2.5.1 (wir1p): [Steuerpolitik.]

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[Steuerpolitik.]

 

Staatssekretär Zapf macht Mitteilung, welche Steuergesetzentwürfe zur Zeit im Reichsfinanzministerium vorbereitet werden bzw. fertiggestellt sind1: Zuckersteuergesetz, Zündholzmonopol- und Branntweinmonopolgesetz lägen bereits den gesetzgebenden Körperschaften vor2. In Vorbereitung seien die Entwürfe zur Erhöhung der Einfuhrzölle auf Kaffee, Tee, Schokolade und ähnliches. Die Einfuhrzölle auf Luxusartikel würden mindestens zu verdoppeln sein. Weiter sei in Vorbereitung die Erhöhung der Tabaksteuer, der Biersteuer, der Stempelgebühren, des Körperschaftssteuergesetzes und der Rennwettensteuer.

1

Die gesetzliche Neuregelung für diese Planungen trat erst am 4.8.22 mit der Verkündung des Gesetzes über Änderungen im Finanzwesen ein (RGBl. I, S. 335 ).

2

Das Zuckersteuergesetz gelangte am 3.3.21 in den RT (RT-Drucks. Nr. 1578, Bd. 365 ), das Zündholzmonopolgesetz am 25.10.21 (RT-Drucks. Nr. 2872, Bd. 369 ) und das Branntweinmonopolgesetz am 22.6.21 (RT-Drucks. Nr. 2281, Bd. 368 ).

Eine Erhöhung der Umsatzsteuer auf 5%, wie neuerdings vom Reichswirtschaftsrat empfohlen, werde erwogen. Seines Erachtens sei diese einer Erhöhung der Kohlensteuer wegen der Wirkung auf die Ausfuhr und auch deshalb vorzuziehen, weil sie ertragfähiger als eine Erhöhung der Kohlensteuer sein werde.

Zu den Ausführungen des Reichswirtschaftsministers in der Sitzung vom 17. Mai3 möchte er folgendes bemerken: Was die Heranziehung des Grundbesitzes, der Industrie und der Banken anlange, so sei ihm nicht klar geworden, ob hierdurch sofort Barmittel oder laufende Mittel beschafft werden sollten. Er fürchte, daß die Zwangshypotheken den gesamten Hypothekenmarkt schwer erschüttern würden. Eine laufende Grundsteuer sei deshalb an sich vorzuziehen, aber diese sei den Ländern überlassen, denen gegebenenfalls Ersatz geboten werden müßte. Unklar sei ihm auch, wie die Durchführung der Beteiligung des Reichs gedacht sei. Es würde auf eine Gewerbesteuer hinauskommen, die gleichfalls[7] den Ländern und Gemeinden überlassen sei. Ferner sei bei solcher Beteiligung der Zugriff der Entente zu befürchten. Er sei der Ansicht, daß eine starke Erhöhung der Körperschaftssteuer zum gleichen Erfolge führen werde, ohne das gesamte Wirtschaftsleben in so schwerer Weise zu erschüttern.

3

Siehe Dok. Nr. 3.

Was die Steuersyndikate anlange, so habe der Reichswirtschaftsrat sie für zur Zeit kaum möglich erklärt. Vielleicht aber würden sie durch die Erhöhung der Umsatzsteuer allmählich herbeigeführt werden.

Reichswirtschaftsminister Schmidt: Nach seiner Ansicht sollten sich die Wirtschaftsführer zunächst äußern, wie nach ihrer Ansicht die notwendigen Beträge aufgebracht werden könnten.

Bei der Heranziehung des Grundbesitzes habe er an die Gewinnung unmittelbarer und laufender Mittel gedacht. Grundsätzlich sei zu bedenken, daß wir um einen Eingriff in die Substanz nicht herumkommen könnten4.

4

Siehe Dok. Nr. 6.

Zur Beteiligung des Reichs an Industrie und Banken verweise er einerseits auf das Beispiel Schwedens bezüglich des Erzbaues5, andererseits auf das der deutschen Reichsbank. Auf den Gedanken der Steuersyndikate wolle er sich nicht versteifen. Einzelheiten seines Programms gingen aus der in der Sitzung überreichten Denkschrift hervor6.

5

Im Jahre 1907 hatte der schwedische Staat durch Vertrag die Hälfte des Aktienbesitzes der Lluossavaara-Kirunavaara erworben und damit seinen Einfluß auf die Nutzung der wichtigsten Bodenschätze des Landes gewonnen; das Recht, auch die übrigen 50% des Aktienkapitals zu erwerben, hatte der Staat nicht genutzt.

6

Siehe Dok. Nr. 6.

Der Herr Reichskanzler Die Frage einer Ablösung der 26% auf die Ausfuhr7 müsse in der nächsten Sitzung besprochen werden. Er sei der Ansicht, daß die Ausfuhr von einer Belastung nicht frei bleiben könne. Reichswirtschaftsministerium und Reichsfinanzministerium sollten in der nächsten Sitzung am Freitag, dem 20. Mai, nachmittags 6 Uhr hierüber Bericht erstatten8.

7

Siehe Dok. Nr. 3, Anm. 6.

8

Siehe Dok. Nr. 8.

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