1.2.1 (str2p): Ermächtigungsgesetz.

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Text

RTF

Ermächtigungsgesetz.

Der Reichskanzler begrüßte die anwesenden Ländervertreter und stellte sich als Kanzler des neuen Kabinetts vor2. Leider habe die Zeit gefehlt, zu der jetzigen Zusammenkunft ordnungsgemäße Einladungen ergehen zu lassen, so daß die Besprechung nur als informell betrachtet werden könne.

2

S. Dok. Nr. 115.

Die Fraktionen hätten die Absicht, im Wege des Initiativantrages ein Gesetz einzubringen, durch welches die Reichsregierung für einen Zeitraum von sechs Monaten zu Maßnahmen auf wirtschaftlichem, finanziellem und sozialpolitischem Gebiet ermächtigt werde3. Der Inhalt dieses Gesetzes stehe noch nicht endgültig fest und sei Gegenstand eingehender Besprechungen unter den Fraktionen gewesen. Nur die Frage, in welchem Umfange sozialpolitische Maßnahmen unter das Gesetz fallen würden, sei noch Gegenstand der Erörterung4.

3

Der Entw. des Ermächtigungsgesetzes wurde vom RIM eingebracht (RT-Bd. 380 , Drucks. Nr. 6239 ).

4

S. Anm. 1 und 3 zu Dok. Nr. 113; Dok. Nr. 115.

Es sei der Reichsregierung ein Bedürfnis, den Länderregierungen von dieser Absicht der Koalitionsparteien Kenntnis zu geben, damit die Länderregierungen in die Lage versetzt würden, zu dem beabsichtigten Gesetz Stellung zu nehmen.

Der Vertreter Preußens dankte für die Mitteilungen des Reichskanzlers und erklärte, daß von seiten der Preußischen Regierung keine Bedenken gegen das beabsichtigte Verfahren vorlägen.

Der Vertreter Bayerns schlug vor, das Gesetz als ordnungsmäßige Regierungsvorlage einzubringen und zunächst dem Reichsrat zur Annahme vorzulegen.

Der Vertreter Württembergs stimmte dieser Auffassung zu und schlug vor, die Länderregierungen sofort durch Rundtelegramm von der beabsichtigten Maßnahme zu verständigen, damit sie in der Lage seien, bis zur Sitzung des Reichsrats am Montag [8. 10.] ihre Vertreter in Berlin zu instruieren.

Der Vertreter Bremens regte unter Berufung auf Artikel 67 der Reichsverfassung an5, daß die Länderregierungen fortlaufend über die unter dem Ermächtigungsgesetz zu erlassenden Verordnungen unterrichtet würden.

5

Unterrichtung des Reichsrats über die laufenden Geschäfte durch die RMin.

[494] Der Vertreter Bayerns unterstützte diesen Antrag und bat, daß generell bei allen unter dem Ermächtigungsgesetz zu erlassenden Verordnungen den Länderregierungen Gelegenheit zur Stellungnahme und Mitwirkung gegeben würde.

Der Vertreter Badens unterstützte den Vorschlag, die Ermächtigung im Wege eines ordentlichen Reichsgesetztes5a erteilen zu lassen. Dies werde auch für die Reichsregierung einen erheblichen Vorteil gegenüber dem Initiativantragswege bedeuten.

5a

Mit diesem verfassungsrechtlich unzutreffenden Begriff ist ein Gesetz gemeint, das auf Antrag der RReg. von RT und RR beschlossen wurde; ebenso „ordentlich“ war aber auch ein Gesetz, das aus der Mitte des RT als Initiativantrag eingebracht worden war (Art. 68 RV).

Der Reichskanzler erklärte, daß er auf die gestellten Anträge ohne Fühlungnahme mit dem Kabinett nicht antworten könne; er würde sie ebenso wie die sonstigen Anregungen der Herren Ländervertreter dem Kabinett zur Kenntnis bringen6. Im übrigen werde der Inhalt des beabsichtigten Gesetzes den Länderregierungen durch Rundtelegramm und auch den Ländervertretern in Berlin beschleunigt mitgeteilt werden7.

6

S. die Mitteilungen des RK vor Eintritt in die TO in Dok. Nr. 117.

7

Text des Rundtelegramms in R 43 I /1869 , Bl. 7. Es wurde am gleichen Tag um 21.30 Uhr abgesandt.

Er stellte fest, daß im Rahmen der abgehaltenen inoffiziellen Sitzung unter den anwesenden Ländervertretern grundsätzlich Übereinstimmung mit der Reichsregierung in der Frage des Ermächtigungsgesetzes herrsche8.

8

Während der Beratung des Ermächtigungsgesetzes versicherte der RIM im RR, daß die Länder nach wie vor entsprechend Art. 67 RV über die laufenden Geschäfte orientiert und zur Beratung wichtiger Fragen herangezogen würden. In einem Schreiben vom 13.10.23 gab der RIM den RM hiervon Kenntnis und bat sie, die Abteilungsleiter und Referenten auf die Notwendigkeit hinzuweisen, daß die RR-Ausschüsse beteiligt würden (R 43 I /1869 , Bl. 53).

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