1.122.2 (mu22p): 2. Anleihe der Stadt Berlin.

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2. Anleihe der Stadt Berlin.

Der Reichsminister der Finanzen trug vor, daß der Beratungsstelle5 ein dringlicher Antrag der Stadt Berlin auf Genehmigung einer Auslandsanleihe zur Entscheidung vorliege. Diese Angelegenheit sei um deswillen so eilig, weil die Stadt für den Fall der Verweigerung der Genehmigung sich zahlungsunfähig erklären müsse, ein Ereignis, dessen katastrophale Folgen er nicht weiter auszumalen brauche. In einer Sitzung der Beratungsstelle, die am Vortage zur Sache stattgefunden habe, habe der Vertreter der Reichsbank im Auftrage des Präsidenten Schacht erklärt, daß er gegen die Anleihe stimmen werde, und daß er sich auch von den übrigen 5 Mitgliedern der Beratungsstelle nicht überstimmen lassen könne. Wenn er überstimmt werden sollte, sei er angewiesen, aus der Beratungsstelle auszuscheiden. Der Vertreter des Reichsfinanzministeriums werde für die Anleihe stimmen, ebenso der Vertreter der Preußischen Seehandlung und der Vertreter der Preußischen Staatsregierung. Gegen die[1250] Anleihe werde neben der Reichsbank wahrscheinlich der Bayerische Vertreter stimmen, und ferner habe der Reichswirtschaftsminister angekündigt, daß er sich den ablehnenden Stellen anschließen werde. Bei einem Stimmverhältnis von 3 zu 3 sei die Anleihe abgelehnt. Da Berlin bei einem derartigen Abstimmungsergebnis in unmögliche Verhältnisse hineingeraten würde, gehe seine Bitte dahin, daß das Kabinett beschließen möge, dem Reichswirtschaftsminister nahe zu legen, seinen Widerstand gegen die Anleihe fallen zu lassen.

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Gemeint ist die „Beratungsstelle für Auslandskredite der Länder und Gemeinden“, die über entsprechende Kreditgesuche zu entscheiden hatte.

Der Reichswirtschaftsminister erklärte, daß er der Anleihe nur zustimmen könne, wenn durch eine derartige Haltung die Differenzen der Reichsregierung mit dem Reichsbankpräsidenten Schacht nicht noch weiter verschärft würden. Er könne seine Zustimmung nur in Aussicht stellen, wenn der Reichsbankpräsident Schacht sich zwar überstimmen lasse, aber nicht daraus die Konsequenz des Ausscheidens aus der Beratungsstelle ziehe. Ferner müsse die Stadt Berlin sich verpflichten, weitere innere Anleihen nicht mehr aufzunehmen und sich ferner verpflichten, ihre Vermögenslage durch die Kommunal-Treuhand-Gesellschaft nachprüfen zu lassen. Der Rechnungslegungsbericht der Kommunal-Treuhand-Gesellschaft müsse der Preußischen Aufsichtsbehörde vorgelegt werden6.

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Berlin wurde vom OPräs. am 20.12.29 unter Staatsaufsicht gestellt. Ausgaben wurden nur zur Tilgung kurzfristiger Kredite zugelassen. Zur Errichtung eines Tilgungsfonds waren monatlich 5 Mio RM an die Staatsbank abzuführen (Schultheß 1929, S. 299).

Nach längerer Aussprache einigte sich das Kabinett dahin, daß entweder Reichsminister Hilferding oder Reichsminister Moldenhauer mit dem Reichsbankpräsidenten Schacht in der Sache mündlich sich auseinandersetzen sollen.

Der Reichswirtschaftsminister erklärte sich bereit, eine Aussprache mit Dr. Schacht herbeizuführen.

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