2.53.1 (str1p): [Differenzen zwischen Reichswehrminister und Ministerpräsident Zeigner.]

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Die Kabinette Stresemann I und II. Band 1Gustav Stresemann und Werner Freiherr von Rheinhaben Bild 102-00171Bild 146-1972-062-11Reichsexekution gegen Sachsen. Bild 102-00189Odeonsplatz in München am 9.11.1923 Bild 119-1426

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RTF

[Differenzen zwischen Reichswehrminister und Ministerpräsident Zeigner.]6

6

Die Spannungen zwischen dem RWeM und MinPräs. Zeigner hatten trotz der Unterredung am 17. 8. und dem Schreiben des RK an Wels vom 27.8.23 (Dok. Nr. 26) nicht nachgelassen. Nachdem die Situation aus der Sicht Zeigners in der „Sächsischen Staatszeitung“, Nr. 205 v. 3.9.23, behandelt worden war, hatte der RWeM durch WTB Nr. 1927 vom 6.9.23 erklären lassen, er teile die Ansicht des Wehrkreiskommandos IV, „es könne einem ehrliebenden Soldaten nicht mehr zugemutet werden, mit dem Ministerpräsidenten Dr. Zeigner zusammen die Verfassungsfeier zu begehen und überhaupt weiter mit ihm zu verkehren.“ Da der RWeM gleichzeitig berichtet hatte, er habe die Gründe seiner Haltung dem RKab übermittelt, richtete Zeigner in einem Schreiben vom 10.9.23 an den RK die Frage, ob dieser und das Kabinett Geßlers Auffassung „gebilligt und zur seinigen“ gemacht hätten (R 43 I /2309 , Bl. 77).

[239] Kanzler eröffnet. Bedauerlich, daß in Öffentlichkeit erörtert7. Öffentlich schlechte Wirkung.

7

Hier bezieht sich Stresemann wohl auf die öffentliche Erörterung von RR-Diskussionen durch Zeigner, wie das in der Kabinettssitzung v. 10.9.23 (Dok. Nr. 51) angekündigt worden war. Dem RK waren von zwei Journalisten Notizen über eine Rede Zeigners in Dresden am 7.9.23 zugesandt worden. In der ersten Mitschrift von Bandmann ist u. a. angeführt: „In der heutigen Reichsratssitzung über auswärtige Fragen wurde erklärt, daß wir noch lange nicht daran denken können, über das Ruhrgebiet zu verfügen.“ Ferner: „Stresemann hat erklärt, daß zahlreiche Betriebe stillgelegt worden sind, obwohl sie noch ruhig weiter hätten beschäftigen können.“ Der Korrespondent des „Berliner Tageblatt“ A. Henig teilte als Aussage Zeigners mit: „Der Reichskanzler hat mir gesagt, daß uns die Ruhrbesetzung täglich drei Goldmark pro Kopf der Ruhrbevölkerung kostet. […] Der Reichskanzler hat mir gesagt, daß nur 1,8% der gesamten Einnahmen des Reichs durch Einnahmen gedeckt werden, alles andere besorgt die Druckmaschine. […] Der Reichskanzler hat gesagt, daß zahlreiche Unternehmer ihre Betriebe stillgelegt haben, daß sie Unterstützungen aus der Rhein-Ruhr-Hilfe erhalten und damit in den Schwarzwald in die Sommerfrische gehen“ (R 43 I /2309 , Bl. 41–44).

Offen Aufschluß, was Zeigner vorbringen [?] will.

Wels: Frage nicht nur Zeigner-Geßler, sondern berührt sozialdemokratische Partei im Ganzen. – Außenpolitische Gesichtspunkte gar nicht berücksichtigen, aber meine Partei aus ganzen Reich teilt sächsische Auffassung.

Wird Geßlers Verbleiben nicht gewünscht8. –

8

S. Dok. Nr. 11. – Die „Vossische Zeitung“, Nr. 421 v. 6.9.23, hatte darauf hingewiesen, daß der Sozialdemokratische Pressedienst in anscheinender Übereinstimmung mit Partei- und Fraktionsvorstand geschrieben habe, nur der kritischen Lage wegen habe sich die SPD mit Geßlers Leitung im Reichswehr-Ressort abgefunden, „aber sie habe schon damals, diese Zustimmung daran geknüpft, daß Geßler nach Möglichkeit bald von seinem Amt befreit werden müsse. Man sei mit der sächsischen Regierung vollkommen der Auffassung, daß es ein Skandal ist, wenn der Chef der Reichswehr aus irgendwelchen Gründen, mögen sie noch so schwieriger Art sein, die ihm unterstellten Militärs anhält, eine Meinungsverschiedenheit zwischen ihm und einer Landesregierung vor aller Öffentlichkeit zur Schau zu tragen. Der Kampf der Arbeiterschaft gegen Geßler sei kein Kampf gegen seine Person, sondern gegen die Unzuverlässigkeit in bezug auf die Verteidigung des Staates.“

Bericht: Reichswehr auch jetzt noch mit illoyalen [?] Organisationen. Schwarze Reichswehr schreitet vorwärts9. Nicht zum Schutz der Republik Veröffentlichungen im Reichstag durch Graefe drohen10! Dies wird dazu führen, daß Geßler nicht bleiben kann.

