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Die Kabinette Stresemann I und II. Band 2Gustav Stresemann und Werner Freiherr von Rheinhaben Bild 102-00171Bild 146-1972-062-11Reichsexekution gegen Sachsen. Bild 102-00189Odeonsplatz in München am 9.11.1923 Bild 119-1426

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1. Politische Lage:

Reichskanzler Dr. Stresemann: Die Besprechung unter den bürgerlichen Ministern des Kabinetts habe ergeben, daß die Forderungen der Sozialdemokratischen Fraktion nicht angenommen werden könnten. Dies sei, wie er bereits gestern ausgeführt habe, deshalb unmöglich, weil sonst nach außen der Anschein erweckt würde, als ob das Kabinett in der Tat unter einer marxistischen Diktatur stände1. Ferner sei aber auch aus sachlichen Gründen die Annahme unmöglich. Der militärische Ausnahmezustand könne unter den jetzigen Verhältnissen nicht aufgehoben werden. Die bürgerlichen Minister hätten diese Auffassung im großen und ganzen geteilt.

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S. Dok. Nr. 212, P. 2; Dok. Nr. 214.

Reichswehrminister Dr. Geßler ergänzt den eingehenden Bericht des Reichskanzlers noch dahin, daß der Kanzler noch betont habe, wie gern die bürgerlichen Minister mit den Herren der Sozialdemokratie zusammengearbeitet hätten und wie sehr sie es bedauern würden, jetzt in einen ernsten Gegensatz zu geraten.

Reichsmin. d. Innern Sollmann: Er habe schon seit Wochen den Eindruck, daß innerhalb des Kabinetts tiefe Gegensätze herrschten. Seine Parteifreunde würden für den Fall des Verbleibens der Sozialdemokraten im Kabinett noch weitere Forderungen gestellt haben. Ihm sei aufgefallen, daß der Reichsarbeitsminister gestern gegen das Industrieabkommen gestimmt hätte2. Die Sozialdemokratie würde die weitere Mitarbeit davon abhängig gemacht haben, daß alle Mitglieder des Kabinetts auf dem Boden ständen, es seien alle Verhandlungsmöglichkeiten mit Frankreich auszuschöpfen3 und alle Wirtschaftsmaßnahmen[949] zu treffen, um uns das Rheinland zu erhalten. Weiter sei eine Kapitulation gegenüber Bayern für die Sozialdemokratie unmöglich. Auch dies hätte schärfer formuliert werden müssen. Er habe in den gestrigen Ausführungen des Reichswehrministers die Mitteilung vermißt, daß er Mitteldeutschland gegen die Faschisten schützen würde. Weiter hätte die Sozialdemokratie eine Stellungnahme gegen die mittelalterlichen Judenaustreibungen in Bayern verlangt4.

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S. Dok. Nr. 212, P. 1.

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Zum Standpunkt der frz. Politik gegenüber Deutschland berichtete von Hoesch am 3.11.23, in Frankreich sei die Gefahr der Isolierung erkannt worden, es werde jetzt vermehrt die Aufmerksamkeit auf die innere Entwicklung in Deutschland gerichtet und mit Interventions-Erwägungen verbunden. „Es muß immer wieder darauf hingewiesen werden, wie sehr es im Interesse des deutschen Volkes liegt, daß die Dinge in Deutschland nicht eine Entwicklung nehmen, die intervenierender Mächtekombination eine Weiterführung ihrer Politik unmöglich macht und Franzosen hemmungslos, ja sogar mit einem Schein des Rechts, vor der Weltmeinung das Feld freimacht. Wenn ich auch […] nicht glauben kann, daß irgendwelche Interventionen Frankreich von Verfolgung seiner Pfandausbeutung abbringen könnten, so ist es für uns doch ein großer Unterschied, ob Französische Regierung unter dauernden Hemmungen von Seiten der übrigen Mächte bzw. unter ihrer offenen Mißbilligung oder frei von jeder Rücksicht, ja womöglich gar in der angemaßten, aber formell nicht bestrittenen Rolle eines Exekutors des Weltwillens handeln und dann beliebig weitergehen kann“ (Pol.Arch.: Büro RM 7, Bd. 2).

