1.95.4 (ma12p): 4. Entwurf für eine an die französische Regierung zu sendende Note wegen der 26%igen Abgabe.

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4. Entwurf für eine an die französische Regierung zu sendende Note wegen der 26%igen Abgabe.

Der Reichsminister der Finanzen Es handele sich um den französischen Beschluß, die Reparationsabgabe in Höhe von 26% nach dem Vorbild der englischen Reparationsabgabe einzuführen5. Der Grund, weshalb England die Reparationsabgabe eingeführt habe6, sei klar. Für absehbare Zeit seien für England die Einnahmen aus der Reparationsabgabe der einzige Weg, um zu einem Anteil an den deutschen Reparationsleistungen zu kommen. Für Frankreich sei die Sachlage insofern jedoch ganz anders, als gerade Frankreich durch die Sicherung erheblicher Sachlieferungen, insbesondere von Kohle und Koks, seinen Anteil an den Reparationsleistungen sich verschaffen könne. Dem Vernehmen nach wolle auch Belgien die Abgabe einführen. Wahrscheinlich handele es sich um Kämpfe der Alliierten untereinander, die auf unserem Rücken ausgetragen würden.

[1068] Die Abgabe werfe den Transfer-Gedanken über den Haufen. Die rechtliche Seite der Angelegenheit sei nicht ganz klar. Für die Übergangszeit7 könnten die Franzosen offenbar die Abgabe verlangen. Es werde auf die französische Anfrage, ob wir bei der Erhebung der französischen Reparationsabgabe mitwirken wollten, im positiven Sinne geantwortet werden müssen. Für alle Zukunft werde man jedoch zu einer Mitwirkung sich nicht bereit erklären können. Er habe erfahren, daß auch Young sich stark gegen den französischen Beschluß ausgesprochen habe. In wirtschaftlicher Beziehung bedeute der französische Beschluß auf Einführung der Reparationsabgabe wahrscheinlich nichts anderes als einen Druck auf die Handelsvertragsverhandlungen.

Staatssekretär Trendelenburg: Es genüge, die Mitwirkung der deutschen Regierung für die Übergangszeit zuzusagen und sich für später geeignete Schritte vorzubehalten.

Der Reichsminister des Auswärtigen Der französische Beschluß berühre in erster Linie die Frage der Übertragung von Reparationszahlungen. In der an Frankreich zu sendenden Note müsse man daher den Vorschlag machen, es solle ein Gutachten des Reparationsagenten über die ganze Angelegenheit eingeholt werden.

Das Kabinett erklärte sich mit dieser Auffassung einverstanden. Der Text der an Frankreich zu richtenden Note soll im übrigen den beteiligten Ressorts überlassen bleiben8.

Fußnoten

5

Mit Note vom 20. 9. an die RReg. hatte die frz. Reg. mitgeteilt, daß die dt. Ausfuhr nach Frankreich ab 1. 10. mit einer 26%igen Reparationsabgabe nach dem Vorbild der engl. Reparationsabgabe belastet werde. Diese Maßnahme soll, wie es in der Note heißt, die Anwendung des Dawes-Plans und der Londoner Abmachungen erleichtern und der frz. Reg. einen angemessenen Anteil an den dt. Reparationsleistungen sichern. Die RReg. wird gebeten, den dt. Exporteuren den Gegenwert der Reparationsabgabe zu erstatten (frz. Note und ergänzende Materialien in R 2 /2391 , Bl. 92f).

Mit Schreiben vom 24. 9. an die Rkei hatte der RFM den Entwurf einer Antwortnote an die frz. Reg. als Kabinettsvorlage übersandt (R 43 I /273 , Bl. 284-288).

6

Zur engl. Reparationsabgabe vgl. zuletzt Dok. Nr. 279, Anm. 3.

7

Zum Begriff der „Übergangszeit“ vgl. Art. 4 in Anlage III zum Londoner Schlußprotokoll vom 16.8.24 (RGBl. II, S. 337  ff.); vgl. auch Dok. Nr. 283, Abschn. III, 2.

8

In ihrer Note an die frz. Reg. vom 26. 9. erklärt sich die RReg. bereit, während der Übergangszeit bei der Erhebung der frz. Reparationsabgabe mitzuwirken, wenn sie vom Reparationsagenten die Zusicherung erhalte, daß er ihr den Ertrag der Abgabe anrechnen und die Auslagen für die Entschädigung der Exporteure vergüten werde. Die RReg. stehe jedoch grundsätzlich auf dem Standpunkt, daß das Sachverständigen-Gutachten nur Großbritannien, das in der Frage der Sachlieferungen eine Ausnahmestellung einnehme, das Recht auf Erhebung einer Reparationsabgabe einräume. Die schematische Vorwegnahme von 26% des Wertes der dt. Ausfuhr bedeute eine Durchbrechung der Transferbestimmungen des Dawes-Gutachtens, insofern dadurch die im Gutachten vorgesehene Mitwirkung des Transferkomitees bei der Übertragung der dt. Reparationsleistungen ausgeschaltet werde. „Damit wird die Abgabe zu einer reinen und unkontrollierten Devisenzahlung mit allen nachteiligen Folgen für die dt. Zahlungsbilanz und damit für die dt. Währung.“ Abgesehen davon bedeute die Einführung der Reparationsabgabe durch weitere all. Staaten auch „eine unerträgliche Sonderbelastung und Diskriminierung des dt. Handels“. Die RReg. schlägt vor, vor weiteren Verhandlungen über die Frage der Exportabgabe ein Gutachten des Transferkomitees einzuholen. – Darauf erklärt die frz. Reg. in ihrer Antwortnote vom 30. 9., daß die von ihr erhobene Abgabe durchaus mit dem Geist des Dawes-Gutachtens und der Londoner Abmachungen übereinstimme; nach ihrer Überzeugung werde die Reparationsabgabe keine schädlichen Auswirkungen auf die dt. Wirtschaft haben (Notenwechsel in R 2 /2391 , Bl. 105f, 161f; abgedr. in DAZ Nr. 455 vom 26. 9., Nr. 463 vom 1. 10.; Inhaltsangabe in Schultheß 1924, S. 243 f.). S. hierzu weiter Dok. Nr. 344, P. 5.

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