1.100.3 (wir2p): 2. Reichskriminalpolizeigesetz.

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[994]2. Reichskriminalpolizeigesetz.

Minister Dr. Schweyer äußerte unter Hinweis auf § 2, § 3 Absatz 1, §§ 4 und 7 den Wunsch, daß die Zuständigkeit der Landeskriminalpolizeibehörden von den Ländern bestimmt werden müsse, und er stellte im Anschluß daran verschiedene Fragen über einzelne Punkte7. Zu § 7 glaubte er verlangen zu müssen, daß für Bayern der Vollzug der Bestimmungen ausgeschaltet würde. Auch sonst seien noch einige Punkte von Bedeutung. Prinzipiell scheine es ihm erwünscht, daß, nachdem das Gesetz noch nicht in Vollzug gesetzt sei, dieser lange hinausgeschoben werde. Seiner Auffassung nach sei es nicht nötig, eine reichsrechtliche Regelung eintreten zu lassen. Von schwerwiegender Bedeutung seien die §§ 3 und 7, und es sei hier im Interesse der Beruhigung des Landes ein weitgehendes Entgegenkommen der Reichsregierung erforderlich.

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§ 2 lautet: „Die Landesregierungen errichten Landeskriminalpolizeiämter; diese unterstehen den Landesregierungen. Mehrere Länder können ein gemeinsames Landeskriminalpolizeiamt errichten. – Als Vollzugsorgane werden von den Landesregierungen Landeskriminalpolizeistellen eingerichtet.“ § 3 Abs. 1 lautet: „Die Landeskriminalpolizeibehörden haben die Aufgabe, 1. die Staatsanwaltschaften und die Gerichte bei der Aufdeckung und Aufklärung von Straftaten zu unterstützen, welche die öffentliche Sicherheit besonders beeinträchtigen; 2. solche Straftaten zu verhüten.“ § 4 lautet: „Durch Vereinbarung der Landeszentralbehörden mit dem Reichskriminalpolizeiamte kann ausnahmsweise bestimmt werden, daß in dem örtlichen Zuständigkeitsgebiet einzelner großer Städte mit eigener Kriminalpolizei und eigenen erkennungsdienstlichen Einrichtungen die Landeskriminalpolizeistellen nur tätig werden dürfen 1. auf Ersuchen der örtlichen Polizeibehörde, – 2. auf Anordnung der Staatsanwaltschaften, der Gerichte, des Landeskriminalpolizeiamtes oder des Reichskriminalpolizeiamtes, – 3. wenn die außerhalb der Stadt von den Landeskriminalpolizeistellen aufgenommenen Spuren in die Stadt hineinführen.“ § 7 lautet: „In Fällen, deren Aufdeckung und Aufklärung sich über das Gebiet mehrerer Landeskriminalpolizeiämter zu erstrecken hat, unterrichtet das Reichskriminalpolizeiamt die in Betracht kommenden Landeskriminalpolizeiämter und -stellen über die durch den Nachrichtendienst in Erfahrung gebrachten Zusammenhänge und kann zu diesem Zweck seine Beamten entsenden. – Auf Antrag eines der beteiligten Landeskriminalpolizeiämter kann das Reichskriminalpolizeiamt über solche Fälle durch seine eigenen Vollzugsbeamten Ermittlungen anstellen lassen. – Auch ohne Antrag kann das Reichskriminalpolizeiamt ausnahmsweise im ganzen Reichsgebiete durch seine eigenen Vollzugsbeamten Ermittlungen anstellen und allen Polizeibehörden Weisungen erteilen, wenn es sich um Einzelfälle handelt, durch die Interessen des Reiches unmittelbar berührt werden. In Fällen eigener Ermittlungstätigkeit des Reichskriminalpolizeiamtes ist der obersten Landesbehörde des in Frage kommenden Landes unverzüglich hiervon Anzeige zu erstatten. – Das Reichskriminalpolizeiamt kann den Verkehr mit ausländischen Behörden ausschließlich auf sich übernehmen, wo es ihm für die zweckmäßige Durchführung der Sache erforderlich erscheint.“ (RGBl. 1922 I, S. 593  ff.).

Reichsminister Dr. Köster erwiderte, daß er hinsichtlich des § 3 in Verbindung mit § 6 glaube, am heutigen Nachmittag zu einer gemeinschaftlichen Formulierung kommen zu können. Was die zu § 7 gewünschte Erklärung über die Ausschaltung der Exekutive des Reichs (Absatz 3) anlange, so könne er eine solche Erklärung nicht abgeben. Das Gesetz sei vom Reichstag und Reichsrat beschlossen. Die Ausführung des Gesetzes so zu gestalten, daß sie für die Länder erträglich werde, sei beabsichtigt. Es sei aber unmöglich, Teile des Gesetzes für einen Teil des Reiches außer Kraft zu setzen. Der § 7 Absatz 3 stelle doch nur einen Ausnahmefall dar. Es sei nicht richtig, daß grundsätzlich unmittelbar z. B. Berliner Kriminalbeamte in Bayern Feststellungen vornehmen könnten. Es heiße ausdrücklich, daß tunlichst die örtlich zuständigen Beamten zugezogen[995] werden sollten. Wichtiger als alles aber sei, daß das Reichskriminalpolizeiamt, das in seinem Kern unpolitisch sei, funktioniere. In der Zentralstelle sollten alle Länder vertreten sein, und es sollte vorgesehen werden, daß alle wichtigen Beamten der Landeskriminalpolizeiämter eine Zeitlang im Reichskriminalamt arbeiten sollten. Er könne sich nur wenige Fälle denken, in denen die anzustellenden Ermittlungen nicht schon längst zwischen dem Reichskriminalpolizeiamt und dem betreffenden Landeskriminalpolizeiamt bekannt geworden seien. In den letzten Tagen habe er sich bemüht, einen Weg zu finden, und er glaube, daß man heute nachmittag über Aufbau usw. zu einem Ergebnis kommen werde. Auch über die Personalfrage werde er sich mit den Herren wohl verständigen können.

Minister Dr. Schweyer betonte, darauf bestehen zu müssen, daß man zu festen Vereinbarungen komme. Die Exekutive im Lande müsse ausgeschlossen werden. Die Polizeihoheit des Landes müsse unbedingt gewahrt werden. Auch der letzte Absatz des § 7 über den Verkehr mit ausländischen Behörden begegne schweren Bedenken.

Reichsminister Dr. Köster erwiderte, daß man auch über § 7 Absatz 4 im Wege der Ausführungsbestimmungen zu einem vernünftigen Ergebnis kommen werde.

Der Reichspräsident stellte fest, daß dieser Fragenkomplex gleichfalls am Nachmittag im engeren Kreise zwischen den zuständigen Ressortchefs durchgesprochen werden solle.

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