2.143 (bau1p): Nr. 141 Entschließung der süddeutschen Regierungen über ausländische Gesandtschaften bei den Ländern, innerdeutsche Gesandtschaften und die Vertretung des Reichs bei den Ländern. Stuttgart, 7. Januar 1920

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Nr. 141
Entschließung der süddeutschen Regierungen über ausländische Gesandtschaften bei den Ländern, innerdeutsche Gesandtschaften und die Vertretung des Reichs bei den Ländern. Stuttgart, 7. Januar 19201

R 43 I /2329 , Bl. 59 Abschrift2

I. Die Vertreter der Regierungen von Bayern, Württemberg, Baden und Hessen sind mit den Darlegungen des Herrn Reichskanzlers zu Ziff. I einverstanden und werden den Versuch machen, dementsprechend zu verfahren.

II. Sie sind, was Ziff. II. anbetrifft, einig in der Auffassung, daß

1. eine starke Vertretung der einzelnen Länder bei der Reichsregierung in Berlin zur Wahrung der Interessen der Länder auf allen Gebieten ein dringendes Bedürfnis ist;

[509] 2. um dies zu erreichen, der stimmführende Vertreter der Länder beim Reichsrat seitens der Reichsregierung als Bevollm[ächtigter] Vertreter des einzelnen Landes anzuerkennen ist, wie das in dem Zirkularschreiben des Reichskanzlers vom 12. Dezember 1919 bereits als Absicht der Reichsregierung erklärt ist;

3. daß das Recht der Länder, Gesandtschaften untereinander zu halten, durch die Reichsverfassung nicht berührt wurde;

4. daß die Länder jedoch bereit sind, auf die Ausübung dieses Rechtes insolange zu verzichten, als die Reichsregierung es ihrerseits unterläßt, dauernde Vertreter in die Länder im Sinne des Schlußsatzes des Zirkularschreibens zu entsenden. Nur in dem Falle, daß die Entente in die Länder diplomatische Vertreter entsenden würde, würden die Länder gegen die Abordnung diplomatischer Vertreter auch des Reichs in die Länder keine Einwendung erheben. Die Entsendung sonstiger dauernder Vertreter in die Länder würde dagegen den Reichsinteressen abträglich sein, von der Bevölkerung der Länder abgelehnt werden und endlich auch mit dem Art. 15 der Reichsverfassung nicht in Einklang gebracht werden können3.

Der Vertreter von Sachsen erklärt seine Zustimmung zu Ziff. I, II, 1–3 und spricht sich gleichfalls gegen die Zulässigkeit der Entsendung der Reichsvertreter in die Länder aus4.

Der Vertreter von Bayern, Ministerpräsident Hoffmann, erklärt, daß er die Zustimmung des Ministerrats und des Landtagsausschusses sich noch vorbehalten müsse5.

Fußnoten

1

Am 7.1.20 diskutierten Vertreter der süddt. Regg. neben der Gesandtschaftsfrage über Ernährungsfragen und die Einheitsstaatsentschließung der PrLV vom 17.12.19 (Protokoll in: Württ. Staatsarchiv Ludwigsburg, E 131, C 5/1). Teilnehmer der Konferenz waren für Bayern: Hoffmann; für Württemberg: Blos, Liesching, Heymann, Hieber, Bolz; für Baden: Geiß, Dietrich, StR Köhler; für Hessen: Ulrich, Fulda. Daneben sind als „Fachleute“ weitere Länderbeamte zugegen. Sachsen ist durch seinen Geschäftsträger in München und Stuttgart, LegSekretär von Dziembowski, vertreten. Zum Gesamtzusammenhang vgl. Enno Eimers: Das Verhältnis von Preußen und Reich in den ersten Jahren der Weimarer Republik. S. 260 ff. sowie Wolfgang Benz: Süddeutschland in der Weimarer Republik. S. 209 ff.

2

Vom württ. StPräs. Blos als Antwort auf das Rundschreiben des RK vom 12.12.19 (Dok. Nr. 130) mit Anschreiben vom 7.1.20 dem RK übersandt.

3

Randvermerk Brechts zu II, 3–4: „Hier wird grundsätzlich der Standpunkt der RReg. festzuhalten sein. Praktisch genügt das Entgegenkommen bis auf weiteres“ (R 43 I /2329 , Bl. 60).

4

Unter dem 9. 2. erhebt der Sächsische MinPräs. Gradnauer beim RK nochmals schwerste Bedenken gegen die Abordnung von Reichsvertretern: Die Sächsische Reg. „befürchtet ernstlich, daß eine solche Einrichtung die vertrauensvolle und gedeihliche Zusammenarbeit von Reich und Ländern, die zu fördern die Sächsische Regierung als eine ihrer wesentlichen Aufgaben erachtet, keineswegs verbessert, sondern in hohem Maße gefährdet“ (R 43 I /2329 , Bl. 78).

5

Der Bayer. MinPräs. teilt dem RK unter dem 10. 1. die Auffassung des bayer. Ministerrats mit, „daß die allgemeine Lage noch nicht ausreichend geklärt ist und insbesondere nicht feststeht, ob die Entente Gesandtschaften in einzelne Länder entsenden wird“. Eine endgültige Stellungnahme bleibe deshalb weiter vorbehalten (R 43 I /2329 , Bl. 67). Der Pr-MinPräs. Hirsch tritt in einem Schreiben vom 29. 1. an die RReg. dem Standpunkt der süddt. Länder, „daß das Recht der deutschen Länder, Gesandtschaften untereinander zu halten, durch die Reichsverfassung nicht berührt wurde“, bei. Er zeigt sich an der Stellungnahme der RReg. zu den Stuttgarter Beschlüssen interessiert: „Es trifft dies insbesondere für den vierten Grundsatz zu […]. Da nun die Fernhaltung diplomatischer Vertreter der Entente in den Hauptstädten der deutschen Länder ein allgemein anerkanntes deutsches Interesse ist, das wohl allen anderen vorzugehen haben wird, so würde hiermit, wenn an dem 4. Grundsatz festgehalten wird, die Entsendung von Reichsvertretern nicht in Frage kommen, und es würde dann eine Lösung der Frage auf der von Preußen schon früher subsidiär in Aussicht genommenen Basis der Beibehaltung der preußischen Gesandtschaften wenigstens in München und Dresden, die dann auf Wunsch auch fernerhin für Zwecke des Reichs zur Verfügung gestellt werden könnten, wieder mehr in den Vordergrund rücken.“ Um kein Vakuum durch die nach den bisherigen Beschlüssen vom 1.4.20 an wirksam werdende Aufhebung der pr. Gesandtschaften eintreten zu lassen, bittet er um eine baldige „Lösung der ganzen Frage“ (R 43 I /2329 , Bl. 72). – Zum Fortgang s. Dok. Nr. 147.

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