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S. Dok. Nr. 211. Weiterhin hatte RegR Wienstein am 1.11.23 als telefonische Mitteilung LegR Braun von Stumms aufgezeichnet: „Es seien bis jetzt 30 jüdische Familien aus München ausgewiesen worden. Die Ausweisungsbefehle habe Herr v. Kahr unterzeichnet. Betroffen von der Ausweisung seien hauptsächlich Personen, welche erst während des Krieges oder nach dem Kriege nach München gezogen seien, und zwar aus dem Osten (Ostjuden), die in kurzer Zeit viel Geld erworben hätten. Auch angesehene Juden, die schon länger am Ort ansässig seien, jedoch im Verdacht ständen, den Kommunismus zu unterstützen, hätten einen Ausweisungsbefehl erhalten. Eine Anzahl von Ausweisungsbefehlen sei jedoch wieder rückgängig gemacht worden“ (R 43 I /2193 , Bl. 73). S. auch Dok. Nr. 221 u. 224.

Er bedauere, daß der Bruch nunmehr unvermeidlich sei, auch wegen der personellen Zusammensetzung des Kabinetts.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Der Reichsinnenminister müsse seine gestrigen Bemerkungen falsch verstanden haben. Er müsse sich dagegen verwahren, als ob er mit dem Gedanken einer Preisgabe von Rhein und Ruhr gespielt habe und als sei er gegen die Erschöpfung aller Möglichkeiten. Dies müsse er zurückweisen. Ihm sei kein wirtschaftliches Opfer zu schwer, um uns Rhein und Ruhr zu erhalten. Er habe gestern gesagt, daß bereits eine tatsächliche Annexion erfolgt sei. Die wahren Absichten der Franzosen gingen auch aus den Äußerungen des General Tirard gegenüber dem Kardinal in Köln hervor5. Er habe weiter ausgeführt, daß die Franzosen offensichtlich einen Pufferstaat begründen wollten. Unter diesen Umständen sei für uns eine Vorleistung unmöglich.

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S. dazu K. D. Erdmann, Adenauer in der Rheinlandpolitik, S. 298 ff.

Reichswehrminister Dr. Geßler: Auch er sei gestern vom Reichsminister des Innern mißverstanden worden. Er habe alles getan, um Mitteldeutschland zu schützen6. Über die Einzelheiten habe er absichtlich nicht gesprochen und er bitte auch alle Anwesenden, hierüber zu schweigen.

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Zum Vorgehen der Reichswehr in Sachsen und Thüringen s. Anhang Nr. 1.

Reichskanzler Dr. Stresemann bestätigt die Richtigkeit dieser Ausführungen.

Reichsminister des Innern Sollmann dankt dem Minister Geßler für diese Ausführungen. Dem Reichsarbeitsminister müsse er bemerken, daß seine früheren Reden im Gegensatz zu seiner heutigen gestanden hätten, aber bemerkenswert sei ihm, daß der Reichsarbeitsminister auch heute von einer „tatsächlichen Annexion“ gesprochen habe.

Staatssekretär Weismann: Gestern abend seien Delegierte der Fraktion der Deutschen Volkspartei des Preußischen Landtages beim Ministerpräsidenten Braun erschienen und hätten erklärt: Wenn die Sozialdemokraten aus der Reichsregierung austräten, dann müßten sie auch aus dem Preußenkabinett gehen. Sie hätten diesen Standpunkt dem Zentrum und den Demokraten mitgeteilt7.[950] Ministerpräsident Braun habe erwidert, daß unter diesen Umständen die Ruhe und Sicherheit in Preußen, und besonders in Berlin, nicht mehr gewährleistet werden könnte.

