1.31 (str2p): Nr. 145 Aufzeichnung Ministerialrat Kieps betreffend die Mitteilung Geheimrat Hagens über den Plan für eine rheinische Währung. 17. Oktober 1923

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Nr. 145
Aufzeichnung Ministerialrat Kieps betreffend die Mitteilung Geheimrat Hagens über den Plan für eine rheinische Währung. 17. Oktober 1923

Pol.Arch.: NL Stresemann 2611

1

Vgl. Vermächtnis I, S. 177.

Geheimrat Louis Hagen hat in der Reichskanzlei vorgesprochen, um dem Herrn Reichskanzler folgende Mitteilung zu machen:

Bei einer kürzlichen Besprechung, an der auch deutsche Vertreter aus dem besetzten Gebiet teilnahmen, hat General Degoutte als Mittel zur Verbesserung der Wirtschaftslage die Einführung einer neuen Währung vorgeschlagen2. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß er hierbei nur an die Frankenwährung dachte, die bereits in den Regiebahnen eingeführt ist und deren weitere Einführung bei der Eisenbahn französischerseits beabsichtigt ist3.

2

Vgl. zu den frz. Währungsvorstellungen und -maßnahmen in Westdeutschland Dok. Nr. 40, P. 10.

3

S. für die Richtigkeit dieser Annahme Anm. 10 zu Dok. Nr. 176.

Vorgestern fand in der Handelskammer zu Köln eine Zusammenkunft von Vertretern der Gesamtindustrie von Köln und Umgegend statt, wobei Geheimrat Hagen4 als Programm für die nächste Zeit vorschlug: möglichste Zurückhaltung und Fühlungnahme mit der Deutschen Regierung. Am Schluß dieser[617] Zusammenkunft meldete sich eine sehr prominente Persönlichkeit zum Wort und schlug vor, sofort eine eigene rheinische Währung zu schaffen. Der Vorschlag wurde natürlich abgelehnt, aber es war unverkennbar, daß von allen Seiten eine sofortige Lösung der Währungsfrage als erste und dringendste Notwendigkeit empfunden wurde. Die Geldentwertung im besetzten Gebiet ist derart fortgeschritten, daß innerhalb der nächsten 8 Tage mit einem Aufhören der Möglichkeit, in Papiermark zu zahlen, gerechnet werden muß: die Preise steigen derart, daß die Geldmittelbeschaffung nicht mehr mitkommen kann.

4

Hagen war Präsident der Kölner Handelskammer.

Nach vorliegenden Nachrichten ist die Industrie in Düren und Stolberg entschlossen, selbständig aktiv vorzugehen und unmittelbar mit den Belgiern über alles zu verhandeln.

Demgegenüber herrscht zwischen dem Wirtschaftsausschuß5 und den Herren Stinnes, Vögler und Klöckner volles Einverständnis und der Entschluß, in allen Fragen eine gemeinsame Linie zu verfolgen. Die Herren Stinnes, Vögler und Klöckner wollten gestern abend eine erneute Rücksprache mit General Degoutte vereinbaren6.

5

Gemeint ist der Wirtschaftsausschuß für die besetzten Gebiete, der nach der allierten Sanktionsmaßnahme von 1921 eingerichtet worden war (s. K. D. Erdmann, Adenauer in der Rheinlandpolitik, S. 121).

6

S. dazu Dok. Nr. 146. Währungsfragen scheinen in diesem Zusammenhang nicht behandelt worden zu sein.

Am Montagnachmittag sei der gesamte Wirtschaftsausschuß nach Köln zu einer Sitzung einberufen und erwarte hier durch Geheimrat Hagen eine Orientierung über die Richtlinien, die in der nächsten Zeit zu verfolgen seien. Geheimrat Hagen bitte daher dringend um eine entsprechende Orientierung, damit er in der Lage sei, die von ihm geforderten Auskünfte am Montag zu geben7.

7

Am Rande dieses Absatzes von der Hand Kempners: „Am besten Ritter!“ Es läßt sich nicht ersehen, ob die erwünschte Instruierung stattgefunden hat. Ebenso unklar ist, ob die Sitzung des Wirtschaftsausschusses am 23.10.23 abgehalten wurde.

Geheimrat Hagen wohnt im Hotel Adlon, bleibt bis Donnerstagabend hier und steht mit Ausnahme von dem heutigen Spätabend und morgigen Vormittag zur Rücksprache zur Verfügung8.

8

Nach einem Besuch bei der IRKO teilte der im Bankwesen tätige Willy Dreyfuß am 26.10.23 mit, Tirard sei zur Beseitigung der Währungsnot entschlossen, selbständig Notenbank im besetzten Gebiet zu errichten mit einem Kapital von 15–20 Mill. Goldmark. Gedacht sei an die Beteiligung frz. Banken und mit brit. Banken sei Kontakt aufgenommen worden. Die deutschen Banken des unbesetzten Gebiets würden zur Beteiligung aufgefordert werden, doch sehe die IRKO dabei lieber die Disconto- und die Dresdner Bank als Führung als die Deutsche Bank. Eine Zulassung der Rentenmark hielt Dreyfuß für unwahrscheinlich. Der Finanzdezernent der IRKO Guiscard meine, die Sanierung der Währungsverhältnisse im besetzten Gebiet müsse unabhängig von der im übrigen Deutschland stattfinden. Unwahrscheinlich sei eine direkte Anlehnung der Rheinlandwährung an den frz. Franken, da die ins besetzte Gebiet abgeflossenen Francs repatriiert werden sollten (Pol.Arch.: Abt. II: Besetztes Gebiet: Rheinische Währung und Rentenbank). Zum Fortgang s. Dok. Nr. 199 mit Anm. 9; Dok. Nr. 210, Anm. 10; vgl. auch Anm. 51 zu Dok. Nr. 179.

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