2.149.3 (wir1p): 3. Forderung der Industrie auf Entstaatlichung der Reichseisenbahnen.

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3. Forderung der Industrie auf Entstaatlichung der Reichseisenbahnen.

Reichsverkehrsminister Groener macht dem Kabinett Mitteilung über einen Briefwechsel mit Dr. Sorge und gibt Kenntnis von dem Inhalt einer vom Reichsverkehrsministerium verfaßten Denkschrift über die bisherigen Leistungen der Reichseisenbahnen2. Die Denkschrift wird der Sozialisierungskommission sowie[410] sämtlichen Kabinettsmitgliedern zugehen. Nach längeren Erörterungen nimmt das Kabinett mit Rücksicht auf die zurzeit schwebenden Verhandlungen mit der Industrie und der Reparationskommission davon Abstand, in dieser Sitzung einen formellen Beschluß über die Frage der Entstaatlichung der Reichseisenbahnen zu fassen. Es herrschte jedoch Übereinstimmung darüber, daß das Kabinett die Entstaatlichung einmütig ablehne. Reichsverkehrsminister Groener soll den Vertretern der Presse von dem Inhalte der Denkschrift alsbald Mitteilung machen.

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In seiner achtseitigen Denkschrift „Stellungnahme des Reichsverkehrsministeriums zu der Frage der Abgabe der Reichseisenbahn an die Privatwirtschaft“ vom 17.11.1921 stellt der RVM zunächst fest: „Es ist richtig, daß die Rechnung des Haushaltsjahres 1920, des ersten Jahres der Reichsverwaltung, mit einem Betriebsmangel von 15,6 Mrd abgeschlossen hat und daß auch das Jahr 1921 einen Reichszuschuß von 10,8 Mrd zum ordentlichen Haushalt erfordern wird. Im ersten Jahr übersteigen die Ausgaben die Einnahmen um 87%, im zweiten immer noch um 32%. – Die Hauptursachen für diese gewaltigen Fehlbeträge sind einmal die den Betriebsapparat belastenden Folgen des Krieges, dann das Zurückbleiben des Verkehrs hinter dem Umfang, für den die persönlichen und sachlichen Kräfte vorgehalten werden müssen, und nicht zum letzten die auch heute noch ungenügende Anpassung der Tarife an die Geldentwertung.“ Nach eingehender Erörterung der genannten Ursachen und ihrer Beseitigung kommt der RVM zu folgendem Schluß: „Zusammenfassend ist zu sagen: Es ist nicht richtig, daß die deutschen Bahnen als Reichsunternehmen nicht zur Gesundung gebracht werden könnten. Die Voraussetzungen für diese Gesundung sind in 1½jähriger mühevoller Arbeit geschaffen worden. Durch Annahme privatwirtschaftlicher Grundsätze in der Organisation des Unternehmens und in der Führung der Geschäfte kann dieser Prozeß beschleunigt werden, ohne daß die Übergabe der Bahnen in Privathände notwendig wäre und damit die Preisgabe der politischen und volkswirtschaftlichen Vorteile, die dem deutschen Volke aus dem Reichsbetrieb erwachsen sollen.“ (Denkschrift in R 43 I /1048 , Bl. 2-5 und 2450; Briefwechsel mit Sorge in R 43 I nicht ermittelt.).

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