2.36.1 (lut1p): [Reichspräsidentenwahl; Stellvertretung des Reichspräsidenten]

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[Reichspräsidentenwahl; Stellvertretung des Reichspräsidenten]

Es wurde zunächst über den Termin für die Neuwahl des Reichspräsidenten gesprochen.

Nach kurzer Erörterung war sich die Versammlung darüber einig, daß zweckmäßig der erste Wahlgang am Sonntag, dem 29. März, vorzunehmen sei. Für den Fall, daß ein zweiter Wahlgang nötig werden sollte, hielt die Versammlung Sonntag, den 26. April, als zweiten Wahltermin für angebracht. Die Regierung wird einen entsprechenden Antrag dem Reichstage1 so rechtzeitig einreichen, daß derselbe spätestens am Freitag, dem 6. März, eingeht2.

Es wurde sodann über die Stellvertretung des Reichspräsidenten und die damit zusammenhängenden Fragen gesprochen.

Abgeordneter Dittmann (SPD): In der letzten Sitzung des Ältestenrats habe man sich bereits mit dieser Frage befaßt, ohne zu einer endgültigen Stellungnahme zu kommen. Sicherlich werde der Ältestenrat auch in einer späteren Sitzung sich noch mit dieser Angelegenheit befassen.

Reichskanzler Darüber könne wohl kein Zweifel bestehen, daß die Vertretung der Reichspräsidenten ihm solange obliege, bis die Vertretung durch ein Reichsgesetz geregelt sei.

Abgeordneter Dr. Scholz (DVP): Nach seineer Auffassung liege hier ein Fall vor, wo die Verhinderung voraussichtlich nicht längere Zeit dauern werde, so daß ein Reichsgesetz nicht erforderlich sei, und dem Reichskanzler die Vertretung des Reichspräsidenten obliege3.

Abgeordneter Dittmann (SPD): Es könne aus außenpolitischen Gründen erwünscht sein, daß der Reichskanzler und der Reichspräsident verschiedene Personen seien. Er müsse sich vorbehalten, in der Fraktion diese Angelegenheit noch zur Sprache zu bringen.

[138] Abgeordneter Koch (Dem.P.): Die Bestimmung des Art. 51 der RV sei außerordentlich unglücklich. Er habe bereits bei der Beratung des Verfassungsentwurfs in Weimar darauf hingewiesen, daß es besser sei, die Vertretung des Reichspräsidenten dem Reichstagspräsidenten oder dem Reichsgerichtspräsidenten zu übertragen. Er bitte außerdem die Frage zu prüfen, ob es nicht besser sei, einen festen Termin für den Amtsantritt des neu zu wählenden Reichspräsidenten zu schaffen.

Abgeordneter Fehrenbach (Zentrum): Die Frage, ob eine gesetzliche Regelung der Stellvertretung notwendig sei, könne noch nach Vorliegen des Ergebnisses des ersten Wahlgangs geprüft werden. Er müsse jedoch betonen, daß er nur für seine Person spreche.

Abgeordneter Graf Westarp (D.N.): Es sei sicherlich am besten, wenn eine Regelung der Vertretung durch Reichsgesetz nicht vorgenommen werde.

Abgeordneter Erkelenz (DDP): Er befürchte vor allem schlechte außenpolitische Folgen, wenn der Reichskanzler für längere Zeit die Vertretung des Reichspräsidenten übernehme. Gewisse Elemente im Ausland könnten unter Hinweis auf angeblich unsichere verfassungsmäßige Zustände in Deutschland die Räumung der Kölner Zone noch weiter verzögern. Aus diesen Gründen sei es daher nicht wünschenswert, wenn der Reichskanzler für längere Zeit die Vertretung des Reichspräsidenten übernehme. Komme es zu einem zweiten Wahlgange bei der Wahl des Reichspräsidenten, so sei tatsächlich ungefähr mit einer Dauer der Stellvertretung des Reichspräsidenten durch den Reichskanzler von 2½ Monaten zu rechnen.

Der Reichskanzler erklärte abschließend, daß er diese Angelegenheit lediglich heute zur allgemeinen Information mit den Parteiführern habe besprechen wollen und daß er sich vorbehalte, auf diese Frage noch zurückzukommen4.

Fußnoten

1

Nach § 2 des Gesetzes über die Wahl des RPräs. vom 6.3.24 bestimmt der RT den Wahltermin (RGBl. I, S. 168 ).

2

Mit Schreiben vom 3.3.25 an den RT-Präs. beantragt der RIM eine Beschlußfassung des RT über den 29.3.25 als Wahltag des ersten Wahlganges. Er ersucht ferner, einen Eventualbeschluß über den Termin des zweiten Wahlganges zu fassen, für den er den 26. 4. vorschlägt (R 43 I /584 , Bl. 8; s. auch RT-Drucks. Nr. 608, Bd. 399 ). Die zustimmende Beschlußfassung des RT erfolgt am 9.3.25 (RT-Bd. 384, S. 939 ).

3

Art. 51 der RV (Abs. 1 Satz 2) bestimmt, daß die Vertretung des RPräs. durch ein Reichsgesetz zu regeln sei, wenn der RPräs. für „voraussichtlich längere Zeit“ an der Ausübung der Amtsgeschäfte verhindert ist.

4

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 41, P. 3 b.

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