9

S. hierzu O. E. Schüddekopf, Heer und Republik, S. 135 ff.; K. Caro, W. Oehme, Schleichers Aufstieg. S. 131 ff. Vgl. a. Anhang Nr. 1.

10

Im Zusammenhang mit dem Roßbach-Prozeß (s. u. Anm. 21) hatte v. Graefe bereits am 25. 3. „Seeckt gebeten, er möge ihn vor dem Staatsgerichtshof decken, Graefe beabsichtigt als Kampfmittel die ‚Abmachungen‘ mit Gen. v. Seeckt und seiner Umgebung in einigen Tagen zu gebrauchen“ (Lieber-Aufzeichnungen; BA-MA: NL von Rabenau  40, Bl. 11/12). Zur Rolle dieses völk. Abgeordneten s. Caro-Oehme, Schleichers Aufstieg, S. 156 ff.

Streit Zeigner-Geßler in unserer Fraktion behandelt. Verbot Geßlers: Verkehr mit Sächsischer Regierung11.

11

S. Dok. Nr. 17.

Ich sollte in Sachsen sagen, (Brief Stresemanns)12, daß Geßler kein Verbot erlassen. Konnte es nicht, da mir dort Schriftstücke gezeigt, die das[240] Gegenteil zeigten. Hatte Eindruck, daß Geßler Stresemann zur Bemühung von mir eine Information gegeben, die nicht richtig war. Ein Verhalten [?], das für mich und meine Freunde im Fraktionsvorstand nur Deutung zuläßt, daß Geßler hier zwei Gesichter zeigt.

12

Dok. Nr. 26.

Wenn hier nicht absolute Klarstellung erfolgt, dann für meine Partei fruchtbare Zusammenarbeit mit Geßler unmöglich.

Geßler: Hatte nicht angenommen, daß heute Frage der Koalition aufgeworfen. Sonst mit meiner Partei in Verbindung gesetzt13.

13

In einer Sitzung des Parteiausschusses der DDP am 23.9.23 wurde Geßler allerdings von verschiedenen Seiten getadelt, weil republikanische Offiziere aus der Reichswehr entlassen worden seien und Seeckt noch immer als Chef der Heeresleitung gehalten werde (R 45 III /12 ).

Sachlich 3 Dinge: 1. ob Zusage eingehalten, daß keine Arbeit mit Organisationen, 2. ob richtig, daß weitere Ausbildungen stattfinden, Graefe als Gewährsmann, 3. Geßler-Zeigner.

zu 1.: Ich seit langem Gegner eines Zusammenarbeitens mit Organisationen. Längst entsprechende Befehle. Erwarte Beweis, daß seit Neujahr 23 ein [?] Offizier in solchen Verbindungen.

2.: Jede Ausbildungstätigkeit verboten. Erbitte Beweis. (Wels: Untersuchungsgericht unterstellt die Tatsache!). Villingen absolut legal14!

14

Der Badische Innenminister hatte dem RK am 3.9.23 eine Zeitungsmeldung übersandt, der zufolge in Villingen eine Gefechtsübung „der im Sommerhalbjahr hier ausgebildeten Freiwilligen“ stattgefunden habe. Dem RWeM wurde eine Abschrift am 11.9.23 mit der Bitte um Stellungnahme zugesandt (R 43 I /685 , Bl. 118–120). Geßler erwiderte darauf dem StSRkei am 9.10.23, bei den Freiwilligen habe es sich um „die im Sommerhalbjahr in das Ausbildungs-Bataillon des Infanterie-Regiments 14 ordnungsgemäß eingestellten und dort ausgebildeten Rekruten der Reichswehr“ gehandelt. „Ich hätte gewünscht, daß die Badische Regierung durch eine kurze Nachfrage beim badischen Landeskommandanten oder dem Wehrkreis V in Stuttgart sich über den wahren Sachverhalt unterrichtet hätte, bevor sie durch Versendung des Artikels an den Herrn Reichspräsidenten und verschiedene Stellen der Reichsregierung einem versteckten Vorwurf gegen die Reichswehr Ausdruck gab“ (R 43 I /685 , Bl. 133).

Stehe in engster Verbindung mit Länderregierungen, z. B. Preußen, das mir sofort Mitteilung machen würde.

General Müller hat Zeigner erklärt, in Sachsen keine Verbindung!

Von Polizeistellen der Länder habe ich keine Mitteilungen bekommen, gegebenenfalls immer [?] Abschied der betreffenden Offiziere veranlaßt15.

