2.130 (lut1p): Nr. 130 Aufzeichnung des Oberregierungsrats Grävell über eine Besprechung mit Parteiführern zur Zolltarifnovelle am 20. Juli 1925

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Nr. 130
Aufzeichnung des Oberregierungsrats Grävell über eine Besprechung mit Parteiführern zur Zolltarifnovelle am 20. Juli 1925

R 43 I /2418 , Bl. 221

In der unter Vorsitz der Regierung abgehaltenen interfraktionellen Besprechung am Montag, dem 20. Juli, vormittags 10 Uhr wurde als Teil der erstrebten Gesamtübereinstimmung Übereinstimmung über folgende Punkte der Zollvorlage1 erzielt:

1.

Das Gesetz über Zolländerung tritt am 31. Juli 1927 außer Kraft.

2.

Die Reichsregierung wird ermächtigt, den Tag des Inkrafttretens des Gesetzes zu bestimmen. Das Gesetz soll nicht nach dem 1. Oktober 1925 in Kraft treten. Wichtige landwirtschaftliche Zölle (Getreide-, Mehl-, Viehzölle) sind am 15. August oder spätestens zwei Wochen nach Verabschiedung der Vorlage2 in Kraft zu setzen.

3.

Die Reichsregierung wird ferner ermächtigt, im Falle eines dringenden wirtschaftlichen Bedürfnisses mit Zustimmung des Reichsrats und eines Ausschusses des Reichstags die Zölle des allgemeinen Tarifs zu ändern.

4.

Im besonderen wird schon jetzt durch das vorliegende Gesetz die Reichsregierung ermächtigt, mit Wirkung bis zum 31. März 1926 (?)3 folgende Zölle zu erheben (die autonomen Zölle4 der Regierungsvorlage treten für diese Zeit außer Kraft):

Roggen

3 M

Weizen

3,50 M

Gerste

3 M

[…]

Die Parteien und die Reichsregierung sind sich darüber einig, daß diese Zollermäßigungen über den 31. März 1926 hinaus verlängert werden, falls bis zu diesem Zeitpunkt Handelsverträge, in denen die obengenannten Zollsätze als Vertragssätze festgelegt sind, nicht abgeschlossen und in Kraft getreten sind. Die Parteien und die Reichsregierung sind sich ferner darüber einig, daß, wenn solche Handelsverträge in Kraft getreten sind, die genannten Zollsätze autonom bis zu den in der Regierungsvorlage aufgeführten Sätzen erhöht werden können.

5.

[449]Die Mindestzölle für Getreide fallen weg.

6.

Es werden Mindestzölle für lebendes Rindvieh und lebende Schafe in Höhe von 13 M, für lebende Schweine in Höhe von 14,50 M eingeführt.

7.

Der autonome Zollsatz für Gefrierfleisch beträgt 45 M. Die Reichsregierung wird ermächtigt, Gefrierfleisch im Rahmen der bisherigen Einfuhrmengen zollfrei zu lassen, sofern dies zur Abgabe an Kommunen bestimmt ist, die sich verpflichten, das Gefrierfleisch zum Selbstkostenpreis oder mit einem mäßigen Aufschlag den minderbemittelten Schichten der Bevölkerung unter Bedingungen zuzuführen, die einen Mißbrauch der Vergünstigung ausschließen.

Die Reichsregierung hat die Erklärung abgegeben, bei Handelsverträgen für Gefrierfleisch nicht unter 35 M herabzugehen.

8.

Es besteht Einverständnis zwischen der Regierung und den Parteien, daß von den eingehenden Lebensmittelzöllen 40 Millionen M für Zwecke der Invalidenversicherung in den ordentlichen Haushalt bei den fortdauernden Ausgaben eingestellt werden5.

Gr[ävell] 20. 7.

Fußnoten

1

S. Anm. 2 zu Dok. Nr. 102.

2

Die Verabschiedung durch den RT erfolgt am 12.8.25, s. RT-Bd. 387, S. 4400 .

3

Im Entwurf der RReg. (RT-Drucks. Nr. 1036, Bd. 401 ) und in der Endfassung des Gesetzes über Zolländerungen (RGBl. 1925 I, S. 261 ): 31.7.26.

4

S. dazu Anm. 7 zu Dok. Nr. 106.

5

Gemäß § 7 der Endfassung des Gesetzes über Zolländerungen (s. Anm. 3) werden über den genannten Betrag hinaus 10 Mio RM aus den eingehenden Lebensmittelzöllen zur Gewährung von Wohlfahrtsrenten freigegeben. Mit diesen Maßnahmen kommt die RReg. einer Anregung nach, die Vertreter des Dt. Gewerkschaftsbundes dem RK am 28. 5. unterbreitet hatten (s. Anm. 9 zu Dok. Nr. 63).

Zur weiteren parlamentarischen Behandlung der Zollvorlage s. Dok. Nr. 142, P. a.

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