1.66 (bru3p): Nr. 580 Aufzeichnung des Staatssekretärs v. Bülow über die Haltung der Französischen Regierung zum Reparationsproblem. 1. Dezember 1931.

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Nr. 580
Aufzeichnung des Staatssekretärs v. Bülow über die Haltung der Französischen Regierung zum Reparationsproblem. 1. Dezember 1931.

Nachl. Pünder, Nr. 92, Bl. 361–362.

Ganz geheim

Die Französische Regierung hat, wie ich erfahre, ihre gegenwärtige Stellungnahme zum Reparationsproblem wie folgt formuliert:

Der Youngplan bleibt aufrecht erhalten, auch in seiner Unterscheidung zwischen aufschiebbarer und unaufschiebbarer Annuität1. Die Französische Regierung wolle nicht leugnen, daß, wie das deutsche Memorandum an die Basler Bank geltend mache2, die gegenwärtige Krise alle Erwartungen übertreffe und für Deutschland Schwierigkeiten hervorgerufen habe, an denen Deutschland allerdings zum großen Teil selbst schuld sei. Es sei zuzugeben, daß der Umfang der Krise eine Abänderung des Youngplans unter Umständen erfordern werde, die jedoch nur im Rahmen einer neuen Regelung der zwischenstaatlichen Verschuldung möglich sei. Eine solche Änderung müsse auf die Krisenzeit beschränkt bleiben. Eine andere Lösung hänge von dem Umfang einer endgültigen Ermäßigung der Forderung der Vereinigten Staaten an die Alliierten ab und müsse sich auf den Umfang dieses Schuldennachlasses beschränken.

Wenn sich aus der Untersuchung der deutschen Lage ergebe, daß ein Aufschub der Zahlungen während der Krisenzeit Deutschland für die Zukunft zu sehr belaste, so könne Frankreich daran denken, Deutschland die während der Krisenzeit aufzuschiebenden Zahlungen ganz oder teilweise zu erlassen. Die diesbezügliche Entscheidung hänge aber grundsätzlich von der Behandlung ab, die die interalliierten Schulden erfahren. Auf jeden Fall sei Frankreich bereit, Deutschland das zu erlassen, was ihm selbst von seinen Gläubigern erlassen werde. Bei der Prüfung der allgemeinen Lage Deutschlands werde der Sonderausschuß die deutsche Verschuldung, insbesondere die kurzfristige, zu berücksichten haben. Die Regelung der Frage der Verschuldung habe aber mit der Regelung der Reparationsfrage an sich nichts zu tun, wenn auch die Verbundenheit der Probleme nicht geleugnet werden könne. Es dürfe auch nicht aus dem Auge verloren werden, daß der Youngplan durch Kommerzialisierung eines Teils der deutschen Reparationsschuld3 diese den privaten Schulden des Reiches gleichgestellt habe. Eine Priorität der privaten[2036] Verschuldung könne Frankreich nicht anerkennen4 und deshalb auch nicht zulassen, daß die Rückzahlung der privaten Schulden die Transfer-Möglichkeiten Deutschlands für eine bestimmte Zahl von Jahren völlig ausschöpfe. Wenn die deutschen Zahlungen nicht ausreichten, um private Schulden und Reparationen zu decken, müßten sich die Gläubiger über die Verteilung der möglichen Zahlungen einigen. Frankreich müsse auf seinen Anteil an den deutschen Zahlungen bestehen, sei aber bereit, Deutschland diese Zahlungen etwa im Wege der Sachleistungen zu erleichtern5.

Bülow

Fußnoten

1

Vgl. hierzu Dok. Nr. 32.

2

Entw. des dt. Memorandums als Anlage zu Dok. Nr. 548.

3

Gemeint ist die internationale Young-Anleihe von 1930: Dok. Nr. 31.

4

Die reparationspolitische Zwischenlösung und den Primat der politischen vor den privaten Schulden hatte Botschafter François-Poncet in einer Unterredung mit StS v. Bülow am 28.11.31 betont (R 43 I /331 , Bl. 245–247; abgedruckt in ADAP, Serie B, Band XIX, Dok. Nr. 85). Vgl. auch Dok. Nr. 540, Anm. 5 und Dok. Nr. 552.

5

Vgl. auch die als „Ganz geheim“ eingestufte Zusammenstellung „Französische Thesen für die bevorstehende Sachverständigenkonferenz in Basel“ vom 5.12.31 (Ungezeichnete Abschrift, vermutlich vom AA, Nachl. Luther  Nr. 338, Bl. 109–111).

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