1.225.1 (ma32p): 1. Berichterstattung über den Stand der Verhandlungen der Kohlenpreisfrage.

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1. Berichterstattung über den Stand der Verhandlungen der Kohlenpreisfrage1.

1

Nachdem der Schiedsspruch über die Lohnerhöhung und Arbeitszeitverkürzung im Ruhrkohlenbergbau am 23.4.28 vom RArbM für verbindlich erklärt worden war (siehe Dok. Nr. 465, Anm. 5), hatte das Rheinisch-Westfälische Kohlensyndikat eine Kohlenpreiserhöhung beantragt, über die der Reichskohlenrat zu beschließen hatte. Eine entscheidende Rolle spielte die Frage der Kohlenpreiserhöhung auch im Lohnkonflikt des sächsischen Steinkohlenbergbaus. Der Schiedsspruch vom 27.4.28, der für die sächs. Bergarbeiter eine Lohnerhöhung von 7% vorsah, war von den Arbeitgebern abgelehnt worden, während die Arbeitnehmervertreter ihn akzeptiert und seine Verbindlichkeitserklärung beantragt hatten. Als der RArbM daraufhin den Tarifparteien eröffnete, daß er seine Entscheidung über die Verbindlichkeitserklärung aufschieben und zunächst den Ausgang der bevorstehenden Verhandlungen über die Neufestsetzung der Kohlenpreise abwarten wolle, erklärten die Arbeitgeber, daß auch sie nunmehr die Verbindlichkeitserklärung beantragten unter der Bedingung, daß eine Kohlenpreiserhöhung zugestanden werde. Den RWiM hatte der RArbM gebeten, in der für den 3. 5. in Aussicht genommenen Kabinettssitzung (siehe oben) über das voraussichtliche Ergebnis der Verhandlungen über die Neufestsetzung der Kohlenpreise zu berichten (Vermerk des MinR Vogels vom 30. 4. und 1.5.28, R 43 I /2176 , Bl. 123 f.).

Der Reichswirtschaftsminister trug das bisherige Ergebnis der Kohlenpreisverhandlungen vor. Dem Syndikat2 soll die Freiheit gegeben werden, den Preis durchschnittlich bis zu 1 M zu steigern. In dem unbestrittenen Gebiet wird dabei der Preis von Fettförderkohle <auf höchstens 2 M festgesetzt werden[1446] können>3. Ein Mehrerlös von 50 Mill. Reichsmark im Jahr ist zu erwarten. Die Lohnerhöhung4 macht eine Mehrausgabe von 80 Mill. jährlich.

2

Rheinisch-Westfälisches Kohlensyndikat.

3

Muß heißen: „um höchstens 2 M je Tonne heraufgesetzt werden können“.

4

Gemeint ist die Lohnerhöhung im Ruhrkohlenbergbau auf Grund des Schiedsspruchs vom 14.4.28 (Dok. Nr. 458, Anm. 2), der vom RArbM am 23. 4. für verbindlich erklärt worden war.

Das Syndikat wird von Zeit zu Zeit über die Preisentwicklung berichten und die erzielten Erlöse mitteilen.

Die Enquete-Kommission prüft die Verhältnisse des Kohlenbergbaus. Auf Grund des Ergebnisses und der weiteren Entwicklung wird später über durchgreifende Maßnahmen für den Kohlenbergbau zu entscheiden sein.

Die Mehrbelastung der Reichsbahn durch die Kohlenpreiserhöhung wird mit 0,35% der Gesamtausgaben berechnet. Eine Erhöhung der Tarife ist dadurch nicht gerechtfertigt; dagegen droht eine Steigerung des Eisenpreises.

Die sächsischen Kohlenpreise wurden in die Verhandlung einbezogen; Oberschlesien wird dagegen nicht berührt5.

5

Die Verhandlungen des Reichskohlenrats und des Reichskohlenverbandes über die beantragten Kohlenpreiserhöhungen führten am 3.5.28 zu dem Beschluß, daß das Rheinisch-westfälische Kohlensyndikat seine Kohlenpreise ab 1. 5. in dem Maße erhöhen darf, daß der Durchschnittserlös je Tonne des gesamten Syndikatsabsatzes sich um 1 RM erhöht. Die gleiche Regelung sollte für den niederschlesischen Bergbau gelten. Die Preise des Sächsischen Steinkohlensyndikats wurden um 1,10 RM je Tonne heraufgesetzt (DAZ Nr. 204/206 vom 4.5.28).

Der Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft wies auf die starken Unterschiede zwischen den Inlands- und Auslandspreisen für Eisen sowie auf die Schwierigkeiten hin, die in der Landwirtschaft durch die ungünstige Preisentwicklung nachwachsen werden.

Der Reichsarbeitsminister bedauerte, daß er durch die Haltung der freien Gewerkschaften gehindert worden sei, durch Umgruppierung der Soziallasten des Bergbaues den Schiedsspruch erträglicher zu gestalten6. Die Mehrbelastung des Bergbaues mit sozialen Aufwendungen werde in absehbarer Zeit eine Änderung erforderlich machen.

6

Siehe dazu Dok. Nr. 465, dort bes. Anm. 5.

Der Stellvertreter des Reichskanzlers stellte fest, daß gegen den erstatteten Bericht keine Einwendungen gemacht wurden und daß die Frage, wie weit die Hüttenzechen an der Kohlenpreiserhöhung beteiligt seien, weiter geprüft werden soll.

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