1.46.1 (ma12p): 1. Aufwertungsausschuß.

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1. Aufwertungsausschuß.

Der Reichsminister der Finanzen legte die Schwierigkeiten dar, welche eine Aufnahme der Tätigkeit des Aufwertungsausschusses bedingten1. Die zu[906] treffenden Entscheidungen müßten mit größter Beschleunigung erfolgen, da andernfalls eine spekulative Auswertung der Verhandlungen im höchsten Maße zu befürchten sei. Andererseits sei es bei der gegenwärtigen Geschäftslage, insbesondere mit Rücksicht auf die Londoner Konferenz, für die zuständigen Minister schlechterdings ausgeschlossen, sich in dem Umfange dem Ausschuß zur Verfügung zu stellen, der im Hinblick auf die Wichtigkeit der Frage notwendig sei.

Er schlage daher vor, daß der Ausschuß sich zunächst darauf beschränke, formulierte Fragen zu stellen, welche die Regierung sich bemühen werde, unter Beibringung des erforderlichen umfangreichen Materials zu beantworten.

Die Regierung wolle der Stellungnahme der Parteien nicht vorgreifen, sie erstrebe nur die Vermeidung einer verlängerten Unruhe in der Bevölkerung und einer unmöglichen Arbeitsbelastung der zuständigen Minister.

Der Abgeordnete Hergt führte aus, daß er hinsichtlich der Notwendigkeit einer beschleunigten Behandlung der Angelegenheit dem Reichsminister der Finanzen zustimme, daß aber im übrigen seine Partei nicht darauf verzichten könne, positive Anträge zu stellen. Die D.N.P. liege in der Aufwertungsfrage materiell fest und könne sich daher auf keine Scheinverhandlungen einlassen. Sie habe gehofft und bereits früher vorgeschlagen, daß die Regierung die Initiative ergreife. Dies sei jedoch nicht geschehen. Insoweit könne er also dem Vorschlage des Reichsministers der Finanzen nicht folgen.

Er schlage vielmehr vor, daß der Ausschuß zunächst versuche, in den großen Grundlinien zu einer Einigung zu gelangen, und daß dann die Details der Ausarbeitung eines Gesetzentwurfes einem Unterausschuß übertragen werden.

Der Abgeordnete Müller-Franken erklärte, daß auch nach seiner Auffassung der Weg des Reichsministers der Finanzen nicht weiterführe. Er sei ebenfalls für einen Unterausschuß, der wenigstens den Versuch machen müsse, zu positiven Ergebnissen zu gelangen.

Der Reichskanzler stellte fest, daß die Bedenken der Reichsregierung, zum mindesten was die Beunruhigung der Öffentlichkeit anbelange, nicht widerlegt seien. Die Frage der Vertraulichkeit sei von größter Bedeutung.

Der Abgeordnete Leicht äußerte die Auffassung, daß für Wahrung der Vertraulichkeit wohl kaum eine Gewähr gegeben sei. Er glaube wohl, daß der Weg eines Unterausschusses beschritten werden könne und müsse. Der Unterausschuß müsse jedoch über die erforderlichen Unterlagen verfügen, um zu prüfen, welche Folgen eine etwaige Aufwertung für Reich, Länder und Gemeinden haben würde.

Der Abgeordnete Zapf führte aus, daß auch er hinsichtlich der Frage der Vertraulichkeit sehr pessimistisch denke. Im übrigen sei die Lage beim Ausschuß wie beim Unterausschuß die gleiche, und die Beunruhigung in der Bevölkerung werde erst schwinden, wenn bestimmte Erklärungen zur Frage der[907] Aufwertung von der Reichsregierung abgegeben seien. Dies sei jedoch unmöglich, bis die Ergebnisse der Londoner Konferenz vorlägen. Er empfehle daher, daß der Ausschuß zunächst zusammentrete und die Regierung um Vorlage des erforderlichen Materials bitte. Die Beschaffung desselben würde mindestens 2–3 Wochen in Anspruch nehmen. so daß erst nach Vorliegen der Ergebnisse der Londoner Konferenz in Frage kommen werde, positive Anträge zu stellen.

Der Abgeordnete Emminger pflichtete dem Vorredner bei, es müsse erst das Ergebnis von London abgewartet werden. Im übrigen sei das Material, wie er selber aus seiner Ministerzeit wisse2, von außerordentlichem Umfange, und es sei schon aus diesem Grunde unmöglich, in den wenigen vor dem Auseinandergehen des Reichstages zur Verfügung stehenden Tagen es auch nur annähernd zu bewältigen. Zur Wahrung der Vertraulichkeit sei es am zweckmäßigsten, den gleichen Weg einzuschlagen wie bei der Beratung der dritten Steuernotverordnung, d. h. einen interfraktionellen Ausschuß aus den Parteiführern zu bilden.

Der Reichskanzler wies darauf hin, wie langwierige Verhandlungen zur Verarbeitung dieses umfangreichen Materials erforderlich sein würden.

Der Abgeordnete Koch führte aus, daß das Ziel sei, zu vermeiden 1. eine Beunruhigung der öffentlichen Meinung und Vorschubleistung der Spekulation, 2. eine unnötige Inanspruchnahme der Regierung. Er stimme daher dem Vorschlage des Reichsministers der Finanzen zu. Der Ausschuß müsse am Donnerstag [24. 7.] zusammentreten und die Prüfung des Materials einem Unterausschuß übertragen, der mindestens eine Woche damit beschäftigt sein werde.

Der Abgeordnete Hergt führte aus, daß gerade eine so langwierige Materialprüfung die Beunruhigung und Mißstimmung in der Bevölkerung zu fördern geeignet sei. Dies würde zu einer für die Regierung untragbaren Lage führen. Seine Fraktion sei wohl in der Lage, sofort positive Anträge zu stellen, und müsse sich nach dieser Richtung hin alle Freiheit vorbehalten.

Der Reichsminister der Finanzen wies darauf hin, daß in den Vereinigten Staaten von Amerika der Kampf um die Aufwertungsfrage nach dem Sezessionskriege 22 Jahre lang gedauert habe. Im übrigen sei die Materie so wichtig, daß nur die Minister selber in dem Ausschuß mitarbeiten könnten, wozu sie jedoch im Augenblick nicht in der Lage seien. Er wiederhole daher seinen Vorschlag, einen Unterausschuß mit der Sammlung des Materials und Vorbereitung der Beschlußfassung zu betrauen.

Der Abgeordnete Spahn stimmte dem Vorschlage des Reichsministers der Finanzen zu3.

Fußnoten

1

Am 28. 6. hatte der RT die ihm vorliegenden Anträge auf Neuregelung der Aufwertung einem neugebildeten Ausschuß für Aufwertungsfragen überwiesen (vgl. Dok. Nr. 235, Anm. 13). Das Kabinett beschloß am 21. 7., den Parteienvertretern den Wunsch der RReg. mitzuteilen, „daß der neue Ausschuß für Aufwertung zunächst nicht zusammentreten dürfe. Vor Regelung der Durchführung des Sachverständigen-Gutachtens sei es der RReg. nicht möglich, die Aufwertungsfrage zu bearbeiten.“ (Dok. Nr. 257, P. 3 letzter Absatz).

2

Als RJM im I. Kabinett Marx war Emminger an den Vorarbeiten für die Aufwertungsregelung in der 3. SteuerNotVO maßgeblich beteiligt.

3

S. des weiteren Dok. Nr. 263, P. 3.

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