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2. Ernährungslage4.
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Am 14. 1. hatte der Berliner OB Wermuth in einer Eingabe an alle Mitglieder des RKab. auf katastrophale Mängel in der Getreide- und Kartoffelversorgung vor allem der städtischen Bevölkerung hingewiesen. Es werde, „falls nicht eine entscheidende Wendung eintritt, […] ein Hungerzustand beginnen“ (R 43 I/1256, Bl. 160). Unter Bezugnahme auf diese Eingabe, die im Widerspruch zu weniger pessimistischen Verlautbarungen aus dem RWiMin. stand, überreichten die demokr. Minister Schiffer, Koch und Geßler eine eigene Denkschrift in dieser Angelegenheit (R 43 I/1256, Bl. 163–166), „die vielleicht zur Erschütterung Schmidts führt, jedenfalls aber die Verantwortung feststellt“ (hschr. Aufzeichnung Kochs vom 10.1.20 über den Beschluß, die Denkschrift zu überreichen; Nachl. Koch-Weser, Nr. 21, Bl. 15). Diese Denkschrift liegt den nachfolgenden Kabinettsberatungen zugrunde; eine Abschrift ist dem Protokoll als Anlage beigefügt (R 43 I/1353, Bl. 127–130). Dort heißt es u. a.: „Nach der in dieser Eingabe [des OB von Berlin] enthaltenen Sachdarstellung scheint nun die Krisis unmittelbar akut zu werden, denn danach reichen die Vorräte der Reichsgetreidestelle nur noch bis Mitte Februar, und wenn es auch gelingen wird, in den nächsten Wochen noch einiges herbeizubringen, so wird doch die Frage der Einfuhr ausländischen Getreides neuerdings in den Vordergrund geschoben. Uns scheint dadurch unser ganzes Wirtschaftsleben nunmehr auf dem Punkte angekommen zu sein, wo es sich wirklich um Sein oder Nichtsein des deutschen Volkes handelt. Es wird schon technisch außerordentlich schwierig sein, in verhältnismäßig kurzer Frist größere Getreidemengen nach Deutschland zu bringen; die Durchführung der Transporte wird wohl bei dem Mangel einer eigenen Handelstonnage ungeheure Schwierigkeiten machen. Aber auch finanziell wird die Beschaffung gewaltiger Auslandskredite nötig sein. Die Brotversorgung ist der Grundstock unserer Ernährung. Ihr Zusammenbruch würde die Zerstörung alles dessen bedeuten, was seit Jahr und Tag mühsam aufgerichtet wurde; gegen die hier gegebene Notwendigkeit können daher nach unserer Auffassung auch keine entscheidenden Argumente aus der Valuta-Politik entnommen werden. Es gibt wohl nur drei Möglichkeiten, sich diese Kredite zu verschaffen: Die nächstliegende wäre, die Verpflichtung der Alliierten aus Artikel 236 des Friedensvertrages in Anspruch zu nehmen; die zweite wäre, das deutsche Volk über den ungeheuren Ernst der Lage aufzuklären und es zu intensivster Arbeitsleistung anzuspornen. Dazu würden freilich allgemeine Aufrufe nicht genügen, sondern es müßte endlich mit Energie der Hebel dort angesetzt werden, von wo aus nur eine Gesundung unseres Wirtschaftslebens erfolgen kann, nämlich von der Förderung im Bergbau. Das letzte, verzweifeltste Mittel, das man sich kaum auszusprechen getraut, wäre fast unerträglich, nämlich den Versuch zu machen, durch Verpfändung von Reichs- und Staatseigentum sich noch Kredite zu verschaffen. Ein Schicksal, das Österreich in diesen Tagen über sich ergehen lassen mußte. So wenig wir die Absicht haben, in unbegründetem Pessimismus zu machen oder uns in eine Panikstimmung hineintreiben zu lassen, so sehr müssen wir doch bitten, daß diese Frage nunmehr mit dem ganzen durch die Sachlage gebotenen Ernst im Kabinett behandelt wird. […]“
Schmidt: Volle Wirkung der Prämien5 noch nicht in Erscheinung getreten.[550] Herabsetzung der Ausmahlungsquote schon Wirkung, daß 3 Monate kürzer mit Ernte. Auf Wunsch aller Parteien der Nationalversamml[ung]6.