15

Unter den Papieren des Generals von Epp befinden sich zwischen Unterlagen aus dem Jahr 1923 auch Anweisungen und Angaben über die Behandlung von Freiwilligen bei der 7. (bayerischen) Division. Dort wird u. a. ausgeführt: „Die Freiwilligen sind entweder in der Front eingeteilt oder in besonderen Ausbildungskörpern vereinigt. Sie üben in Uniform und erscheinen nach außen als Soldaten des Reichsheeres.“ Ziel der Ausbildung sollte es sein, „Führer und Unterführer zu gewinnen, die zur Verstärkung unserer aktiven Stämme bestimmt und möglichst hierfür schon verpflichtet sind“. Neben der Ausbildung von Kommandeuren und Unterführern sollten auch Spezialisten für Maschinengewehre, Minenwerfer und das Nachrichtenwesen herangezogen werden. Unter Mitwirkung der Truppe sollten Jugendliche zur Erhaltung des Wehrgedankens durch Entsendung von Kommandos auf das Land und innerhalb der Organisationen werben. Dabei wurde aber ausdrücklich erwähnt, daß diese Form der Erfassung der Freiwilligen noch nicht genügenden Ausbildungsstand sichere. Diese Richtlinien für die Ausbildung, in denen auch auf einen Befehl vom 16.5.23 Bezug genommen wird, beginnen mit der Feststellung: „Für Zwecke der besonderen Ausbildung stehen mir für meinen Befehlsbereich ab Mai zunächst für den Zeitraum bis einschließlich September laufende Mittel zur Verfügung. Wenn diese Mittel auch nicht so bemessen sind, daß sich damit große Pläne verwirklichen lassen, so bedeuten sie doch eine wertvolle Erweiterung unserer Ausbildungstätigkeit dann, wenn sie für die wichtigsten und vordringlichsten Aufgaben der Ausbildung und dem Beginn einer planmäßigen, vom Staate zu fördernden Wiederherstellung der Wehrfähigkeit unseres Volkes zusammengehalten werden.“ Später wird ausgeführt: „Der Betrieb der Ausbildung muß aus außenpolitischen Gründen möglichst unauffällig gestaltet werden. Ganz unbemerkt kann er selbstverständlich nicht bleiben. Scharfes Augenmerk haben daher die Standortältesten und Truppenkommandeure auf Veröffentlichungen der linksgerichteten Presse zu richten und gegebenenfalls unverzüglich mit Strafanträgen wegen Landesverrat zu antworten. Der § 1 der von der Bayer. Regierung erlassenen Notverordnung scheint die Handhabe zu schärferem Vorgehen zu bieten. – Die Ausbildung roter Wehren hat mit Landesverteidigung nichts zu tun. Die Standortältesten und Truppenkommandeure müssen Wege finden, um dieses Treiben abzustellen“ (BA: NL von Epp  9/1). – Demgegenüber ist aber auch zu bemerken, daß Seeckt am 22. 3. einen Erlaß gegen nationalsozialistische Propaganda in der Reichswehr erlassen hatte und am 6. 4. einen „schroffen Brief an einen Regimentskommandeur, der wegen einer öffentlichen zu nationalsozialistischen Rede verabschiedet werden soll“, richtete. Allerdings beharrte der PrIM Severing auf seiner Behauptung, „daß Offiziere zu der Roßbach-Versammlung in Wannsee geschickt worden seien“ (Lieberaufzeichnungen; BA-MA: NL von Rabenau 40, Bl. 8, 10).

[241] Roßbachsache: Ich habe Aussage Seeckt nicht grundsätzlich verweigert. Wollte erst ganz. Zeitweilig hiervon abgekommen, weil nicht richtig, immer wieder Verteidiger Gelegenheit gegeben, Reichspolitik [?] und Landesverteidigung zu erörtern. Dann Genehmigung nur teilweise (Abmachung zwischen Seeckt-Ludendorff-Graefe über schwarze Reichswehr)16. Jetzt nach neuen Anträgen Graefes habe Erweiterung Aussage Seeckt erwogen.

16

Es dürfe sich hier um die in Anm. 10 genannten Abmachungen handeln. Mit dem Datum 24.4.23 ist hs. in den Lieberaufzeichnungen notiert: „Loss[ow] teilt Seeckt seine Unterhaltung mit Ludff. mit, dessen Mitwirkung bei Vorbereitung des ‚Kleinkriegs‘ durch aktivistische vaterländische Organisationen Loss. haben möchte. S. antwortete mit dem Inhalt seiner Besprechung mit Ludff. 20. 2., der Mitwirkung u. ‚Einordnung‘ der hinter ihm stehenden Verbände zusagte. S. hat jedoch Ludff.s Wunsch abgelehnt, aus ihnen geschlossene Truppenteile zu bilden, was Sache des W.K.K. sei. Ludff. habe für eine besondere Rolle keine Neigung gezeigt, die ihm S. auch nicht hätte in Aussicht stellen könn[en]“ (BA-MA: NL von Rabenau  40, Bl. 12). S. a. H. Meier-Welcker, Seeckt, S. 359 ff.

Ganze Material soll mir nochmals vorgetragen werden.

Was Untersuchungsrichter sagt, wird also erschöpfend durch Aussage Seeckts geklärt werden.

Roßbach nicht abgeschlossen, also kann nichts als wahr unterstellt werden. Ich hiergegen Einspruch.

3. Zeigner-Geßler: Bestreite entschieden, daß ich mit doppelten Karten gespielt. Sachlich einfach:

Am 9. oder 10. VIII. Major v. Schleicher zu mir, Müller mitgeteilt, Kab. Zeigner heftige Angriffe gegen Reichswehr pp.

Daher Müller nicht teilnehmen könne. Erbitte Zustimmung, daß er von Feier17 entbunden würde. Ich im Begriff wegzugehen: Einverstanden, daß Müller sich nicht beteiligt, unter Bedingung, daß Reichswehr eigene Verfassung[sfeier].

17

Gemeint ist die Verfassungsfeier.

Schleicher will gesagt haben, auch Verkehr unterbinden, bis geklärt. Erinnere mich nicht, muß es aber als richtig unterstellen.

