1.10 (lut2p): Nr. 180 Der Reichskanzler an den Reichspräsidenten. Locarno, 8. Oktober 1925

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Text

RTF

Nr. 180
Der Reichskanzler an den Reichspräsidenten. Locarno, 8. Oktober 1925

R 43 I /472 , Bl. 246 f. Abschrift der Telegrammentzifferung

[Zwischenbericht über den Konferenzverlauf]

Hochverehrter Herr Reichspräsident!

In Ergänzung der Berichte, die täglich an die Reichskanzlei gehen und Ihnen durch Herrn Staatssekretär Meissner zur Kenntnis kommen1, möchte ich nicht verfehlen, Ihnen persönlich über meinen bisherigen Eindruck zu berichten. Dabei ist es selbstverständlich, daß ich mich nur mit äußersten Vorbehalten ausdrücken kann. Etwas formell Endgültiges ist noch nirgends zustande gekommen.[709] Umgekehrt ist in der heutigen Vollsitzung auf eine Bemerkung von französischer Seite hin wieder klargemacht worden, daß auch für die Punkte, die einigermaßen durch die Juristenarbeit erledigt schienen, neue Abänderungsmöglichkeiten gegeben sind. Andere bisherige Ergebnisse sind ausdrücklich als vorläufig bezeichnet worden. Da so alles noch im Fluß ist und wichtigste Fragen überhaupt noch keine Gestalt gewonnen haben, so läßt sich ein irgendwie zutreffender Bericht nicht geben. An dem guten Willen der Engländer, Franzosen und Belgier, zu einem positiven, auch für Deutschland annehmbaren Ergebnis zu kommen, kann dagegen nach allem, was wir beobachten, nicht gezweifelt werden. Die Art der Zusammenarbeit und der gegenseitige Verkehr ist völlig einwandfrei. Der Versuch zur Anknüpfung gesellschaftlicher Beziehungen ist bisher von der anderen Seite nicht gemacht worden. Wir halten uns natürlich ganz zurück. Eine Ausnahme bilden nur die leitenden Persönlichkeiten der verschiedenen Pressestellen, also bei uns der Ministerialdirektor Kiep, die ja auch zur Entwicklung von Beziehungen solcher Art und Ausnutzung der damit gegebenen Erkundungsmöglichkeiten am meisten geeignet sind. Meine heutige Unterredung mit Briand, die in einem kleinen Dorfcafé in Ascona stattfand2, war sehr offenherzig und sehr aufschlußreich, zeigte aber auch die ganze Schwierigkeit der noch zu lösenden Fragen. Irgendeine Prognose über das Endergebnis läßt sich zur Zeit ebensowenig stellen wie über die voraussichtliche Dauer der Erörterungen.

Herrn Stresemanns Gesundheit3 ist völlig wiederhergestellt.

Ich benutze die Gelegenheit, hochverehrter Herr Reichspräsident, um Ihnen für die freundlichen Worte zu danken, die Sie der Reichsregierung und mir aus Anlaß unseres Geburtstagsglückwunsches übersandt haben.

Mit dem Ausdruck aufrichtigster Verehrung bin ich Ihr stets ergebener

Luther

Fußnoten

1

Vgl. Anm. 1 zu Dok. Nr. 183.

2

Diese Unterredung mit Briand fand am 7. 10. statt. S. Dok. Nr. 174.

3

Vgl. Anm. 21 zu Dok. Nr. 172.

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