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Es handelt sich um die Zahlung von Ablieferungsprämien für Brotgetreide, Gerste und Kartoffeln. Einzelheiten s. Dok. Nr. 122, P. 5.
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Zur Erhöhung des Mehlvolumens war während des Krieges die Quote für die Ausmahlung des Mehls bis auf 94% gesteigert worden, so daß fast die gesamte Kleie vermahlen und damit der Viehfütterung entzogen wurde. Im Juli 1919 hatte der NatVers.-Ausschuß für Volkswirtschaft die RReg. ersucht, zur Verbesserung der Brotqualität die Ausmahlungsquote auf 81% herabzusetzen, was vom RWiM zugesagt worden war (NatVers.-Bd. 338, Drucks. Nr. 891).
Ablieferung im vorigen Jahre bis zu Anfang Januar bis 44% des Ablief[erungs]solls. Auch dies Jahr etwa so viel. Manko entsteht, daß Selbstverso[rgende] Kom[munal-] Verb[ände] eingedeckt bis Schluß der Ernte u. Ausmahlung. 1 500 000 Tonnen Ostpreuß[en] im vorigen Jahr, dies Jahr 13%. Schlesien 26%, Hessen-Nassau 79%; also großer Unterschied. 137% hat Braunschweig[ische] Unabh[ängige?]7 Reg[ierung].
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Wort nicht ganz eindeutig lesbar. – Eine Reg. unter Beteiligung der USPD bestand in Braunschweig seit Juni 1919 nicht mehr.
Ausmahlungsquote heraufsetzen; die vorhandenen Bestände, die nach objekt[ivem] Urteil noch vorhanden. Druschkommandos.
Gerste nur zu 20% des Lieferungssolls. Verfütterung Schweine.
Für Einfuhr Programm aufgestellt. Finanzierung besprochen. So ernst Situation: Bestände im Inland sind vorhanden, um unsere Ernährung zu sichern. Eventuell Herabsetzung der Brotquote.
Maßnahmen im Notfall: Auf Zuführungen (vorhandener Bestände) zurückgreifen; Auslandseinkäufe; Ausmahlung; Brotquote.
Pritschow: Ca. 75 Millionen Dollar Ware noch zu decken. Bis 31. März noch 35 Millionen Dollar. Bis dahin mit geschlossenen Kontrakten auskommen. Bis 85 000 Tonnen.
Einfuhrprogramm bis 15. August aufgestellt.
V[om] 1. Februar bis 15. August:
1 Millionen Tonnen Getreide (mit Zusatzrationen)
195 000
[Tonnen Getreide (?)]
[551] 30 000
[Tonnen Fleisch (?)]
20 000
[Tonnen] Fette
500 000
Kisten Milch
20 000
[?]
100 000
Tonnen Zucker
ca. 21 Milliarden Mark
ca. 14 [Milliarden Mark] ohne Reis u. Zucker u. Zusatzrationen.
Andreae: § 235 des Friedensvertrags8. Beschlagnahme. Wir importieren mindestens 3 Milliarden, exportieren 1 Milliarde. Einfuhr von Rohstoffen muß reduziert werden.
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Im Art. 235 VV werden die vorläufigen dt. Wiedergutmachungsverpflichtungen für die Zeit bis zum 30.4.21 auf den Gegenwert von 20 Mrd M Gold festgesetzt. Der Art. enthält außerdem eine Bestimmung, wonach diejenigen Mengen von Nahrungsmitteln und Rohstoffen, die von den all. Regg. zur Aufrechterhaltung der dt. Leistungsfähigkeit als notwendig anerkannt werden, von der o. a. Summe bezahlt werden können. – Über die dt. Wiedergutmachungsverpflichtungen soll RM Geßler Verhandlungen in Paris aufnehmen. Einzelheiten s. Dok. Nr. 148, P. 2; vgl. auch Dok. Nr. 177.
Schmidt: Kein Beweis, daß zuviel Rohstoffe eingeführt. Besser feststellen, was wir an Rohstoffen (Seide) einführen u. was an Fertigwaren heraus. Es ist volkswirtsch[aftlich] ungesund jetzt, wo ich Lebensmittel im Lande habe, einzuführen.
Zustimmung des Kabinetts will ich haben, um im Notfall mit äußerst scharfen Mitteln vorzugehen gegen Verfütterung und Ausfuhr.