Dementsprechend Telefonat nach Dresden, dann Müller an Zeigner geschrieben (vorliegt [?]).

Daß Müller keine andere Auffassung haben konnte (nur persönlicher Verkehr mit Zeigner), folgt daraus, daß Wehrkreiskommando nach wie vor[242] mit Sächsischer Regierung verkehrte (viele Schreiben pp.). Dienstverkehr normal weiter.

Ich Zusammenstellung an Kanzler geschickt, Abschrift an Inneres, Justiz, Wehrkreis. Diesem bemerkt [?], Verkehr auf dringende Fälle beschränken (22. VIII.).

Inzwischen Zeigner beim Kanzler und über Abbruch Beziehungen geklagt. Ich Kanzler: In diesem Umfang Irrtum!

Ein Versehen meines Referenten ist in der Tat unterlaufen! Sagte nämlich, „den Verkehr zur Regierung abbrechen“, „und kann ihn auch meinen unterstellten Dienststellen nicht zumuten“.

Dies, weil Zeigner nicht Zusage gehalten. Zugebe, Fassung in Denkschrift kann zu Mißverständnis Anlaß geben. Aber dies nur Interna[?] zwischen, Reichskanzler, Innenminister und Justizminister.

Ungenauigkeit unterlaufen dadurch, daß ein anderer Herr dies stilisierte.

Maßgebend nur, was von uns Zeigner mitgeteilt ist.

Im naiven Zutrauen [?] also fehlerhafte Stilisierung!

Zeigner schon in Antrittrede heftig gegen Reichswehr (Bedrohung der Republik)18. Kanzler ersucht, Fühlung deswegen zu nehmen. Keine Verständigung. Ich dann nach Dresden gefahren nach Vorbesprechung [?], in der er sagte, vertrauensvolle Mitarbeit (Landesverteidigung), wenn voller Einblick. – Ich Müller gesagt, ob er Zeigner versichern kann, in Sachsen keine Beziehungen zu Organisationen und keine Waffenlager. Müller bejaht, und wiederholt das in Gegenwart von Zeigner.

18

S. RWeM an RK, 22.8.23 (Dok. Nr. 17).

Dieser sagte, volle Einigung. Ich Müller angewiesen, alle wichtigen Nachrichten (milit.) Zeigner bald zu informieren, also weit über Verpflichtung. Angewiesen, Fühlung mit Zeigner. Nur so vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Neue Angriffe!

Müller suchte Klärung durch Hauptmann von Both. Aussprache, aber keine Aufklärung. Nach Bildung Kabinett, Kanzler Material gegeben, um Klärung. Kanzler-Zeigner Besprechung, mir gesagt, dienstlicher Verkehr muß stattfinden. Erster Eindruck auch Gedanke, daß auch dienstlicher Verkehr in Frage stand. Wehrkreis informiert [?], der sagte, auch wir so aufgefaßt, immer so verkehrt.

Kanzler: Hier auf Kabinettsumbildung mit Geßlerfrage nicht eingehen.

Zum Verkehr: Kenntnis erhalten bei Regierungsumbildung. Ich mit Geßler Verbindung, als Zeigner zurückkam. Besprechung so, wie Geßler sagte. Ich erwiderte, Brief zweifelhaft, müßte geklärt werden. Über Fassung geeinigt, Telefonat.

Im Schreiben v. 22. 8. in der Tat Passus, der Unklarheit schafft: „jeden Verkehr“ ablehnen und nicht zumuten. Im Exemplar an Dresden nat[?ürlich] dieser Wortlaut ganz wie oben (an Wehrkreis).

Dienstlicher Verkehr so selbstverständlich (Verfassung), daß nicht im Mittelpunkt steht diese Sache, bitte.

Wesentlich andere Fragen: Organisationen, schwarze Reichswehr. Deren Klärung wichtiger.

[243] Geßler: Muß eines klarstellen! Im Telefonat an Dresden nur, daß Verfassungsfeier! Ich mußte später zum Kanzler, rein aus Gedächtnis, konnte Unklarheit [?] nicht [Wort unleserlich]. In meinem Gedächtnis Besprechung mit Schleicher nur auf Verfassungsfeier bezogen. Muß es aber decken!

Zeigner: Kann Darstellung Geßlers nicht zur Grundlage Verständigung machen.

„ehrliebenden Soldaten nicht zuzumuten19“. In Bericht Volkszeitung, der Müller vorlag, nichts Ehrenrühriges. Ich zeigte Both Volkszeitung, er überzeugte sich, daß Ehrenrühriges nicht drin. Nur das [?], ob tatsächlich stimmte (Eingreifen in Prozeß).

19

S. zu diesem Passus o. Anm. 6; vgl. a. Anm. 9 zu Dok. Nr. 51.

Geßler sagt, gewünschte Aufklärung nicht erfolgt. Falsch, denn ich Both alles vorgelegt. Müllers Brief an Staatsgerichtshof, das genügte.

Aufklärung auf der Stelle gegeben! Stunde später Nachricht, Geßler jeden Verkehr ablehne bis Klärung20!

