2.93.1 (lut1p): Deutsch-spanischer Handelsvertrag.

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Deutsch-spanischer Handelsvertrag2.

2

Zur vorangegangenen Beratung des am 25.7.24 unterzeichneten dt.-span. Handelsabkommens und der diesbez. parlamentarischen Lage s. Dok. Nr. 90.

Der Reichskanzler bat um Mitteilung über die Haltung der Parteien.

Der Abg. Graf Westarp teilte mit, daß ein Beschluß innerhalb der Fraktion noch nicht gefaßt sei; er glaubte aber, daß, falls auch die übrigen Parteien in einer Mehrheit dem Vertrage zustimmten, sich innerhalb der Deutschnationalen Fraktion eine evtl. Mehrheit bis zu 2/3 für den Vertrag finden werde.

Der Abg. v. Guérard teilte mit, daß voraussichtlich das Verhältnis der Ja- und Neinsager innerhalb seiner Fraktion sich wie 60 zu 40 verhalten würde.

Der Abg. Curtius glaubte, daß in seiner Fraktion ¾ für den Vertrag stimmen würden, endgültige Beschlüsse würden allerdings erst am Abend gefaßt.

Abg. Drewitz hielt es für sicher, daß der größte Teil seiner Fraktion den Vertrag annehmen würde.

Der Abg. Bayersdörfer teilte mit, daß die Mehrzahl seiner Fraktion gegen die Annahme des Vertrages sei.

Der Reichskanzler stellte fest, daß es sich eigentlich nur um eine Meinungsverschiedenheit über die Methode handele; auch die Regierung wolle ja die Lage der Winzer verbessern. Auch er beklage außerordentlich, daß dazu nicht schon früher durch eine schnellere Ratifikation des Vertrages Gelegenheit gegeben worden sei. Die Verhandlungen über eine Abänderung des Vertrages hätten schon längst eingeleitet und vielleicht zum Abschluß gebracht sein können.

Der Reichsminister des Auswärtigen warf die Frage auf, wie die Debatte sich im Reichstag abspielen solle. Es sei unzweckmäßig, wenn jede Partei zwei Vertreter vorschicke. Es sei zu erwägen, ob nicht alle hinter der Regierung stehenden Parteien sich auf die Abgabe einer gemeinsamen Fraktionserklärung beschränkten.

Sämtliche Fraktionsvertreter stimmten dieser Auffassung bei, hielten es aber für notwendig, daß in dieser Erklärung auch der Standpunkt der Neinsager sehr scharf zum Audruck komme und dabei von der Notwendigkeit einer baldigen Kündigung gesprochen werde.

[306] Der Reichskanzler und der Reichsminister des Auswärtigen hatten dagegen keine Bedenken, brachten vielmehr zum Ausdruck, daß eine derartige Erklärung sogar eine geeignete Grundlage für die Neuaufnahme von Verhandlungen mit Spanien bilden könnte.

Der Reichsarbeitsminister wies darauf hin, daß die Erklärung vorwiegend einen politischen Inhalt haben müsse. Es müsse klar zum Ausdruck kommen, daß die Regierungsparteien in ihrer Mehrheit gewillt seien, den Vertrag anzunehmen. Die Abschwächungen dürften nur wirtschaftlicher Natur sein.

Der Abg. v. Guérard stimmte dieser Auffassung bei.

Es wurde beschlossen, daß von der Regierung ein Entwurf einer gemeinsamen Fraktionserklärung ausgearbeitet, dieser um 3 Uhr nachmittags den Fraktionen zugestellt werde und darauf um 4 Uhr eine neue Parteiführerbesprechung unter dem Vorsitz des Reichsministers des Auswärtigen über die Fassung der Fraktionserklärung stattfinde3.

3

Zu dieser Besprechung in R 43 I keine weiteren Hinweise ermittelt. In der RT-Sitzung am 27. 5. gibt der Abg. Scholz (DVP) in Namen der BVP, DNVP, DVP, WV und des Zentrums eine Erklärung folgenden Inhalts ab: Das dt.-span. Handelsabkommen habe für wichtige zollpolitische Lebensfragen der dt. Wirtschaft nicht die erwarteten Entlastungen gebracht, insbesondere sei die tatsächliche Meistbegünstigung nicht eingetreten. Zu schwerer Belastung der dt. Landwirtschaft habe vor allem beigetragen, daß Spanien für Wein, Obst, Tomaten und andere Erzeugnisse Zollvergünstigungen erhalten habe, die, insbesondere für den Weinbau, bei Fortdauer unerträglich seien. Scholz fügt abschließend hinzu, die in der RReg. vertretenen Fraktionen seien dennoch bereit, dem Abkommen zuzustimmen. Man wolle vor allem das Eintreten eines vertragslosen Zustandes verhindern und die dt.-span. Beziehungen nicht belasten (RT-Bd. 395, S. 2098 ). – Der RT nimmt den „Entwurf eines Gesetzes über das Handelsabkommen zwischen dem Dt. Reiche und dem Königreiche Spanien“ nach ausführlicher Debatte am 27. 5. an (RT-Bd. 395, S. 2095 –2127). Angenommen wird in gleicher Sitzung ferner Ziffer 2 der Entschließung des 21. Ausschusses vom 1.4.25 (s. dazu Dok. Nr. 77, Anm. 9), in der die RReg. aufgefordert wird, mit der span. Reg. in Verhandlungen über ein neues, für Industrie und Landwirtschaft günstigeres Handelsabkommen einzutreten. Die Verkündung des Gesetzes erfolgt am 8.6.25 (RGBl. II, S. 451 ). Der Austausch der Ratifikationsurkunden findet am 21.6.25 statt (Bekanntmachung des AA vom 26. 6. im RGBl. II, S. 658 ).

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