Geßler: Auf Drängen großer Stadtverwalt[ung] Eingabe gemacht9. Bei Verhandl[ungen] auf Grund Art. 235 müssen wir bestimmte Unterlagen geben.
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Vgl. Anm. 4.
Bis 15. Dez[ember] [19]18 2 100 000, 1 150 000 Tonnen 1919 (Essen). E[ssen] hat Brotration herabsetzen müssen10.
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Die Mengenangaben beziehen sich auf das der Stadt Essen zur Verteilung zur Verfügung stehende Brotgetreide. Vgl. dazu das vom UStSRkei hschr. gefertigte Protokoll einer „Besprechung über [die] Ernährungslage mit Vertretern der Stadt Essen“ am 20.1.20, an der u. a. der RK, RM Geßler und der Essener OB Luther teilnahmen (R 43 I/1256, Bl. 170 f.).
Im Herbst und ersten Wintermonaten Ernährung immer am leichtesten. Gefährliches Spiel. Das hat auch Schmidt zugegeben. Wunsch laufende Zahlen zu bekommen. Ende Nov[ember]/Dez[ember] hat Peters zugegeben, daß für 2 bis 3 Monate Getreide.
Bayern Einfuhr 1000 Waggon aus Jugoslawien11. Widerstand der Reichszentrale gegen Kredite an einzelne Städte.
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In der Kabinettsvorlage war ausgeführt worden, daß im Herbst 1919 die Einfuhr von 1000 Waggon Weizen nach Bayern von der Reichsgetreidestelle aus Kosten- und Valutagründen abgelehnt worden war (R 43 I/1353, Bl. 130).
Große Mengen Getreide erst im Augenblick höchster Spannung, wenn so weiter wie jetzt. Muß bleiben [?] jetzt. Erst im letzten Augenblick unter drückendster Bedingung. Ich kann jetzt bei Verhandl[ungen] über [Art.] 235 sagen, daß Ernährung nur bis Anfang Mai schon sicher.
Zusage aus Kartoffelstelle bis August. Unmöglich. Vorbehalte. Schmidt meine Meinung sagen.
[552] Koch: Hauptunterschied zwischen Schmidt u. uns. Verschweigen oder nicht. Nicht so wie während des Krieges. Skepsis gegen Druschkommandos. Hasardspiel12. Was sonst auch für Mittel als stärkere Erfassung. Langer Vorbereitung bedarf es wegen Einfuhr. Bevölkerung muß aufgeklärt werden, zur Arbeit. Kohle. Für rückhaltlose Klarheit in Ernährungsfrage. Wenn wir für letzte 4 Monate keine Devisen schaffen, sind wir verloren. Im Kabinett uns über weitere Wirtschaftspolit[ik] klar werden. Unter Vermeidung der freien Wirtschaft zu einer Umänderung der Zwangswirtschaft.
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In einer Tagebuchaufzeichnung über diese Sitzung vermerkt RIM Koch, daß er, nachdem RWiM Schmidt die Befürchtungen der demokr. Minister als „Elendstheorie“ bezeichnet hatte, diesem vorgeworfen habe, „daß sein Peters dasselbe Hasard-Spiel mit optimistischer Behandlung des Volks treibt, wie im Kriege Ludendorff“ (hschr. Aufzeichnung vom 21.1.20; Nachl. Koch-Weser, Nr. 21, Bl. 34).
Müller: Aussprache dringend notwendig. Schmidt bisher Erfolg. Nach noch einem Jahr noch größere […]13.
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Drei Worte unleserlich.
Erzberger: Herabsetzung der Brotration jetzt noch 1 Mon[at] warten. Mais muß herein. Weltgetreidelage ungünstig. Große Hoffnung auf Brotgetreide illusorisch – Nur noch eine Reserve. Silber. Haben Silber an [?] Reichsbank für Getreideeinkäufe veröffentlicht. Wertpapiere verschwindend, die noch vorhanden.
Arbeit – 8-Stundentag wird eingeführt bei Besold[ungs]ord[nung]. Auch Preußen muß es.
Mayer: Stehen vor Verelendung der Massen. Nur einen Weg: Jede Gehalts- oder Lohnerhöhung nur für den Fall, daß Arbeitserhöhung.
Ein 9stündiger Arbeitstag der Bergarbeiter das einzige, was uns auf der Höhe halten kann. Jeder Kredit des Auslandes ausgeschlossen bei Passivität der Handelsbilanz.