20

In der „Sächsischen Staatszeitung“ (s. o. Anm. 6) war der Sachverhalt folgendermaßen geschildert worden: Müller habe gebeten, die Unterlagen über den Eingriff in den Strafprozeß ihm zur Verfügung zu stellen. „Den Überbringern dieses Schreibens wurden am 10.8.1923 von dem Ministerpräsidenten persönlich die Unterlagen vorgelegt, aus denen sich einer dieser Eingriffe ergibt. Er ist erfolgt durch ein von Herrn Generalleutnant Müller selbst unterzeichnetes Schreiben (I c Nr. 19 Vertraulich) vom 24.8.22 an den Senatspräsident Dr. Hagens als Präsident des Staatsgerichtshofes in Leipzig, in der Strafsache gegen den Kapitän a. D. Steinberg und durch eine Besprechung, die, nach einer Niederschrift des Oberlandesgerichtsrats Dr. Krug (Hilfsrichter beim Reichsgericht), am 25.8.1922 zwischen dem Senatspräsidenten Dr. Schmidt, Hauptmann im Generalstab Reinhardt, Oberlandesgerichtsrat Klingsporn (als Vertreter des Oberreichsanwalts) und Oberlandesgerichtsrat Dr. Krug stattgefunden hat.“ Die beiden Offiziere hätten sich von der Echtheit des Materials überzeugt, und am späten Nachmittag des gleichen Tages sei ein Brief Müllers eingetroffen, daß nach Anweisung des RWeM die Reichswehr an der Verfassungsfeier nicht teilnehmen werde und jeder Verkehr mit dem MinPräs. bis zur Klärung der Angelegenheit abzulehnen sei.

Ich um schriftliche Bestätigung gebeten. Außerdienstlichen Verkehr habe ich nicht gehabt. („Persönlicher“ Verkehr konnte daher nur dienstlicher Verkehr von Person zu Person). So auch Wehrkreis aufgefaßt. Was intern an Kanzler pp. ging, ging mich nichts an: Diskutabel, wenn Geßler nicht an Wehrkreis gegeben! Aber entscheidend anders! Weil ich sagte, viele Offiziere antirepublikanisch, soll Wehrkreis nicht mehr zugemutet werden, mit mir zu verkehren. Aber für mich nicht Prestigefrage! Sonst würde ich heute gar nicht hier sein!

Zur Beweisführung wegen Organisationen: Prozeß21 abwarten heißt vertagen ad calendas Graecas22!

21

Gemeint ist der Roßbach-Prozeß. – Der Freikorpsführer Gerhard Roßbach war nach einer Veranstaltung am Wannsee, an der auch Angehörige der Reichswehr teilgenommen hatten, verhaftet worden. Dazu heißt es in den Lieber-Aufzeichnungen: „Am 31. 3. Schleicher an Severing im Auftrage des Ministers […] Severing hat behauptet, daß Offiziere zu der Roßbach-Versammlung in Wannsee geschickt worden seien. Severing wird aufgefordert über diese und andere Bemerkungen die erforderlichen Unterlagen dem Reichswehrministerium zu senden. Severing hält in seiner Antwort vom 6. 4. […] seine Behauptungen im allgemeinen aufrecht“ (BA-MA: NL von Rabenau  40, Bl. 10). Zu den Beziehungen Roßbachs zum Kabinett Cuno s. Das Kabinett Cuno, Dok. Nr. 108, 172, 190.

22

RJM Radbruch hatte dem RK am 27.8.23 mitgeteilt, bereits sein Vorgänger Heinze habe den Reichsanwalt aufgefordert, das Verfahren gegen Roßbach zu beschleunigen (R 43 I /2679 , Bl. 43–44).

[244] Entscheidend: Wenn Dinge stimmen [?], bedürfen sie der Korrektur. Genehmigung zunächst nicht, dann beschränkte erteilt!

Zu den von Gräfe behaupteten Dingen ist Genehmigung nicht erteilt23. Bespricht Material über Ausbildung; Leute von Ehrardt-Löwenfeldt Bericht vom 6. 9. über Ausbildung in Königsbrück!

23

Der Abg. von Graefe hatte in der Voruntersuchung über die Organisation Roßbachs ausgeführt: „Diese, wenn man es so will, militärische Eigenschaft der Turnerschaften bewegt sich vollkommen auf dem Boden der Verfassung und ist auch von den maßgebenden Reichsstellen dankbar in diesem Sinne anerkannt worden. Hierzu verweise ich im besonderen auf die Verhandlungen, die General Ludendorff im Februar ds. Js. mit dem Reichskanzler Cuno und dem General v. Seeckt geführt hat und bei denen er auch in vollem Einvernehmen mit unserer Parteileitung unsere Turnerschaften mitvertreten hat. Angesichts dieser Tatsache und der weiteren, daß entsprechend jenen Vereinbarungen unsere Turnerschaften sich auch tatsächlich der Führung der Reichswehr für gesagte Fälle unterstellt haben, wofür General v. Oven den Beweis zu erbringen in der Lage sein würde, kann von einer Geheimbündelei beim besten Willen nicht die Rede sein.“ General v. Oven könne auch bezeugen, daß zwar kein formeller Pakt geschlossen worden sei, er aber „in der Praxis angenommen worden ist“ (R 43 I /2679 , Bl. 60). – Zur Einbeziehung Seeckts in diese Angelegenheit heißt es in den Lieber-Aufzeichnungen: „23. 6. taucht die Frage auf, ob Seeckt im Roßbach-Prozeß vernommen werden soll. Hasse sagt, Seeckt habe dies nicht zu scheuen; denn die Heeresleitung habe Roßbach immer schärfstens abgelehnt, vor allem seine innerpolitischen Ziele, ihn aber auch nicht für den Aufbau nach außen hin beteiligt“ (BA-MA: NL von Rabenau  40, Bl. 17). Am 10. 9. erhielt Seeckt eine „Aussagegenehmigung für alles, was sich auf die Anklage bezieht. Wogegen er alle anderen Fragen ablehnen soll“ (ibid., Bl. 32).

