2.42.1 (ma31p): 1. Deutsch-französischer Handelsvertrag.

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1. Deutsch-französischer Handelsvertrag.

Ministerialdirektor Ritter berichtete über die Verhandlungslage. Die Franzosen hätten erklärt, daß für sie der Abschluß eines Provisoriums ohne die Einräumung eines meistbegünstigten Weinkontingents nicht möglich sei1.

Der Reichsminister des Auswärtigen berichtete über einen Besuch des französischen Botschafters de Margerie. Aus dessen Mitteilungen habe er entnehmen müssen, daß sich einerseits die Französische Regierung klar darüber sei, daß ein deutsches Entgegenkommen in Wein teuer bezahlt werden müsse, daß sie auf der anderen Seite aber glaube, dieses Entgegenkommen könne durch politische Versprechungen bezahlt werden. Er sei der Meinung, daß davon keine Rede sein könne. Wenn man überhaupt zu Zugeständnissen in Wein komme, so könnten diese nur durch Zugeständnisse auf wirtschaftlichem Gebiete ausgeglichen werden. Die insbesondere von der Gegenseite angeregte Verbindung der Weinkonzessionsfrage mit der Frage der Truppenverminderung käme seiner Meinung nach gar nicht in Betracht2.

Der Reichskanzler stellte daraufhin fest, daß das Kabinett der gleichen Meinung sei.

Der Reichsminister für Ernährung u. Landwirtschaft bat, den französischen Wünschen ein glattes Nein entgegenzuhalten. Ein etwaiges Scheitern der Verhandlungen sei nicht die Schuld der Deutschen Regierung.

Der Reichswirtschaftsminister wiederholte seinen bereits früher gekennzeichneten Standpunkt, nach dem er es grundsätzlich für richtig hält, das Kontingent zu gewähren, da damit wahrscheinlich die Haltung der Französischen Regierung bei dem Abschluß des Definitivums vorbestimmt würde.

Ministerialdirektor Ritter machte einen Vermittlungsvorschlag dahingehend, daß Deutschland Frankreich ein meistbegünstigtes Weinkontingent von 100 000 dz einräume, Frankreich dafür auf alle Konzessionen für Weintrauben und Blumen verzichte.

Der Reichsarbeitsminister regte an, eine Verbindung der Weinkonzession mit der Frankstabilisierung herzustellen.

[98] Der Reichsminister d. Auswärtigen hielt dies für unmöglich. Er bat um Mitteilung, wie sich ein derartiges Kontingent in den Preisen auswirken würde.

Der Reichsminister für Ernährung u. Landwirtschaft und Min.Rat Streil brachten zum Ausdruck, daß daraus ein erheblicher Preissturz für deutsche Weine resultieren werde.

Der Reichsminister d. Auswärtigen empfahl darauf, folgenden Beschluß zu fassen:

Ministerialdirektor Posse wird den französischen Unterhändlern erklären, daß er nicht in der Lage sei, der Deutschen Regierung die von Frankreich gewünschten Weinkonzessionen zu empfehlen. Er halte, nachdem Deutschland bereits auf den verschiedensten Gebieten nachgegeben hätte, ein Hinzutreten eines Weinkontingents zu diesen Konzessionen für ausgeschlossen. Bevor weitere Erklärungen abgegeben werden könnten, sei es notwendig, daß zunächst einmal Frankreich erkennen lasse, zu welchen Verzichten es gegenüber den bereits angebotenen Konzessionen seinerseits bereit sei. Außerdem solle Frankreich erklären, an welche politischen Konzessionen größerer Art es bei seinen Anregungen gedacht habe.

Er (Stresemann) stelle sich vor, daß man dann bei genügender Antwort ein kleines Weinkontingent anbieten könne mit dem Hinzufügen, daß Deutschland bereit sei, dies zu erhöhen, falls der Franc stabilisiert werde. Weiter zu gehen halte er schon im gegenwärtigen Augenblick für unmöglich, weil er annehme, daß der Botschafter de Margerie über sein Gespräch mit ihm nach Paris berichtet habe und die Antwort darauf zunächst abgewartet werden müsse.

Das Kabinett erklärte sich mit diesem Vorgehen einverstanden3.

Fußnoten

1

Siehe ADAP, Serie B, Bd. I,1, Dok. Nr. 257.

2

Siehe dazu auch ADAP, a.a.O., Dok. Nr. 258.

3

Zum weiteren Verlauf der Verhandlungen über einen provisorischen Handelsvertrag siehe ADAP, Serie B, Bd. I,1, Dok. Nr. 260, 262, 267; Bd. I,2, Dok. Nr. 8, 10. – Am 5.8.26 wurde ein vorläufiges Handelsabkommen in Paris unterzeichnet und durch VO der RReg. vom 14.8.26 für die Dauer von drei Monaten in Kraft gesetzt (RGBl. II, S. 435 ; Vertragstext und amtliche Denkschrift auch in RT-Bd. 410 , Drucks. Nr. 2615 ). Durch Gesetz vom 19.11.26 wurde die Geltung des Abkommens für drei weitere Monate verlängert (RGBl. II, S. 629 ). Zum Inhalt des Abkommens vgl. Strücker, Die deutsch-französischen Handelsvertragsverhandlungen von staatlicher und privater Seite von 1918 bis Juni 1927, S. 44 ff.

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