Verösterreicherung14. Im Zusammenhang damit schärfstes Zugreifen gegen Besitzende.
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Vgl. Anm. 4.
David: 9-Stundentag morgen [?]. Gefahr großer Streiks vom 1. Februar15.[553] Christl[iche]16 Bergarbeiter schuld. Für Beamte 8 Stunden. Aufstellung [?] morgen[?].
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Der vom RArbMin. eingesetzte „Ausschuß zur Prüfung der Frage der Arbeitszeit im Bergbau des Ruhrgebiets“ (s. diese Edition: Das Kabinett Scheidemann, Dok. Nr. 105, P. 5) hatte zum Abschluß seiner Beratungen am 9.12.19 beschlossen, die RReg. erneut zu ersuchen, „an die anderen Kohlenbergbau treibenden Mächte mit dem Vorschlage heranzutreten, sofort eine internationale Beschlußfassung über die Einführung der 6-Stunden-Schicht im Steinkohlenbergbau unter Tage herbeizuführen“. Dagegen war folgender Antrag der Arbeitnehmervertreter vom Ausschuß abgelehnt worden: „Die 6stündige Arbeitszeit ist im Steinkohlenbergbau des Ruhrreviers vom 1. Februar 1920 ab grundsätzlich (dem Grundsatz nach) einzuführen. In Anbetracht der wirtschaftlichen und sozialen Nöte weiter Volkskreise werden die unterirdisch Beschäftigten gehalten, die 7stündige Arbeitszeit bei entsprechender Wertung 1 1/6 Schicht) zu verfahren“ (Ausschußprotokolle über die Sitzungsperioden vom August und Dezember 1919 in: R 43 I/2170; hier Bl. 177 f.). Von den in der „Freien Vereinigung der Bergarbeiter“ zusammengeschlossenen Gewerkschaften, die zu den an den Verhandlungen beteiligten Bergarbeiterorganisationen in Opposition standen, wurde daraufhin der abgelehnte Arbeitnehmerantrag – unter Fortlassung der einschränkenden Zusätze – zur weithin propagierten Willensbekundung der Bergarbeiter erhoben und zur gewaltsamen Durchsetzung der Sechsstundenschicht vom 1.2.20 ab aufgerufen. – Über die Bergarbeiterbewegung im Ruhrgebiet vgl. den redaktionellen „Vorwärts“-Artikel „Neues Gewittergrollen. Ausmünzung der Not“ in: Vorwärts Nr. 39 vom 22.1.20; s. auch die im Literaturverzeichnis genannten Arbeiten von Severing, Spethmann und Dörnemann.
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Lesart unsicher. Es könnte der „Gewerkverein christlicher Bergarbeiter“ gemeint sein.
Luxuswarenbeschlagnahme.
Schmidt: Kredite an einzelne Städte unhaltbare Zustände. Einkaufszentralisation dringend notwendig. Preise etwas beeinflussen. Druschkommandos kein besseres Mittel.
Weiß niemand, wie es steht; habe doch keine Veranlassung, Leuten zu sagen, wie es steht. Nicht schwarz malen ohne Hintergrund. Wieviel Kartoffeln in Mieten liegen, kann Kartoffelstelle gar nicht sagen. Diese rückhaltlose Klarheit hilft uns nichts, weil kein Verständnis dafür in Arbeiterschaft vorhanden.
Maiseinfuhr von 1 Millionen Tonnen. – Plan für nächstes Wirtsch[afts]jahr in Vorbereitung. Wird durchberaten mit Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft u. Einzelstaaten.
Bell: Alles im Lande ist sich klar über bevorstehende Zuspitzung. Frage nur: Wann Krach? Wahrheitsgetreue Schilderung in Öffentlichkeit.
RK: Nicht viel mit Aufruf zu erreichen. Soll Bergarbeiter sagen, daß sie sich erheblich verbessert hätten und ihnen sagen, die anderen können nicht arbeiten, wenn ihr nicht arbeitet17. Werde Gewerkschaft berufen.