Man kann diese Dinge nicht mehr bestreiten.

Untersuchungsrichter sagte, es bedarf keines Beweises mehr. Demgegenüber kommt man nicht nur mit Prozeßabwarten! Untergräbt Vertrauen von Land zu Reich!

Aufbau republikanischen Grenzschutzes gescheitert, weil uns nur Namen der äußersten Rechten genannt wurden.

Jedes Vertrauen zu Zusammenarbeit verloren.

Justiz wird gezwungen, Dinge zu tun, die nicht einwandfrei.

Kanzler: Höre zum 1. Mal, daher [?] nicht voreingenommen! Material zu Beschwerden muß an entsprechende Stellen gehen, kann in Abschrift sein!

Ich könnte auch nicht Alles aussagen lassen über Landesverteidigung, selbst wenn es mein Kabinett in Außenpolitik entlastet!

Bedauere jetzt, daß ich wegen Vertraulichkeit in meiner Unterredung mit Cuno nichts sagen kann. Cuno geschwiegen, weil gentleman, nicht um sich zu schützen.

Sehe Mißtrauen, aber nicht, daß es berechtigt ist. Selbst wenn ganze sozialdemokratische Partei es teilt. Parteisuggestionen kommen überall vor.

Frage: Was ist richtig und was nicht? Da Liste der Reichswehr [?] von Reichswehr an Zeigner selbst gegeben, so Beweis, daß nicht doppeltes Spiel.

Geßler: Liste noch nicht diskutiert. Dazu Hauptmann v. Both hören! Zum Prozeß Roßbach: Erstaunt, daß Untersuchungsrichter im Verfahren … [!]24.[245] Untersuchungsrichter hat empfohlen, Genehmigung zu Seeckts Aussage zu verweigern!

24

Über die Rolle des Untersuchungsrichters im Roßbach-Verfahren äußerte sich der RWeM in zwei Schreiben vom 13. und 21.9.23, in denen er Rechenschaft darüber verlangte, daß Zeigner die Untersuchungsunterlagen gekannt, in Abschrift besessen und diese bei der Unterredung vorliegen gehabt habe. „Ich setze es als selbstverständlich voraus, daß eine Untersuchung dieser befremdlichen Tatsachen bereits eingeleitet ist, ich möchte keinen Zweifel darüber lassen, daß ich mich nicht mit einer allgemeinen beschwichtigenden Erklärung oder sonstigen Entschuldigungen des Untersuchungsrichters begnügen kann.“ Im Interesse des StGH zum Schutze der Republik müsse er auf eine vollkommene Klärung des Sachverhalts dringen (R 43 I /2679 , Bl. 59–72). In einer Referentenaufzeichnung vom 25.9.23 stellte RegR v. Stockhausen fest, ein Untersuchungsrichter dürfe zwar nicht aus parteipolitischen Rücksichten Auskünfte über ein schwebendes Verfahren erteilen. Sei er aber der Auffassung, daß in einem Verfahren Vorgänge sichtbar werden, die für ein Land politische Gefahren in sich bergen, so könne er den MinPräs. unterrichten (R 43 I /2679 , Bl. 74).

Richtig, daß zu Beginn des Jahres mit Krieg gerechnet, obwohl auch Seeckt dies als größtes Unglück für Deutschland bezeichnet. Grenzstellen angewiesen (zivile und militärische), nötige Vereinbarungen zu treffen. Ich dabei Fall, daß wir keine klaren Direktiven. Daher Dummheit, die dann aber rektifiziert. Ich mit Buck besprochen. Wenn heute noch Verbotenes, so muß man mir Material geben. Ich habe alles Material beantwortet.

Aus Roßbachprozeß können z. Zt. keine Folgerungen gezogen werden. Werde antworten, sobald Prozeß abgeschlossen25.

25

Roßbach wurde am 13.10.23 aus der Untersuchungshaft entlassen, ohne daß es zu einem Prozeß gekommen war. Der ehem. Freikorpsführer nahm am Hitlerputsch vom 8./9.11.23 teil und floh anschließend nach Salzburg.

Zeigner mir Material versprochen, aber nicht gegeben.

Wels: Befriedigung, daß Kanzler scharf betont, schwarze Reichswehr stärkste Mißbilligung. Stelle fest, daß Geßler aber das Gleiche sagt. Zu Geßler: Vorher sagte er, seit 1923 nicht solches. Ich Zeuge Ausbildung in Küstrin! Studenten zu Offizierskursen in Marburg usw. – Wenn nicht mehr der Fall, dann bitte Einsicht in Verfügung, die das verbietet.

Geßler: Der Reichspräsident hat sie in Abschrift! Will sie gern sozialdemokratischen Ministern zeigen!

Wels: Vor 4 Tagen Verhör in unserem Büro mit Unterwachtmeister (Lehmann Russbüldt)26. Danach schwarze Reichswehr!

