2.138.1 (ma31p): Anlage 6

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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Anlage 6

In Schlesien – (Regierungsbezirk Breslau und Liegnitz) – hat die Reichswehr seit langer Zeit für jeden Kreis ihren nicht im Etat verzeichneten Kreisoffizier mit eigenem Büro. Im ganzen bestehen in der Provinz über 40 solche Büros. Für einzelne Stadtkreise, wie Breslau und Görlitz, sind Sonderoffiziere neben den Kreisoffizieren für das Land bestellt. In kleineren kreisfreien Städten, z. B. in Brieg, werden Stadt- und Landkreis gemeinsam organisiert. Die Aufgabe dieser Kreisoffiziere ist die Beschaffung von illegalem Heeresersatz, der dann auf dem Truppenübungsplatz Neuhammer ausgebildet wird.

Uns erscheint es besonders wichtig, die Tatsache festzustellen, daß alle diese Kreisoffiziere der Reichswehr „zufällig“ abgestempelte Rechtsradikale sind. Einer Verordnung des Reichswehrministeriums wird allerdings dadurch Rechnung getragen, daß die Herren bei Übernahme ihrer Tätigkeit formal aus Organisationen, wie dem Stahlhelm, ausscheiden. Man kann auf diese Weise dann „mit gutem Gewissen“ die Verbindung zwischen Stahlhelm, Heimatverband Schlesien usw. zur Reichswehr ableugnen. Nicht abzuleugnen ist, daß dieser Austritt immer nur der Form nach vorgenommen wird, daß die Kreisoffiziere in engster Verbindung mit den rechtsradikalen Organisationen bleiben und ausschließlich aus diesen ihr Ersatzmaterial für die Reichswehr heranschaffen. Wir nennen zum Beleg einige, beliebig vermehrbare Beispiele.

In Brieg ist der Kreisoffizier der Reichswehr, ein gewisser Herklotz, aus dem „Stahlhelm“ erst im Augenblick des Beginns seiner jetzigen Tätigkeit formell ausgetreten und mit ihm weiterhin nachweislich in engster Verbindung. In Nimptsch ist es ein gewisser Oskar v. Rosenberg auf Jordansmühl, der sicherlich nicht zufällig bei dem durch besonders rabiate rechtsradikale Politik berüchtigten Kreisgeschäftsführer des Landbundes die Stätte seines Wirkens aufgeschlagen hat. Für den Kreis Wohlau ist es ein Hauptmann Bohne, der seine illegalen Formationen in Versammlungen bildet, zu denen fast ausschließlich Stahlhelmleute eingeladen werden, während nach außen als Zweck Grenzschutz gegen Polen ausgegeben wird. In Liegnitz heißt der Führer der Schwarzen Reichswehr Kurt Liebe. Herr Liebe ist auch der persönliche Vertrauensmann des örtlichen Reichswehrkommandeurs Major v. Ditfurth, der die dort in der Funkerkaserne ausgebildeten illegalen Formationen selbst abzunehmen pflegt. Liebe ist so unvorsichtig, in den Versammlungen auf den Dörfern,[403] wo er seine Verzeichnisse wehrfähiger Personen zusammenstellt, ausdrücklich zu erklären, daß nur in den Wehrverbänden organisierte Leute von der Reichswehr angenommen werden. Bis vor einigen Monaten verstand er darunter Mitglieder vom Stahlhelm und Jungdo, während neuerdings auf Grund der kritischen Veröffentlichungen des Jungdoführers6 praktisch die Auswahl noch enger erfolgt. Im Kreis Hoyerswerda ist Kreisoffizier der illegalen Reichswehr der Grieche Argyropulus, einer der – dort übrigens auch vom Landrat Lenoir geförderten – rechtsradikalen Stadtler-Bewegung (gelbe Werkgemeinschaften). Sein Gehilfe war früher der Stahlhelmmann Dehmann, der auch zu den führenden Leuten im Heimatverband Schlesien gehörte, aber nach den (in diesen Kreisen auffällig häufigen) Verfehlungen gegen § 175 des Strafgesetzbuches jetzt seine Tätigkeit und seinen Aufenthaltsort gewechselt hat. Diese Kreisoffiziere erlassen Befehle, in denen ausgebildete und unausgebildete Leute zu Kursen in „Waffenkunde“ auf Reichswehrterrain kommandiert werden. „Absolute Verschwiegenheit“ wird zur Pflicht gemacht, und es heißt dann immer wieder: „Die Kurse gehen unter dem Namen Sportvorträge“ oder ähnlich.

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Gemeint ist der Hochmeister des Jungdeutschen Ordens, Artur Mahraun.

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