2.58.1 (feh1p): Waffen- und Munitionstransporte.

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   Das Kabinett Fehrenbach  Konstantin Fehrenbach Bild 183-R18733Paul Tirard und General Guillaumat Bild 102-01626AOppeln 1921 Bild 146-1985-010-10Bild 119-2303-0019

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Waffen- und Munitionstransporte2.

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Es handelt sich hier um die Fortsetzung der Beratungen vom 23. 8. über die gleiche Angelegenheit; s. dazu Dok. Nr. 54, P. 3.

Der Herr Reichskanzler teilt mit, daß an einzelnen Stellen grundsätzliche Bedenken gegen die Kontrollkommissionen erhoben worden seien, deren Einsetzung in den bisherigen Verhandlungen in dieser Frage beschlossen gewesen sei. Es seien ferner Zweifel entstanden, an welchen Stellen derartige Kommissionen eingesetzt werden könnten3.

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Diese Kontrollkommissionen waren in der Abendsitzung des 23. 8. beschlossen worden; s. dazu Dok. Nr. 54, Anm. 14.

General v. Seeckt: In mehreren Fällen seien Militärtransporte durch Arbeiter, in einzelnen Fällen auch durch Behörden behindert worden. Wenn derartige Störungen militärischer Transporte weiter geübt würden, so sei jeder Schutz nach außen und innen unmöglich. Er habe die Überzeugung, daß mit diesem Vorgehen die Wehrlosmachung des Reichs für den inneren Kampf planmäßig vorbereitet würde. Die Wehrmacht müsse darauf bestehen, daß gesetzmäßige Zustände wieder hergestellt würden.

Das Reichswehrministerium sei bereit, dem Entwaffnungskommissar von allen Transporten rechtzeitig Mitteilung zu machen; aber es müsse auch die Sicherheit haben, daß der Transport dann auch wirklich erfolge. Eine Kontrolle[143] der Arbeiterschaft im Wehrministerium darüber, welche Transporte erfolgten, könne unter keinen Umständen geduldet werden.

Reichskommissar Dr. Peters weist auf die großen Schwierigkeiten hin, die sich ergeben würden, wenn die gemachten Zusagen jetzt zurückgezogen würden. Es würde dann eine wilde Kontrolle einsetzen, die die schlimmsten Folgen haben würde.

Herr Reichskanzler Bei der früheren Besprechung dieser Angelegenheit sei das Kabinett sich darüber klar gewesen, daß man um eine Mitwirkung der Arbeiterschaft in der Frage der Transporte nicht herumkäme. Seines Erachtens hätten sich die Vereinbarungen, die in der Abendverhandlung mit den Arbeitervertretern stattgefunden hätten, im Rahmen der Beschlüsse des Kabinetts gehalten. Den Arbeitern sei darum zu tun gewesen, Waffenverschiebungen im Reich zu verhindern. Sie hätten ferner zu erkennen gegeben, daß sie an den ehrlichen Absichten der Regierung in dieser Frage nicht zweifelten, daß aber ihre Mitwirkung notwendig sei, um das Mißtrauen der Arbeiter zu beseitigen. Sie hätten ihr Einverständnis erklärt, alle Transporte der Entente und [solche] zu Verschrottungszwecken laufen zu lassen.

Zu erwägen sei, ob die vorgesehene Mitwirkung der Arbeiterschaft mit dem Amt des Entwaffnungskommissars in irgendeiner Weise verbunden werden könne.

Reichswehrminister Dr. Geßler: Gegen die Einsetzung derartiger Kontrollkommissionen im Wehrministerium habe er die schwersten Bedenken grundsätzlicher Art. Wohin man hiermit komme, sehe man aus einem neulichen Artikel der „Freiheit“, in welchem die Einsetzung derartiger Kommissionen auch für das Post- und Finanzministerium gefordert sei. Er bäte, die Kontrollkommissionen beim Entwaffnungskommissar zu organisieren.

Reichsminister der Justiz Dr. Heinze stimmt den Ausführungen des Generals v. Seeckt zu und betont, daß auch eine beim Entwaffnungskommissar zu errichtende Kommission keinerlei Befugnis habe, den vom Reichswehrministerium angezeigten Transporten die Genehmigung zu erteilen.

ReichsverkehrsministerGroener macht Mitteilung über die Methoden, die bei der Prüfung von Ententetransporten geübt werden.

Reichswirtschaftsminister Dr. Scholz bezeichnet die Ausführungen des Generals v. Seeckt als durchaus schlüssig. Ihm erschiene es aber zweckmäßig, die Kontrolle von der Strecke fortzubringen und zum Absender zu verlegen. Ein Genehmigungsrecht von Nebeninstanzen sei ausgeschlossen.

Staatssekretär Dr. Lewald schlägt vor, in die zweite Ausführungsverordnung an geeigneter Stelle die Worte „zur Verhütung des Schleichhandels mit Waffen“ einzufügen, um auf diese Weise den Zweck der Kontrolle besonders hervorzuheben4.