26

Den Fraktionsvorständen von SPD, Zentrum und DDP hatte der Sekretär der Deutschen Liga für Menschenrechte Otto Lehmann Russbüldt am 17.8.23 ein Schreiben zugesandt, in dem er sie aufgefordert hatte, die RReg. zu fragen, aus welchen Mitteln sie die illegale schwarze Reichswehr bezahle. Vorher hatte er berichtet: „Am Freitag, den 10. August, fand hier ein Gespräch in Gegenwart zweier Zeugen statt, eines bekannten politischen Schriftstellers und eines höheren Juristen. Ein früherer Unterwachtmeister der Schupo erzählte in ausführlicher und glaubhafter Weise, daß er, nachdem er zwei Jahre lang bei der Schupo gewesen war, im Frühjahr nach Berlin übersiedeln wollte, weil hier seine Mutter lebt. Da er nicht einfach zur Berliner Schupo überwiesen werden konnte, entschloß er sich, zur Reichswehr zu gehen, wurde dort auch angenommen, kündigte sein Verhältnis zur Schupo und trat in die Reichswehr ein. Schon nach einigen Tagen merkte er, daß er bei der sog. ‚Schwarzen Reichswehr‘ war, die vollkommen eingekleidet war wie die reguläre Reichswehr. Er hat hierüber eine Reihe von Bekundungen gemacht, Personen genannt usw. Sowie die Sache für ihn ganz einwandfrei feststand, verließ er diese sog. ‚Schwarze Reichswehr‘ wieder, weil er als überzeugter Sozialdemokrat sich nicht in einer gesetzlich verbotenen Organisation aufhalten wollte.“ Major von Schleicher sandte diesen Bericht dem „Unterstaatssekretär“ in der Rkei am 27.8.23 mit dem Bemerken zurück, „daß hier von diesen Dingen nicht das mindeste bekannt“ sei. „Ohne nähere Angaben, namentlich nicht ohne Namensfeststellung der Persönlichkeit, die bei einer sogenannten ‚schwarzen Reichswehr‘ eingestellt gewesen sein will, dürften Nachforschungen zwecklos sein“ (R 43 I /2731 , Bl. 342/343).

Zeigner: Kanzler irrt, wenn er annimmt, Parteisuggestion! Bis Ende 22 bestanden Beziehungen zu solchen Organisationen.

[246] Wir kommen weiter, wenn Polizei Reichswehrleute feststellen kann.

Geßler: Im vorigen Jahr sagte Reichspräsident, Minister Lipinski hat in meinem Ministerium Material abgegeben. Ministerium sagt nein. Endlich schrieb Lipinski ganz kurz, er hätte kein Material übergeben.

Dittmann: Partei der Ansicht, daß Zustände in Reichswehr Koalition sprengen könnten.

Wir glauben, daß Kanzler nichts wußte. Wir befriedigt, von seiner energischen Erklärung.

Künstler: Im September 22 bestritt Wehrminister Verbindung mit Organisationen.

Fuchs: Im besetzten Gebiet gestern [?] hingewiesen auf unbequeme Kontroverse Zeigner-Geßler, man muß es beenden bei jetziger außenpolitischer Lage.

Zeigner sagte, Kontroverse persönlicher Art gleichgültig, ihm komme es auf die Sache an.

Vaterland großer Dienst, wenn Streit beendet.

Kanzler: Vielleicht Entschließung auf Grund heutiger Verhandlungen.

1.

Voller Dienstverkehr.

2.

schwarze Reichswehr, wenn vorhanden, nicht gebilligt. Verfügung Geßlers wird bekanntgegeben, nach der er verboten hat.

3.

(Im Schriftverkehr Mißverständnis, die nun ausgeräumt). Zeigner: Öffentliche Angriffe nicht mehr gewollt. Bei Einzelfällen seine Kritik abhängig machen von Behandlung d. Materials. Keine ehrenrührige Vorwürfe gegen Reichswehr.

Außenpolitisch nötig, daß dieser Streit jetzt verschwindet. Unabhängig von schwarzer Reichswehr zu prüfen, wie notfalls Grenzschutz zu bilden.

Es muß, wenn Einigung, Öffentlichkeit schweigen, oder gemeinsame Erklärung.

Dittmann: Rückwirkung auf Ruhrgebiet, ja. Deshalb auch Besprechung. Schwarze Reichswehr könnte Politik Kanzlers durchkreuzen.

Wir müssen mit Ruhr Schluß machen und zu Verständigung mit Frankreich kommen27. Auch deswegen muß jede Beziehung mit Organisationen unterbunden werden.

27

S. hierzu die Ruhrbesprechungen vom 14. und 15.9.23 (Dok. Nr. 56 u. 59).

Deutsch-Völkische pp. glauben sehr [!] stark, durch die Organisationen Kanzlerpolitik zu stören.

Zum Fazit Kanzlers: Ich nicht befugt, eine Erklärung abzugeben. Eventuell zurückziehen und beraten.

Eggert: Erst zurückziehen, wie Dittmann.

Zeigner: Lösung Kanzler nicht möglich. Wir können kein Kommuniqué machen. Festlegung der Partei ist erfolgt. Ich kann weder für Partei noch sächsisches Ministerium Verbindliches heute sagen.

