1.47.2 (ma32p): 2. Außerhalb der Tagesordnung: Festessen des Verbandes der Funkindustrie.

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2. Außerhalb der Tagesordnung: Festessen des Verbandes der Funkindustrie.

Staatssekretär Sautter teilte mit, daß er selbst und eine Reihe weiterer Herren des Reichspostministeriums zu einem Festessen des Verbandes der Funkindustrie im Esplanade-Hotel eingeladen seien und daß er im Hinblick auf den Flaggenkonflikt im Zweifel sei, ob er und seine Beamten an dem Festessen teilnehmen könnten1. Aus sachlichen Gründen halte er eine Nichtteilnahme[901] der gesamten Reichspostverwaltung an der Veranstaltung für bedenklich.

1

Zu dem Festbankett des Verbandes der Funkindustrie am 2.9.27 im Hotel Esplanade war auch der Berliner OB Böß eingeladen worden. Böß hatte die Teilnahme jedoch abgelehnt und dies mit einem Beschluß des Berliner Magistrats vom 17.8.27 begründet, durch den die städtischen Beamten aufgefordert wurden, künftig allen offiziellen Veranstaltungen in denjenigen Hotels fernzubleiben, die am Verfassungstag (11.8.27) nicht die schwarz-rot-goldene Reichsflagge gehißt hatten (Aktenvermerk sowie mehrere Zeitungsartikel hierzu in R 43 I /1834 , Bl. 140–147). Diesem Vorgehen des Berliner Magistrats hatte sich auch die Pr. Reg. angeschlossen. In einem in der Presse veröffentlichten Schreiben vom 25.8.27 an sämtliche pr. Staatsminister wies der PrMinPräs. Braun darauf hin, daß die Berliner Hotels „Kaiserhof“, „Bristol“, „Continental“, „Esplanade“ und „Adlon“ trotz Aufforderung am Verfassungstage nicht die Reichsflagge gehißt hätten und daß sie an ihrem Beschluß, die Reichsflagge nicht aufzuziehen, trotz der Vorstellungen des AA festgehalten hätten. „Ich [Braun] halte es für dringend erforderlich, daß die republikanische Preußische Regierung diese Stellungnahme gegen den heutigen Staat damit beantwortet, daß die Herren Staatsminister weder selbst zu Veranstaltungen in den genannten Hotels einladen noch sich an solchen beteiligen, die in den Hotels stattfinden. Ich bitte auch die Herren Staatsminister, eine Anordnung dahin zu erlassen, daß für die ihnen unterstellten Beamten in ihrer Eigenschaft als Behördenvertreter das Gleiche gilt. Es bedarf einer so durchgreifenden Maßnahme, um der Öffentlichkeit zu zeigen, daß die republikanische Regierung nicht gewillt ist, irgend eine bewußte Mißachtung der bestehenden Staatsform zu dulden.“ Dieses Schreiben übermittelte der PrMinPräs. am 25. 8. an den RK mit der Bitte, daß auch die RReg. sich dem Vorgehen Preußens anschließen möge (R 43 I /1834 , Bl. 149–151). Der „Verein Berliner Hotels“ erhob daraufhin in einer Entschließung vom 26. 8. scharfen Protest gegen die „Boykottierung“ von Hotels, die „lediglich aus Gründen absoluter politischer Neutralität am Verfassungstage nicht geflaggt haben […]. Der Versuch des Berliner Magistrats und des preußischen Ministerpräsidenten, mit wirtschaftlichen Mitteln politische Gesinnungskundgebungen zu erzwingen, muß um so schärfer zurückgewiesen werden, als dieser verfassungswidrige Zwang sich nur gegen einzelne Hotels richtet, während gegen andere wirtschaftliche Unternehmungen, wie Banken und Warenhäuser, die am Verfassungstage ebenfalls nicht geflaggt haben, nichts unternommen wird. […] Sofern die Behörden diesen Boykott tatsächlich durchführen sollten, wird der Verein seinen davon betroffenen Mitgliedern jede Unterstützung zur Abwehr der ihnen zugedachten wirtschaftlichen Schädigungen zuteil werden lassen.“ (DAZ Nr. 399 vom 27.8.27, in R 43 I /1834 , Bl. 156).

Im Reichskabinett bestand Einvernehmen darüber, daß eine Stellungnahme im Flaggenkonflikt erst nach Rückkehr des Reichskanzlers durch ein vollbesetztes Reichskabinett vorgenommen werden könne. Es wurden keine Bedenken dagegen geäußert, daß Beamte der Reichspostverwaltung, falls Sorge getragen werde, daß in den Festräumen die Reichsfarben gezeigt würden, an dem fraglichen Festessen teilnähmen.

Im übrigen wurde es zur Klärung des Streitfalles für zweckmäßig befunden, die Vertreter der Hotels zu einer Besprechung über den Sachstand einzuladen. Die Besprechung solle von den Staatssekretären Pünder und Zweigert abgehalten werden2.

2

Siehe hierzu Dok. Nr. 299.

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