2.47.11 (ma11p): 10. Außerhalb der Tagesordnung: Auslandshilfe und Ausschweifung in Deutschland.

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10. Außerhalb der Tagesordnung: Auslandshilfe und Ausschweifung in Deutschland.

Der Reichskanzler machte Mitteilung von einem Telegramm des deutschen Botschafters in den Vereinigten Staaten14, wonach im Ausland größte Erregung über die Schlemmerei in Deutschland und das Auftreten der Deutschen im Ausland herrsche.

14

Wiedfeldt.

Der Reichsminister des Auswärtigen bestätigte die Berechtigung dieser Auffassung auf Grund seiner Beobachtungen in der Schweiz.

[194] Der Reichsminister der Finanzen teilte mit, daß bereits ein Überwachungsdienst eingesetzt sei und daß er beabsichtige, die betreffenden Personen nach Möglichkeit zur Aufwandsbesteuerung heranzuziehen.

Der Reichsminister des Auswärtigen teilte mit, daß Maximilian Harden in einer amerikanischen Zeitschrift einen Artikel veröffentlicht habe, in dem er behaupte, daß Deutschland nicht auf die Zufuhr von Lebensmitteln angewiesen sei, sondern nur nötig habe, die Landwirtschaft zur Abgabe von Lebensmitteln zu zwingen15. Dieser Artikel sei Landesverrat, und es müsse erwogen werden, wie dagegen eingeschritten werden sollte.

15

Aus Lugano, wo er einen kurzen Erholungsaufenthalt verbrachte, telegrafierte Stresemann am 4. 1. an das AA: „Maximilian Harden veröffentlicht in New Yorker jüdischem Blatt Artikel gegen Nahrungsmittelsendungen nach Deutschland und rät Hoover, jede Beihilfe einzustellen, da in Deutschland genug Getreide vorhanden und nur Agrarier schuld, wenn nicht genügend Brot zur Verteilung käme. Daily Mail Paris vom 3. Januar übernimmt diesen Artikel. Bemühungen amerikanischer Kreise sowie General Allen werden dadurch vollkommen sabotiert. Bitte Dr. Spiecker benachrichtigen wegen publizistischer Bekämpfung und weiterer Erwägung, ob gegen H. nicht vorgegangen werden kann.“ (Pol.Arch. des AA, Büro Reichsminister, 27 Vereinigte Staaten, Bd. 3). General Allen, ehemaliger Befehlshaber der amerik. Besatzungstruppen im Rheinland, hatte 1923 ein amerik. Komitee für die Durchführung von Kinderspeisungen in Deutschland ins Leben gerufen.

Der Reichsminister der Justiz teilte mit, daß er bereits den Oberreichsanwalt beauftragt habe, gegen Harden vorzugehen.

Der Reichskanzler stellte als Meinung des Kabinetts fest, daß der Reichswirtschaftsminister mit dem Preußischen Minister des Innern in Verbindung zu treten habe, um unter Hinweis auf die heutige Besprechung im Reichskabinett ein Einschreiten gegen die Schlemmerei zu erwirken. Allerdings dürfe sich dabei das Reichskabinett mit Rücksicht auf die bisherigen Erfahrungen mit Preußen und die Wahrscheinlichkeit eines Nichterfolges dieser Aktion nicht zu sehr herausstellen.

Der Reichspressechef warnte davor, Maximilian Harden im Ausland zum Märtyrer zu machen, da er im Ausland ein ungewöhnlich großes Ansehen genieße. Um ihn unschädlich zu machen, müsse versucht werden, ihn im Ausland auf Grund seiner Äußerungen lächerlich zu machen.

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