1.169.1 (wir2p): [Wirtschaftsfragen]

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Die Kabinette Wirth I und II (1921/22). Band 2Bild 146III-105Bild 183-L40010Plak 002-009-026Plak 002-006-067

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[Wirtschaftsfragen]

Der Reichskanzler bittet Herrn von Raumer, über die Arbeit des zweiten Ausschusses zu berichten1.

1

Bei einer Besprechung der Parteiführer beim RK am 26.10.22 über wirtschaftliche Fragen sind offenbar zwei Ausschüsse eingesetzt worden (siehe Schultheß 1922, S. 134). Ein Protokoll dazu in R 43 I nicht ermittelt; das von ten Hompel aufgezeichnete Protokoll über eine Parteiführerbesprechung vom 26.10.22 beim RK enthält keine Bemerkung über die Einsetzung der genannten Ausschüsse, ten Hompel hat aber im Anhang zu der genannten Aufzeichnung eine Besprechung der Arbeitsgemeinschaft (siehe Dok. Nr. 408 Anm. 3) vom 27.10.22, 17 h aufgezeichnet, in der Erkelenz das Ergebnis der Verhandlungen beim Reichskanzler vom Vortage als Grundlage für die Bildung einer Kommission wie folgt zusammenfaßt:

„zu I [außenpolitische Maßnahmen]: positives Reparationsprogramm mit positiven Umgrenzungen und Anbietungen von Leistungen. Als Gegenforderung Moratorium in Verbindung mit einer äußeren Anleihe (Reparationsanleihe) und einer Bildungsanleihe zur Bindung der im Auslande herumschwimmenden Markbeträge/Zurückziehung der Besatzung/Milderung der Kohlenlieferungen. – zu II [innerpolitische Maßnahmen]: Stabilisierungsmaßnahmen, evt. Goldschatzscheine/Beseitigung des Leerlaufs der Wirtschaft (Steigerung der Arbeitsleistungen) /Herstellung des Gleichgewichts im Haushalt/Reorganisation der öffentlichen Betriebe (Beamtenwirtschaft)/Hebung der Arbeitsleistung/Arbeitslosenversicherung etc/Vereinfachung im Steuerwesen. – Vorstehende Zusammenfassung fand durchweg Zustimmung als Grundlage für die Beratungen der inoffiziellen Kommission im kleinsten Kreise, die, sobald der nötige Resonanzboden vorhanden sei, erweitert werden sollte, später evt. erst unter Hinzuziehung der Regierungsvertreter.“ (Nachlaß ten Hompel /16).

von Raumer: Die Arbeit des Ausschusses sei steckengeblieben wegen der Verhandlung mit der Reparationskommission.

[1164] Marx verliest einen Umdruck, der einige vom Ausschuß gefaßten Beschlüsse enthält.

Fischer: Wie Herr von Raumer schon gesagt hätte, seien die Verhandlungen abgebrochen. Die Kommission will zuerst in sich weiterarbeiten.

Marx: Für die parlamentarische Arbeit sei es wichtig, wenn sich die fünf Parteien über ein Programm geeinigt hätten. Der Ausschuß müsse auch während der Tagung des Parlaments fortgesetzt weiterarbeiten.

Reichskanzler Dies sei durchaus erwünscht, aber hier handele es sich um mehr. Die Regierung müsse sofort eine Erklärung zur Wirtschaftspolitik und Innenpolitik abgeben, wenn die mit der Reparationskommission geführten Verhandlungen eine faktische Bedeutung gewinnen sollten.

Dr. Petersen stimmt dem Reichskanzler zu; es müsse eine zweifelsfreie Erklärung vom Reichskanzler abgegeben werden, hinter der die entsprechende Majorität des Parlaments stehe. Eine entsprechende Kabinettsumbildung oder -ergänzung sei nötig. Er würde es für wünschenswert halten, daß der Zusammentritt des Reichstags so lange unterbliebe, bis die Regierung ihre Erklärung abgeben könne. Das Programm der Demokratischen Partei würde morgen veröffentlicht werden2.

2

Siehe etwa „Das Programm der Demokraten. – Wirtschaftsfreiheit und Mehrarbeit“ in DAZ Nr. 494 vom 11.11.1922.

Reichskanzler Der Reichspräsident habe ihn ersucht, eine Ergänzung des Kabinetts vorzunehmen, wie sie die Wirtschaftslage erfordere. Dies werde er tun. Es handele sich hierbei nicht um die Frage der Großen Koalition, sondern nur darum, die wirtschaftlichen Kräfte zu gewinnen, die für die schwere Lage des Winters und für die Erreichung einer Anleihe nötig seien. Morgen und Sonntag [12.11.22] werde er mit den einzelnen Gruppen deshalb Fühlung nehmen. Die Initiative müsse beim Kanzler und bei der Regierung liegen. Das Außenministerium, das Wiederaufbauministerium und das Ministerium ohne Portefeuille seien unbesetzt, hier seien also Möglichkeiten gegeben.

Müller-Franken: Die Darstellung der Herren von Raumer und Fischer sei richtig. Der Reichstag müsse jetzt zusammentreten, nachdem die Reparationskommission abgefahren sei. Er stimme mit dem Reichskanzler überein, daß die genannten Ministerien zu besetzen seien, aber das Entscheidende sei das gemeinsame Programm.

Reichskanzler Minister Schmidt werde für morgen vormittag den Ausschuß wieder einberufen.

Marx hält es für nötig, daß die Demokraten die Veröffentlichung ihres Programms zurückstellen.

Koch: Dies sei nicht mehr möglich, im übrigen hätten auch die Sozialdemokraten ihr Programm veröffentlicht3.

3

Siehe Erklärung der Sozialdemokratie zum Achtstundentag und zur Währungsfrage (Schultheß 1922, S. 136).

Hierauf wurde die Besprechung geschlossen.

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