Text
[154]4. Zahlungen für ein Zivilkommissariat in Frankfurt a. M.
Es wurde mitgeteilt, daß die Verhältnisse in Frankfurt a. M. in jeder Beziehung zu wünschen übrig ließen10 und daß dort der eigentliche Herd spartakistischer Propaganda unter dem Schutze der Franzosen zu suchen sei. Man habe versucht, die Entente über die Gefahr zu informieren und hoffe, daß die Entente ihren bisherigen Widerstand gegen die Zulassung von zuverlässigen Truppen zwecks Herbeiführung ordentlicher Zustände aufgeben werde. Der Reichsminister des Auswärtigen teilte mit, daß man wiederholt in dieser Angelegenheit an die Franzosen herangetreten sei, daß man aber bisher eine Antwort nicht bekommen habe. Der Kriegsminister schlug vor, den jetzigen ungeeigneten Polizeipräsidenten (Harries) abzuberufen und durch eine geeignete Kraft zu ersetzen.
Über die Frage der Einsetzung eines besonderen Zivilkommissars11 soll das Reichsministerium des Innern noch eine Verständigung mit den in Betracht kommenden Stellen herbeiführen. Das Auswärtige Amt wird die Frage der Entsendung von Truppen nach Frankfurt a. M. zwecks Herstellung geordneter Zustände mit der Entente weiter verfolgen12. Der Reichswehrminister wird prüfen, ob das jetzige Bataillon zurückgezogen und durch ein anderes ersetzt werden kann. Der Kriegsminister wird sich zu diesem Zwecke mit dem Reichswehrminister in Verbindung setzen.
Fußnoten
- 10
In Frankfurt a. M. war die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung durch regierungstreue Polizeikräfte z. Z. nicht gewährleistet. Einzelheiten teilt RuStKom. Severing in einem Bericht über eine „interessante Sondermission“ mit, die ihn – wahrscheinlich im Anschluß an diese Kabinettsberatungen – nach Frankfurt geführt habe. In Bad Nauheim habe er Anfang August mit OPräs. Schwander, weiteren Beamten und Vertretern des GenKdo XVIII. AK darüber beraten, wie die sich polizeiliche Befugnisse anmaßende revolutionäre Matrosenwehr in Frankfurt aufgelöst und der durchsetzungsschwache kommissarische Polizeipräsident Harries abgelöst werden könne (Carl Severing: 1919/1920 im Wetter- und Watterwinkel. S. 233 ff.).
- 11
Die Ernennung eines Reichs- oder Staatskommissars hatte der Vertreter der Reichszentrale für Heimatdienst in Frankfurt a. M., Groger, bei dem MdNatVers. Wels am 21. 7. telegrafisch angeregt (R 43 I/1844, Bl. 99).
- 12
Die Entsendung von Truppen findet nicht statt. Die Lage in Frankfurt a. M. kann durch die Ablösung des Polizeipräsidenten und eine Reorganisation der Polizeikräfte (Ausbau der Sicherheitspolizei) bereinigt werden.