1.27.3 (wir2p): 3. [Gespräch des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers mit Lloyd George.]

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3. [Gespräch des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers mit Lloyd George.]

Botschaftsrat Dufour verliest die Aufzeichnung, die über die Unterredung[761] des Reichskanzlers und des Reichsaußenministers mit Lloyd George gefertigt worden ist7.

Fußnoten

7

Aufzeichnung hierüber in R 43 I nicht ermittelt; die beiden folgenden Telegramme des RK vom 4.5.22 an den RPräs. persönlich unterrichteten über die Verhandlungen: „Heute früh 11 Uhr bis 1½ Uhr Gespräch mit Ll. George. Wir gingen aus von schwieriger Lage Deutschlands. […] Sagte Ll. George, daß meine Reise nach Berlin wohl heute Abend oder morgen früh notwendig sei. Lage für das deutsche Kabinett aber absolut unerträglich, wenn wir ohne jede Hoffnung nach Berlin gehen, um dort mitbestimmende Faktoren über hiesige Lage zu unterrichten. Ll. George ging zunächst ein auf Notwendigkeit, mit den Russen zur Einigung zu kommen und sprach wiederholt Erwartungen aus, daß von deutscher Seite Notwendigkeit der Einigung bei den Russen entsprechend unterstützt würde. Rathenau wie ich hatten Gelegenheit, uns über Einzelheiten des Memorandums der Westmächte mit Ll. George zu unterhalten, wobei wir auf schwierige einzelne Punkte hinwiesen. Unsererseits betonten wir wiederholt den Willen, die Verständigung zu fördern und unsere Sachverständigen angewiesen auf Einigung hinzuarbeiten.“ – Fortsetzungstelegramm vom 4. 5.: „Letzteres bezieht sich auf Hilferding und seine Beziehungen zu den Russen. Lloyd George betonte mehrmals, daß die Einigung mit den Russen Voraussetzung jeder weiteren Arbeit in Genua sei. Ich möchte ausdrücklich hervorheben, daß während der mehr als zweistündigen Unterhaltung von seiten Lloyd Georges mit keinem Wort mehr auf den deutsch-russischen Vertrag eingegangen wurde. Er hat auch keinerlei Anspielung im Sinne von Vorwürfen erhoben. Wiederholt hat er aber auf die Nützlichkeit deutscher Vermittlungsarbeit hingewiesen. Im Anschluß an unsere Frage bezüglich der Sanktionspolitik, was alte Drohungen und neue Drohungen angeht, Lloyd George hinwies auf Forderungen der Reparationskommission. Ich setzte mehrmals Lage des deutschen Budgets auseinander und betonte nachdrücklichst Unmöglichkeit, 60 Milliarden neue Steuern zu schaffen. Einzelheiten dieser Unterhaltung folgen noch. Ich möchte nur hervorheben, wie wenig Lloyd George eigentlich über Probleme deutscher Finanzen sachlich eingeweiht ist. Ich fragte Lloyd George bestimmt und feierlich, ob er glaube, daß aus der Nichtzahlung 60 Milliarden neuer Steuern freiwillige Verfehlung Deutschlands gefolgert werden und ob irgend jemand einwilligen könne, daß daraus etwa die Franzosen allein das Recht ableiten können über Deutschland herzufallen. Lloyd George will, ehe er mit uns in diese Diskussion eintritt, Rückkehr Barthous abwarten und versprach, nach Rückkehr Barthous und Rücksprache mit ihm uns sofort zur weiteren Aussprache zu sich zu bitten. Letztere Aufforderung war ausdrücklich verknüpft mit der Bitte an mich, zunächst hier zu bleiben und nicht nach Berlin zu fahren. Gesamteindruck der, daß Lloyd George die Russensache auch mit deutscher Hilfe zu Ende bringen will und daß er sehr pessimistisch urteilt, wenn Westmächten diese Einigung nicht glücke. Lloyd George will, wie mir ausdrücklich auch nach Verlassen des Hauses von seinem Privatsekretär nochmals mitgeteilt wurde, Zusammenkunft der Signatarmächte des Versailler Vertrags hier oder in der Umgebung von Genua nach Rückkehr Barthous und aufforderte Rathenau und mich, diese Mitteilung bei Schanzer zur Sprache zu bringen, damit italienische Regierung diese Forderung Englands nachdrücklichst unterstütze.“ (PA, Büro Reichsminister, Genua, 5 h/ 3). Vgl. DAZ Nr. 207 vom 5.5.22.

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