht werden2.

2

In einem Vermerk Pünders vom 18. 11. heißt es u. a.: Er, Pünder, habe dem Abg. v. Guérard davon Kenntnis gegeben, „daß die Reichsregierung auf Wunsch bereit sei, im Interfraktionellen Ausschuß sich über die Angelegenheit zu äußern. Besondere Neigung besteht aber im Reichstag hierfür nicht, da offensichtlich das Streben vorhanden ist, die Angelegenheit auf sich beruhen zu lassen.“ (R 43 I /1994 , Bl. 164–165).

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