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S. dazu Anm. 8 zu Dok. Nr. 214. In der Fraktionssitzung der SPD am 31.10.23 hatte Hermann Müller bereits erklärt: „Ernste Entscheidung zu treffen. Kahr und Hergt-Westarp wollen uns draußen haben. Rechtsregierung im Reich bedingt eine solche in Preußen und Württemberg. Ermächtigungsgesetz nicht möglich, aber Rechte wird Ausweg finden. Verkleinerter Reichswirtschaftsrat – Oberhaus. Im Westen bisher Arbeiter Träger des Reichsgedankens. Rechtsregierung wird Absprengung des Westens bedeuten“ (Arch. soz. Dem.: NL Keil  II/24).

Reichskanzler Dr. Stresemann wiederholt nochmals: Es sei nicht angängig, daß in Publikationen von Fraktionen geradezu Forderungen an das Kabinett gestellt würden. Er könne im übrigen auch keinen Zeitpunkt angeben, zu dem der militärische Ausnahmezustand aufgehoben werden könnte. Dies sei angesichts der Zustände an der thüringischen Grenze unmöglich8.

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S. Anm. 13 zu Dok. Nr. 217.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Er beklagt die Debatte mit dem Reichsminister des Innern aufs tiefste. Der Minister hätte gestern Gelegenheit für seine Erklärung gehabt. Die Aufnahme dieser Diskussion im jetzigen Augenblick scheine ihm dafür zu sprechen, daß man die Begründung für den Austritt der Sozialdemokraten vorbereiten wolle.

Auf einen Zwischenruf des Ministers Sollmann: Er habe sich gegen die Begründung gewendet, die Minister Sollmann seinem Verhalten gegeben habe. Er, der Reichsarbeitsminister, habe stets die Gründe der anderen gewürdigt.

– Minister Brauns verläßt das Sitzungszimmer. –

Reichsminister des Innern Sollmann: Er habe vorhin nur gesagt, daß für den Fall des Zusammenbleibens des Kabinetts seine Fraktion weitere Forderungen stellen müßte. Seines Erachtens war gestern die Debatte nur abgebrochen und sollte heute fortgeführt werden.

Reichskanzler Dr. Stresemann bestätigt das Letztere.

In der Frage der Judenverfolgung seien die Kabinettsmitglieder einer Meinung.

Er nehme an, daß die sozialdemokratischen Kabinettsmitglieder jetzt wohl mit ihrem Fraktionsvorstand sprechen wollten. Er bitte um Mitteilung über den Verlauf der Dinge; dann würde eine weitere Kabinettssitzung folgen müssen.

Reichsminister des Innern Sollmann: Es bleibe nichts übrig, als daß die sozialdemokratischen Mitglieder aus dem Kabinett ausscheiden9.

