2.55.2 (lut1p): Aufwertung.

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Aufwertung.

Abg. Hergt erklärt, daß er bezüglich seines Antrags, nach dem gewisse Vorschriften bis spätestens 30. Juni außer Kraft treten sollten13, völlig loyal gehandelt zu haben glaube. Er verstehe auch nicht, aus welchem Grunde die D.V.P. sich in der Prozentfrage an den Reichskanzler gewandt habe. Er könne versichern, daß die Besorgnisse des Kanzlers über die Haltung seiner Fraktion in der Aufwertungsfrage unbegründet seien.

13

S. Anm. 16 zu Dok. Nr. 51.

[207] Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann: Sein Fraktionsgenosse Wunderlich sei neulich über den Antrag der D.N.P. bezüglich der 33% recht erregt gewesen. Nach den Mitteilungen von Exzellenz Hergt nehme er an, daß ein starkes Mißverständnis obgewaltet habe.

Abg. Hergt: Er habe dem Abg. Wunderlich ausdrücklich gesagt, es sei selbstverständlich, daß die in der Regierung vertretenen Parteien gemeinsam vorzugehen suchten.

Reichskanzler Er müsse sich doch fragen, ob die erörterte Erhöhung der Prozentziffer noch dem entspräche, was über die „geeignete Grundlage“ verabredet worden sei14.

14

S. Dok. Nr. 51.

Abg. Hergt: Die Worte „geeignete Grundlage“ ließen seines Erachtens gewissen Abänderungsanträgen Raum.

Reichsminister des Innern Schiele: Er empfehle, die Erörterung jetzt nicht zu komplizieren. S. E. müßten etwaige Erhöhungsabsichten der Regierung mitgeteilt werden, woran sich eine Besprechung mit den Parteiführern zu schließen habe. Entscheidend sei s. E., was Abg. Hergt erklärt habe, nämlich daß man gemeinsam vorzugehen suchen werde.

Reichskanzler Wenn die Vorlage an das Parlament ginge, so dürfe sich die Regierung keinesfalls einer Phalanx von Abänderungsanträgen der Regierungsparteien gegenübersehen. Der Gesetzentwurf würde in kurzer Zeit an den Reichsrat gehen15, aber gleichzeitig den Mitgliedern des Reichstagsausschusses mitgeteilt werden. Nachdem er jetzt gehört habe, daß keine Absicht auf getrenntes Vorgehen bestehe, sondern vielmehr Verbindung mit den anderen Fraktionen gehalten werden solle, halte er es für praktisch, wenn er die Fraktionen nochmals zusammenbäte.

15

S. unten Anm. 17.

Abg. Hergt macht darauf aufmerksam, daß die Ausschußsitzung nicht vor dem 31. März stattfinden würde. Sie könne s. E. so gelegt werden, daß vorher die Besprechung des Kanzlers mit den Fraktionen stattfinden könnte. So könne man sich über etwaige Abänderungsanträge einig werden.

Reichskanzler Der Reichsrat sei in der Wahrung seiner Gerechtsame empfindlich, er würde möglicherweise verstimmt sein, wenn im Reichstagsausschuß Anträge auf Abänderung eines Gesetzentwurfs gestellt würden, der noch ihm, dem Reichsrat, vorläge.

Reichsminister des Innern Schiele: Dieser Gesichtspunkt sei beachtlich. Dem Reichstagsausschuß könne man dadurch entgegenkommen, daß man auf möglichste Beschleunigung im Reichsrat dränge.

[…]

Reichskanzler stellt fest, es herrsche Einigung darüber, daß in allen wesentlichen Fragen keine Partei ohne Verbindung mit den anderen Parteien und mit der Regierung vorgehen werde. Diese „Verbindung“ sei so aufzufassen, daß kein Wettlauf unter den Parteien eintreten solle. Ferner müsse diese Verbindung zu einem materiellen Ergebnis führen. Im Reichsrat solle die Vorlage mit aller Beschleunigung behandelt werden. Wenn in der demnächst geplanten Sitzung[208] des Reichstagsausschusses lediglich die Frage des „guten Glaubens“ behandelt werden sollte, so brauche die Sitzung nicht vertagt zu werden. Vorher würde jedenfalls eine Besprechung der Regierung mit den Fraktionen im Beisein der Fraktionsführer stattfinden16, damit das weitere Verfahren in der ganzen Frage endgültig festgelegt werde.

16

S. die Besprechung mit Parteiführern am 2. 4. (Dok. Nr. 61).

Reichsminister des Innern Schiele bittet, ihm als Wunsch der Reichsregierung mitzuteilen, daß der Entwurf im Reichsrat mit tunlichster Beschleunigung erledigt werden möchte. Der Chef der Reichskanzlei möchte dies auch den Herren Reichsminister der Finanzen und der Justiz mitteilen. Diese beiden Minister möchten den Wunsch der Regierung dem Reichsrat in ihrem Begleitschreiben zum Ausdruck bringen17.

17

Vgl. dazu RR-Drucks. Nr. 54, Bd. 1925 I).

Der Reichskanzler wirft die Frage auf, wie sich die Parteien im Wahlkampf in der Aufwertungsfrage zweckmäßig verhalten würden.

Abg. Hergt empfiehlt, daß die Regierungsparteien an ihre Organisation im Lande etwa folgende Order ausgeben: Wenn der Aufwertungsentwurf vor der Wahl bekannt wird, so sollten sich die Redner in den Wahlversammlungen auf keine Diskussion des Entwurfs und besonders seiner Einzelheiten einlassen. Sie sollten vielmehr betonen, daß im Gegensatz zu Reichstagswahlen die Aufwertungsfrage keine Bedeutung für die Wahl eines Reichspräsidenten haben könnte.

Reichsminister des Auswärtigen Dr. Stresemann erklärt sich bereit, für seine Partei sofort die gleiche Order herauszugeben.

Reichskanzler Die Reichskanzlei würde das gleiche beim Zentrum und der Bayerischen Volkspartei zu erreichen suchen.

Die Besprechung mit den Vertrauensmännern der Fraktionen in der Reichsregierung über Außenpolitik wurde auf Mittwoch, den 1. April d. J., festgesetzt18.

18

Über eine derartige Besprechung mit den Vertrauensmännern der Koalitionsparteien – Schiele (DNVP), Brauns (Zentrum), Stresemann (DVP) und Stingl (BVP) – in R 43 I nichts ermittelt. Zum Fortgang s. Dok. Nr. 62.

Hierauf wurde die Besprechung geschlossen.

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