1.59.1 (ma32p): [Anlage]

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Die Kabinette Marx III und IVDas Kabinett Marx IV Bild 146-2004-0143Chamberlain, Vandervelde, Briand und Stresemann Bild 102-08491Stresemann an den Völkerbund Bild 102-03141Groener und Geßler Bild 102-05351

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Text

RTF

[Anlage]

[Erklärung des Vertreters des Reichsbank-Direktoriums in der Sitzung der Beratungsstelle für Auslandskredite am 20. September 1927.]

Nach Auffassung des Reichsbankdirektoriums sind die Richtlinien der Beratungsstelle7 nicht mehr ausreichend, um Auslandsanleihen, die vom Standpunkt der Währung und vom Standpunkt der Volkswirtschaft unerwünscht sind, fernzuhalten. Im allgemeinen werden als Verwendungszwecke für Auslandsanleihen seitens der Kommunen pp. der Beratungsstelle nur noch solche[931] Projekte unterbreitet, die die Beratungsstelle nach ihren Richtlinien kaum oder nur schwer abweisen kann. Auf der anderen Seite finden die regulären Einnahmen öffentlicher Körperschaften vielfach für Zwecke Verwendung, die vom Währungsstandpunkte aus und vom Standpunkte unserer wirtschaftlichen und politischen Situation nicht zu vertreten sind. Angesichts dieser Entwicklung übernehmen die Stellen, auf deren Anregung die Beratungsstelle eingerichtet worden ist, eine Verantwortung, die nach Lage der Dinge nicht mehr getragen werden kann. Obwohl nämlich die Beratungsstelle im Einzelfalle in der Regel nicht in der Lage ist, die Finanzgebarung der Kommunen pp. auf Grund der ihr vorgelegten Unterlagen zu beurteilen, wird durch ihr Votum im Auslande leicht der Eindruck erweckt, daß die in der Beratungsstelle vertretenen Stellen8 die Finanzgebarung der anleihesuchenden öffentlichen Körperschaften auf Grund eingehender Untersuchungen gebilligt haben und daß vom Standpunkt der Währung und Wirtschaft keinerlei Bedenken gegen diese ständig wachsende Aufnahme von Auslandsgeld bestehen.

Aus diesen Gründen und, nachdem die Auslandsverschuldung Deutschlands ein Ausmaß angenommen hat, das nach Ansicht der Reichsbank das für die Währung erträgliche Höchstmaß zur Zeit erreicht hat, ist ihres Erachtens eine beschleunigte Änderung in der behördlichen Mitwirkung bei der Aufnahme von Auslandsanleihen öffentlicher Körperschaften dringend geboten. Das Reichsbankdirektorium hat bereits am 15. August ds. Js. ein Schreiben an den Herrn Reichskanzler gerichtet9, worin angesichts des außerordentlichen Ernstes der Gesamtlage gebeten worden ist, Entschließungen über die künftig zu befolgende Wirtschafts- und Finanzpolitik der beteiligten Stellen zu fassen. Dazu gehört in erster Linie Abbremsen der Auslandsanleihen, sparsamste öffentliche Wirtschaft und einheitliche Verwaltung der öffentlichen Gelder. Da die beantragte Besprechung im Reichskabinett über den gesamten Fragenkomplex bisher nicht stattgefunden hat, beantrage ich namens des Reichsbankdirektoriums unter Berufung auf „C“ der Richtlinien Satz 310, die Beratung sämtlicher vorliegender Anträge so lange auszusetzen, bis die Entscheidung des Reichskabinetts über die vorerwähnte Frage, Abbremsen der Auslandsanleihen, gefallen ist.

Ich möchte dabei ausdrücklich betonen, daß mit diesem Antrage seitens des Reichsbankdirektoriums nicht eine Kritik an der Tätigkeit der Beratungsstelle, die nach seiner Auffassung im Rahmen ihrer Kompetenzen Hervorragendes geleistet hat, vorgenommen werden soll.

Fußnoten

7

Die geltende Fassung der „Richtlinien über die Aufnahme von Auslandskrediten durch Länder, Gemeinden und Gemeindeverbände“, die die Grundlage für die Tätigkeit der Beratungsstelle für Auslandskredite bildete, ist abgedruckt als Anlage IV zur „Denkschrift über das Arbeitsgebiet und die Tätigkeit der Beratungsstelle für Auslandskredite vom 1. Januar 1925 bis zum 30. September 1926“, Reichsdruckerei, Berlin 1926; auch: RT-Bd. 413 , Drucks. Nr. 2897 .

8

Die Beratungsstelle für Auslandskredite setzte sich zusammen aus einem Sachverständigen des RFMin. als Vorsitzenden, einem Sachverständigen des RWiMin., einem Sachverständigen des Rbk-Direktoriums, dem Präsidenten der Pr. Staatsbank, dem Präsidenten der Bayer. Staatsbank sowie einem Vertreter des das Gutachten der Beratungsstelle einholenden Landes.

9

Siehe oben Anm. 1.

10

Abschnitt C Satz 3 der Richtlinien (Anm. 7) lautete: „Bei einer Prüfung der Frage der Dringlichkeit ist zu berücksichtigen, ob der Gesamtbetrag der befürworteten Auslandsanleihen oder die Zahl der vorliegenden Anträge eine Höhe erreicht hat, die im Interesse der Währung oder der zu erzielenden Anleihebedingungen zunächst nicht überschritten werden darf.“

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