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Die Fraktion der SPD trat um 15.20 Uhr zusammen. Dort wurde über die politische Entwicklung am gleichen Tag berichtet: „H. Müller: Die Aussprache mit den Parteiführern hat stattgefunden, es wurde kein Beschluß gefaßt, die Bürgerl. wollten erst mit ihren Fraktionen sprechen [Nach Giebl: „Mit Kabinettsmitgl. sprechen“. Arch.soz.Dem.: NL Giebel , Kass. II, Mappe III, Bl. 268 ff.] Das vorläufige Ergebnis der soeben abgeschlossenen Kabinettssitzung sei, daß die [!] bürgerl. Mitgl. die Annahme unserer Forderungen aus grundsätzl. und tatsächl. Erwägungen nicht möglich sei. Grundsätzlich, weil keine [Wort nicht entziffert] Bedingungen stellen dürfen u. weil Vorgehen gegen Bayern auf marxist. Diktat zurückgeführt würde. Tatsächlich, weil Lage im Reiche, besonders an bayr.thür. Grenze es ausschließe. Kanzler sprach vom außenpol. Lage. Engl. bereit zum Eingreifen, aber Zurückweichen wenn keine verfassungsmäßige Regierung in Dland bestehe. Nach dieser Lage einmütig beschließen, unsere Mitglieder zurückzuziehen. – Sollmann ergänzt: Wir stehen vielleicht vor schweren inneren Kämpfen. Reichswehr müsse geschlossen bleiben u. Vertrauen genießen. Alle bürgerl. Parteien bedauern den Abschied u. wünschen Verstimmung zu vermeiden. Ich muß nun auf Grund Verständigung mit Frakt. Vorst. u. Kab. Kollegen zum Angriff übergehen. – Im ersten Kabinett Stresemann versuchte der Kanzler, unterstützt von Oeser u. uns mit allen Mitteln Verständigung mit Frankreich. Eine andere Gruppe geführt von Brauns, Geßler, Luther u. Koeth wollte den Bruch mit Frankreich unter Preisgabe der bes. Gebiete; die sie abgeschrieben haben. Ich habe Klarheit gefordert, ob alle Möglichkeiten der Verhandlung erschöpft werden, ob protestiert werden solle gegen Judenaustreibungen. Brauns antwortete, Vers. Vertrag sei gebrochen, wir ständen tatsächlich der Annexion gegenüber. B. sei wütend geworden, habe erregt geantwortet und nach weiterem Wortgefecht Mappe zugeklappt und sei gegangen. Die Beratungen seien dann noch ruhig fortgesetzt worden. Ich löse die Koalition höchst ungern, halte es auch nicht für das letzte. Aber es wird keinen Ausweg geben. In der Bayernfrage kann dieses Kabinett zu keinem für die Partei zu tragenden Ergebnis kommen. Dies Kabinett kann nur zur Kapitulation vor Bayern kommen. Wir haben keine Garantie, daß Reichswehr unterstützt von zuverlässigen Republikanern, den Kampf gegen Faschisten führen? Nein! Es besteht Gefahr, daß Faschisten nach Norden ziehen und wir mit Schimpf und Schanden davon gejagt werden. Entscheidung nach sorgfältiger Überlegung treffen. – Antrag Müller: Fraktion zieht Kabinettsmitgl. zurück“ (Arch.soz.Dem.: NL Keil  II/24).

[951] Reichsminister f. Wiederaufbau Schmidt: Er habe leider den Eindruck, daß die Differenzen schwer zu überbrücken seien. Er bedauere, daß der Kanzler die Verlautbarungen der Sozialdemokratischen Partei als Forderungen aufgefaßt habe. Die Sozialdemokraten hätten diese Auffassung nicht gehabt. Die Ablehnung der Aufhebung des Ausnahmezustandes mache allerdings das Verbleiben äußerst schwer. Er möchte es aber doch nicht als so absolut unmöglich hinstellen wie der Minister Sollmann. Hierüber müsse eben die Fraktion entscheiden. Komme es zum Ausscheiden, so sei man zwar politisch getrennt aber, wie er hoffe, nicht persönlich. Jedenfalls wolle er den Verhandlungsweg nicht verbaut sehen10.

10

Vgl. dazu die Haltung Oeser in Dok. Nr. 214.

Er möchte noch fragen, ob die bürgerlichen Minister glauben, daß ein rein bürgerliches Kabinett die politische Lage erleichtere11.

11

S. hierzu die Äußerungen Koeths in Dok. Nr. 214.

Reichspostminister Dr. Höfle: Der Zentrumsführer Marx habe soeben mitgeteilt, daß die Koalitionsparteien bäten, über die Situation nochmals zu verhandeln.

Reichsmin. f. Wiederaufbau Schmidt bemerkt noch, daß in seiner Fraktion eine Mißtrauensstimmung geherrscht habe, als sie von dem Schritt der Preußischen Fraktion sowie dem Umstand gehört haben, daß die Volkspartei auch in Sachsen wieder eine andere Haltung einnehme12.

12

Vgl. Vermächtnis I, S. 195.

Reichskanzler Dr. Stresemann: Er habe mit den Herren in Sachsen nicht gesprochen. Er glaube aber, die Haltung sei aus der Wut heraus zu erklären, daß die Sozialdemokratie durch ihre Forderungen eine Krise im Reich herbeigeführt hätten, unmittelbar nachdem die Deutsche Volkspartei in Sachsen aus Rücksicht für die Verhältnisse im Reich eine nachgiebige Haltung gezeigt hätten13.