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Am 25. 1. veröffentlicht der sozialdemokr. „Vorwärts“ unter dem Titel „Erdrosselung der Industrie“ ein vom RWiM verfaßtes „dringendes Mahnwort an die Bergarbeiter“. Darin bemüht sich der RWiM, den Versuch, die Sechsstundenschicht mittels eines Generalstreiks durchzusetzen, als ein Werk kommunistischer Propagandisten bloßzustellen. Nach einer Darlegung der Zusammenhänge zwischen Kohleförderung, Industrieproduktion und Lebensmittelversorgung schließt der Artikel: „Wer die Sechsstundenschicht durchführen will, schädigt nicht die Regierung und die Kapitalisten, sondern er läßt seinen Arbeitsbruder in den städtischen Gewerben im buchstäblichen Sinne des Wortes verhungern“ (Vorwärts Nr. 45 vom 25.1.20).
Presse. Beamte 8 Stunden.
Ernährungsfrage. Andere Vorschläge für Fortführung nicht gemacht. Schleunigste Herabsetzung Ausmahlungsquote; Vorsorge, daß die nötigen Devisen bis Frühjahr in die Hand bekommen. Hoffe doch auf Gewährung starker Kredite. Dann auch Lebensmittel18. Unzutreffend, daß nicht nötiger Ernst im Wirt[schafts]min[isterium]; hat Debatte ergeben.
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Zur währungspolitischen Problematik kreditfinanzierter Lebensmittelbeschaffungen vgl. das Sitzungsprotokoll der das RFMin. beratenden Valutakommission vom 5.3.20 (R 43 I/2432, Bl. 177–180). Vgl. auch Dok. Nr. 68, Anm. 10 und 181, P. 2.
Kein Anlaß zu Beunruhigungen. […]19 Schmidts Rede vor Funktionären der sozialdem[okratischen] Partei20.
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Zwei Worte unleserlich.
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Der RWiM hatte am 11. 1. auf einer Funktionärsversammlung des Bezirksverbandes Groß-Berlin der SPD über die Ernährungslage gesprochen und die Versicherung abgegeben, daß man die gegenwärtigen Versorgungsschwierigkeiten durchstehen und überwinden könne, wenn der andauernde Verkehrsstreik beigelegt und die Kohlenproduktion um 50% gesteigert werde (Vorwärts Nr. 20 vom 12.1.20).
Schiffer: Bestände nur Eingänge der Reichsgetreidestelle.
[554] Schlicke: Bergl[eute] in Verhandlungen mit Zechenverband wegen Abschluß neuen Vertrags. 7 Stunden u. 7½ Stunden Bezahlung. Darüber Überstunden bezahlt21.
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Eine Delegation der Arbeitsgemeinschaft der Bergarbeiterverbände verhandelte in dieser Angelegenheit seit dem 18. 1. in Berlin mit Regierungsvertretern (Manfred Dörnemann: Die Politik des Verbandes der Bergarbeiter Deutschlands. S. 133 ff.; darüber in R 43 I nichts ermittelt). Die Tarifverhandlungen kommen am 2. 2. auf Betreiben des vom RArbMin. nach Essen entsandten RegR Bodenstein auf der Grundlage der vom RArbM bekanntgegebenen Bedingungen zustande. Als Gegenleistung für die Aufrechterhaltung der Siebenstundenschicht wird den Bergarbeitern neben Lohn- und Kindergelderhöhungen eine weitere Verbilligung der Lebensmittelpreise in Aussicht gestellt (Aufzeichnungen telefonischer Mitteilungen Bodensteins an das RArbMin. vom 2. und 3.2.20; R 43 I/2118, Bl. 220 f.; Abschlußbericht Bodensteins für den RArbM vom 6.2.20; R 43 I/2170, Bl. 319–321). – Siehe dazu weiter Dok. Nr. 170, P. 4.
RK: Wöchentlich laufende Angaben des RWiMin. über Stand der Ernährung22.
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Bereits am 23. 1. läßt der RWiM der Rkei mitteilen, daß Kohlen zur Einleitung umfangreicher Druschaktionen bereitgestellt worden seien und die Ausmahlungsquote des Mehls auf 90% erhöht worden sei. Eine zahlenmäßige, ausdrücklich nicht zur Veröffentlichung bestimmte Übersicht über den Stand der Getreideversorgung übermittelt der RWiM dem UStSRkei erstmalig am 7.2.20 (R 43 I/1256, Bl. 187 f.). – Weitere Hinweise auf die Ernährungslage sind Dok. Nr. 154 zu entnehmen.