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Gemeint war die 2. Ausführungsbestimmung zu dem Gesetz über die Entwaffnung der Bevölkerung (RGBl. 1920, S. 1636 ). Der Vorschlag StS Lewalds wurde in die Ausführungsbestimmung nicht aufgenommen.

Reichskommissar Dr. Peters hat gegen diesen Vorschlag Bedenken. Der[144] parlamentarische Beirat5 würde ihm nicht zustimmen. Waffen würden häufig auch mit Wissen amtlicher Stellen verschoben. Das könne er nicht decken und sich daher mit einer Kenntnisnahme von Transporten nicht begnügen.

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Dieser parlamentarische Beirat war dem RKom. für die Entwaffnung nach § 8 des Entwaffnungsgesetzes beigegeben. Der Beirat hatte zu grundlegenden Ausführungsbestimmungen seine Zustimmung zu geben (RGBl. 1920, S. 1554 ).

Würde die Kontrollkommission der Arbeiter in sein Amt verlegt, so würde er mit Bayern die größten Schwierigkeiten bekommen. Auch würden andere Körperschaften, wie bereits geschehen, ein gleiches Kontrollrecht für sich in Anspruch nehmen. Vielleicht sei es zweckmäßig, die Kommission ins Reichsministerium des Innern zu verlegen.

<General v. Seeckt erklärt seine Bereitwilligkeit, alle Waffen- und Munitionstransporte vom Reichswehrministerium unmittelbar anzuordnen bzw. sie von seiner Genehmigung abhängig zu machen und von solchen Transporten in allen Fällen den Entwaffnungskommissar zu benachrichtigen6.>

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Der vorausgegangene Satz ist von dem Protokollführer, MinR Kempner, handschriftl. nachgetragen worden.

ReichsverkehrsministerGroener schlägt vor, statt der von Staatssekretär Dr. Lewald empfohlenen Worte zu sagen „zur Verhütung des unerlaubten Verkehrs mit Waffen und Munition“. Eingriffe Unberufener in den Apparat der Eisenbahn müßten unter allen Umständen verhindert werden.

Nachdem der Reichskanzler den lediglich informatorischen Charakter der heutigen Besprechung betont hatte, schlägt Reichskommissar Dr. Peters vor, die Kontrollinstanzen auf die vorwiegend in Betracht kommenden örtlichen Stellen im Reich zu verteilen, die dort als Beauftragte des Entwaffnungskommissars die Aufgabe hätten, die Transporte auf ihre Legalität zu prüfen.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns stimmt diesen Vorschlägen zu mit der Modifizierung, daß bei Verhängung des Ausnahmezustandes diese Kontrolle wegzufallen habe.

ReichsverkehrsministerGroener hält den Vorschlag des Reichskommissars Dr. Peters nicht für gangbar. Zweckmäßig erschien ihm, den zuständigen Dezernenten der Eisenbahndirektion mit dieser Aufgabe zu betrauen, dem die Obmänner des Bezirksbetriebsrats beizugeben seien.

Staatssekretär Dr. Lewald möchte den vorgeschlagenen Zusatz durch die Worte „zur Verhütung von Waffenschiebungen“ ersetzen.

Der Herr Reichskanzler stellt die Ansicht des Kabinetts dahin fest, daß man es bei dem kombinierten Vorschlag Peters–Groener belassen solle, falls man hiermit bei der Arbeiterorganisation durchkomme.

In den Verhandlungen mit den Ländern am Montag und mit dem parlamentarischen Beirat am Sonnabend solle versucht werden, Beschlüsse in dieser Richtung zustande zu bringen7.

7

Die Verhandlungen mit dem parlamentarischen Beirat fanden am 4. 9. statt. In diesen Verhandlungen erklärte RKom. Peters, daß das Verschieben von Waffen mit allen Mitteln verhindert werden müsse. Zu diesem Zweck sei eine VO vorbereitet worden, die genaue Bestimmungen über die zulässigen Waffentransporte enthalten würde. Zur Kontrolle darüber, daß bei den Bahntransporten die Bestimmungen der neuen VO eingehalten würden, sollte bei jeder Eisenbahndirektion eine Kontrollkommission eingesetzt werden, die aus dem zuständigen Referenten und dem Obmann des Eisenbahnbetriebsrats bestehen sollte.

Gegen die Stimmen der SPD und der USPD beschloß der parlamentarische Beirat schließlich, von den Erklärungen des RKom. Kenntnis zu nehmen, nach welchen Transporte, die den Ausführungsbestimmungen des Entwaffnungsgesetzes genügten, von Unbefugten weder angehalten noch kontrolliert werden dürften. Siehe dazu Schultheß 1920, I, S. 249.

Einzelheiten für die Waffentransporte wurden durch die am 6.9.1920 verkündete 3. Ausführungsbestimmung zum Entwaffnungsgesetz geregelt (RGBl. 1920, S. 1637  f.).

Zu den Verhandlungen mit den Ländern ließ sich in R 43 I nichts ermitteln.

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