13

Aus einer Aufzeichnung Henry Bernhards über den Besuch sächsischer Volksparteiler am 5.11.23 geht hervor, daß der sächsischen Partei daran lag, die RReg. solle die Minister Liebmann und Fleißner als ehemalige Kabinettsmitglieder der Regierung Zeigner entfernen lassen, wenn es in Sachsen schon nicht zur Bildung einer Großen Koalition komme. Geßler, der bei den sächsischen Demokraten großen Einfluß habe, solle auf sie entsprechend einwirken. Da anzunehmen sei, daß bei einer nicht annehmbaren Regierung der Antrag der DVP auf Landtagsauflösung am 6.11.23 angenommen werde, sei gefragt worden, ob bis zu den Neuwahlen von Reichswegen eine Regierung in Sachsen eingesetzt werden könne (R 43 I /2309 , Bl. 293/294). In der Debatte über die Regierungserklärung Fellischs erklärte der sächs. DVP-Fraktionsvorsitzende Kaiser, die DVP erblicke in der Regierungsbildung keine Lösung der sächs. Krise, sondern fordere Neuwahlen (Voss. Ztg., Nr. 527 v. 7.11.23).

[952] Von dem preußischen Schritt habe er erst gestern spät abends Kenntnis erhalten.

Reichswehrminister Dr. Geßler: Auf die Frage des Ministers Schmidt müsse er antworten, daß die Gefahr von Rechts sehr groß sei. Naheliegende Daten würden genannt14. Die Vorbereitungen seien weit gediehen und es herrsche Kampfbegeisterung. Einen Sieg dieser faschistischen Bewegung würde er für ein großes Unheil für Deutschland halten15. Er sei entschlossen, dem mit allen Mitteln entgegenzutreten. Aber dies sei ihm durch die Haltung der Sozialdemokratischen Parteipresse und durch die Haltung der Sozialdemokraten in Sachsen ungeheuer erschwert worden.

14

S. Geßler in Dok. Nr. 214.

15

Vgl. die Ausführungen Sollmanns in der Fraktionssitzung der SPD o. Anm. 9.

Zu Bayern bemerke er noch: Er habe diese militärische Frage streng verfassungsmäßig behandelt. Als diese Frage politischen Charakter annahm, sei es Sache des Kanzlers bzw. Sache des Kabinetts gewesen, Entschlüsse zu fassen. Er halte es für sicher, daß die Bayerische Regierung einem bürgerlichen Kabinett Konzessionen machen und Lossow fallen lassen würde. Er habe gestern schon gesagt, daß nur die Politik des Bruchs oder der Verständigung möglich sei.

Reichskanzler Dr. Stresemann: Die englische Politik würde uns, wie er wisse, nicht mehr unterstützen können, wenn Deutschland auseinanderbräche16.

16

Zur Haltung des brit. Botschafters D’Abernon s. Vermächtnis I, S. 193 f.

Uns fehle die Macht, einen Bruch Bayerns mit Gewalt zu verhindern.

Auf die Frage des Ministers Schmidt erwidere er, daß in der Besprechung der bürgerlichen Minister gesagt worden sei, daß Ausscheiden der Sozialdemokratie würde wahrscheinlich eine Erleichterung der bayerischen Frage bringen. Auf der anderen Seite sei ihm sicher, daß das Verhalten [Beibehalten] der Koalition außenpolitisch von Vorteil sei. Er erinnere in diesem Zusammenhange ferner an das Ermächtigungsgesetz17.

17

Das Ermächtigungsgesetz war an den Bestand der Großen Koalition gebunden.

Er bedauere den Vorstoß der Sozialdemokratie, gerade nachdem die Dinge in Sachsen in Ordnung kamen. Er würde als Reichskanzler so prononcierte Forderungen, wie sie jetzt gestellt seien, auch dann ablehnen, wenn sie von seiner eigenen Partei kämen. Er wiederhole nochmals, eine Aufhebung des militärischen Aus[nahme]zustandes könne nicht erfolgen und er könne auch keinen Zeitpunkt nennen, zu dem dies möglich sei18.

18

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 216.

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