1.221.2 (ma32p): 2. Vorbericht über die Kelloggnote.

Zum Text. Zur Fußnote (erste von 6). Zu den Funktionen. Zum Navigationsmenü. Zum Navigationsbaum

 

Bandbilder:

Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

Extras:

 

Text

RTF

2. Vorbericht über die Kelloggnote4.

4

Mit Note vom 13.4.28 hatte die amerik. Reg. den Regierungen Deutschlands, Großbritanniens, Italiens und Japans den amerik. Entwurf eines internationalen Kriegsächtungspakts mit der Bitte um Stellungnahme übermittelt und zugleich den bisherigen amerik.-frz. Notenwechsel über den geplanten Pakt offiziell zur Kenntnis gebracht. In der amerik. Note vom 13. 4. heißt es u. a.: „Die Regierung der Vereinigten Staaten wünscht, […] den Krieg abgeschafft zu sehen und ist bereit, mit der Französischen, Britischen, Deutschen, Italienischen und Japanischen Regierung einen einzigen vielseitigen Vertrag abzuschließen, zu dem jeder und allen anderen Regierungen der spätere Beitritt freistehen soll und der die Vertragsparteien verpflichtet, untereinander nicht zum Kriege zu schreiten. Die Regierung der Französischen Republik hat, obwohl sie nicht weniger eifrig bestrebt ist, die Sache des Weltfriedens zu fördern und mit anderen Nationen in jeder Weise zu diesem Zwecke praktisch zusammenzuarbeiten, auf gewisse Erwägungen hingewiesen, die nach ihrer Ansicht von den Mächten berücksichtigt werden müssen, die Mitglieder des Völkerbundes sind oder an den Locarno-Verträgen oder anderen Verträgen zur Garantierung der Neutralität beteiligt sind. Meine [d. h. die amerikanische] Regierung hat nicht zugegeben, daß diese Erwägungen irgendeine Abänderung ihres Vorschlags für einen vielseitigen Vertrag notwendig machen; sie ist der Ansicht, daß jede Nation der Welt unter gebührender Berücksichtigung ihrer eigenen Interessen und der Interessen der ganzen Völkerfamilie sich an einem solchen Vertrage beteiligen kann. […] Der Meinungsaustausch zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten hat somit einen Punkt erreicht, wo es für die Erzielung eines endgültigen Erfolgs notwendig erscheint, daß die Britische, Deutsche, Italienische und Japanische Regierung Gelegenheit haben, sich förmlich darüber schlüssig zu werden, inwieweit – wenn überhaupt – ihre bestehenden vertraglichen Verpflichtungen sie hindern, gemeinsam mit den Vereinigten Staaten bedingungslos auf den Krieg zu verzichten.“ Abdruck der amerik. Note vom 13.4.28 mit sämtlichen Anlagen im Weißbuch des AA: Materialien zum Kriegsächtungspakt, 3. ergänzte Aufl., Berlin 1929, S. 4–37 (auch in RT-Bd. 433 , Drucks. Nr. 744 ); siehe auch Schultheß 1928, S. 487 ff. Zahlreiche Dokumente über die Paktverhandlungen in: ADAP, Serie B, Bd. VIII und IX (siehe Dokumentenverzeichnis unter „Kellogg-Pakt“).

Der Reichsminister des Auswärtigen berichtete über die letzte Entwicklung[1437] der französisch-amerikanischen Diskussion über einen internationalen Pakt zur Beseitigung des Krieges. Bereits in Genf habe sich Herr Briand gegen den neuerlichen amerikanischen Vorschlag, der an die fünf Großmächte Frankreich, England, Deutschland, Italien und Japan gerichtet wurde, geäußert. Er stellte damals die Mitteilung der französischen Stellungnahme zu dieser Frage in Aussicht. Nachdem später der französische Botschafter5 nochmals gebeten habe, vor der deutschen Antwort an die Vereinigten Staaten die französische Stellungnahme abzuwarten, die in den nächsten Tagen erwartet werden könne, sei es zur Zeit noch nicht möglich, eine grundsätzliche Antwort an die Vereinigten Staaten im Reichskabinett zu beschließen. Frankreich habe die Entwertung seines Bündnissystems zu befürchten, wenn es sich der Möglichkeit kriegerischer Handlungen völlig begebe. Das Argument, daß der von Kellogg vorgeschlagene Pakt gegen den Artikel 16 der Völkerbundssatzung verstoße, hielt der Reichsminister des Auswärtigen nicht für stichhaltig6. Die unter Artikel 16 der Völkerbundssatzung vorgesehenen Maßnahmen würden voraussichtlich nicht unter den Begriff „Krieg“ fallen müssen. Dieser Ansicht sei auch der Generalsekretär des Völkerbunds selber7. Vom deutschen Standpunkt sei die neue Anteilnahme Amerikas an der europäischen Politik, die sich aus der Kellogg-Note ergebe, von großem Interesse. Auch habe Deutschland keine Bündnisse, für deren Bestand es fürchten müsse. Das Recht der Verteidigung gegen Staaten, die sich an einen solchen Pakt nicht halten würden, bleibe natürlich unbenommen.

5

Margerie.

6

Siehe dazu: ADAP, Serie B. Bd. VIII, Dok. Nr. 9 und Nr. 230.

7

Siehe ADAP, a.a.O., Dok. Nr. 145.

Für die Förderung der internationalen Abrüstung würde die Annahme des amerikanischen Paktvorschlages voraussichtlich einen neuen starken Impuls bedeuten. Insgesamt könne also Deutschland dem amerikanischen Schritt nur sympathisch gegenüberstehen.

Der Reichsminister des Auswärtigen gab der Meinung Ausdruck, daß nach Eingang der französischen Stellungnahme unabhängig von den bevorstehenden Wahlen8 auch das jetzige Kabinett noch eine Entscheidung treffen könne. Voraussichtlich werde diese Anfang Mai zu erfolgen haben.

8

Am 20.5.28 fanden die Reichstagswahlen statt.

Das Reichskabinett erklärte sich damit einverstanden, daß eine Entscheidung erst nach Eintreffen der französischen Stellungnahme erfolgen solle9, daß aber schon jetzt die deutsche Sympathie für die amerikanischen Vorschläge bekundet werde.

9

Am 20.4.28 übergab der frz. Botschafter in Berlin den frz. Gegenentwurf eines Kriegsächtungspakts. Die Stellungnahme der RReg. wurde in der Kabinettssitzung vom 27. 4. festgelegt; siehe Dok. Nr. 466, P. 1.

Extras (Fußzeile):