Eine Verständigung liegt nicht vor. Zweifle nicht an Loyalität der Erklärung Geßlers. Aber wir glauben, er getäuscht, Apparat läuft hinter seinem Rücken weiter.

[247] Vielleicht möglich, Verlautbarung der Reichsregierung, keine Verbindung dulden, schwere Strafen! Aber selbst dann zweifle ich, ob es gelingt, weitere Diskussion in neuem [?] Parlament zu bannen. Aber dies könnte man versuchen.

Ich kann nicht erklären, daß ich keine ehrenrührige Kritik geübt habe, denn das habe ich nicht getan!

Dienstlicher Verkehr muß festgestellt werden; Geßler sagt ja, ist schon.

Geßler: Kein Wert auseinandergehen, ohne ganz klare Verhältnisse! Jetzt Folgendes: Wir einig, Verbindung mit Organisationen abzulehnen. Verschiedenheit: Ich sage, Verbot hat sich durchgesetzt, Sachsen sagt nein.

Klärung nur möglich durch Prüfung einzelner Fälle. Die könnte Min. d. Innern vornehmen.

Zu Graefe: Entweder Prozeß Roßbach abwarten, oder Sollmann es klären.

Zeigner nichts Ehrenrühriges gesagt: Wir Auffassung, es ist ehrenrührig, wenn antirepublikanische Offiziere in Reichswehr bleiben.

Zum Verkehr: Bemerkung, daß Truppen um Ruhrgrenze stehen, haben wir als Landesverrat angesehen28.

28

In einer Rede im Leipziger Volkshaus am 7.8.23 hatte Zeigner u. a. erklärt: „In einer Besprechung ist klipp und klar gesagt worden, daß um das Ruhrgebiet herum Abteilungen der Geheimorganisationen zusammengezogen worden seien, die von der Reichswehr organisiert und aus den Ruhrkrediten finanziert würden. Aus diesen Tatsachen erklärt es sich, daß die Reichsregierung – erst nach langem Drängen – eine so lahme Erklärung gegen die Sabotageakte abgegeben hat“ (Leipziger Volkszeitung, Nr. 183 v. 8.8.23).

Wels: Ich überrascht über optimistische Auffassung Kanzlers, Kommuniqué hätte Sturm von Fragen in Presse gebracht. Aussprache aber nicht ergebnislos.

Erklärung, daß Reichswehr keine Verbindung mit Organisationen duldet, würde gut wirken.

Solche Erklärung möglichst stark jetzt abgeben.

Ich werde, wenn Regierung es will, hochbefriedigt heute weggehen.

Kanzler: Mißtrauen und Kritik drängt Reichswehr nach rechts. In der Richtung auf Parteipresse der Sozialdemokraten einwirken!

Seeckt sehr deutlich über Roßbach, Hitler, Watter pp. gesprochen. Kommuniqué also nein!

Bitte Eindruck mitnehmen, daß wir Mißständen nachdrücklich entgegentreten! (Sollmann wird prüfen).

Bei Berichterstattung in Presse gewisse Zurückhaltung!

Zeigner: Ich neulich resultatlos nach Dresden. Wir gehen jetzt wieder ohne etwas Positives auseinander.

Wels, Dittmann: Nein, Kabinett will ja Erklärung herausgeben.

Zeigner: Ja, sächsisches Parlament muß vielleicht seine eigenen Wege gehen.

Kanzler: Zu vorigem Besuch Zeigners: Ich fragte Sie, ob Sie einverstanden, statt um 1 hier schon um 12 im Reichsfinanzministerium. Sie einverstanden. Wir dann dort alles besprochen29!

29

Vgl. Dok. Nr. 25.

[248] Heute: Ich will nicht abkürzen, es war niemand mehr zu Wort gemeldet. Dittmann und ich hatten zusammengefaßt. Debatte nicht abgeschnitten.

Dittmann: Zeigner verkennt Situation. Kabinett geht über [?] Erklärung hinweg [?]. Wir legen auf Kabinettserklärung Gewicht.

Mehr kann Kanzler nicht sagen. Weiter als Kanzler ging, kann man nicht gehen.

Wir bitten, Kabinett sehr schnell!

Eggert: Wir hier mit gemischten Gefühlen! Heute muß Resultat kommen. Wenn Kabinett jetzt deutliche Erklärung, dann können wir Ruhe schaffen. Einzelne Blätter werden noch schreien.

Kanzler: Werde mich im Kabinett dafür einsetzen. Auch über Prüfung der Beschwerden muß Kabinett entscheiden. Aber es muß auch Vertrauen zur Reichswehr drinstehen30.

30

Zur Behandlung der Differenzen Zeigner-Geßler im RKab. s. Dok. Nr. 115. – Nachdem die Besprechung vom 11.9.23 in der Presse bekannt geworden war, teilte MinR Kempner dem Sächs. MinPräs. auf dessen Anfrage mit: „Die in einigen Zeitungen erfolgten Mitteilungen über die Besprechung des Reichskanzlers mit Ministerpräsident Zeigner sind nicht von amtlicher Stelle veranlaßt. – Auf Anfragen in der Pressekonferenz über die Anwesenheit des Ministerpräsidenten Zeigner in Berlin und seine Aussprache mit dem Herrn Reichskanzler ist eine allgemein und unbestimmt gehaltene Auskunft gegeben worden“ (R 43 I /2309 , Bl. 108).

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