2.32.1 (bau1p): 1. [Entwurf einer Verordnung des Reichspräsidenten aufgrund des Art. 49 der künftigen Reichsverfassung.]

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1. [Entwurf einer Verordnung des Reichspräsidenten aufgrund des Art. 49 der künftigen Reichsverfassung2.]

Unterstaatssekretär Delbrück trägt den Entwurf einer Verordnung des Reichspräsidenten zur Ausführung des Artikels 49 der künftigen Reichsverfassung[139] (Ersatz des Belagerungszustandes3) vor. Gegen die §§ 1–5 werden Bedenken nicht erhoben4. Dagegen wird beschlossen, daß die §§ 6 ff. umgearbeitet werden sollen5. Die außerordentlichen Gerichte sollen mit Berufsrichtern besetzt werden. Daneben sollen Standgerichte für besondere Tatbestände (Betreffen mit der Waffe in der Hand, Betreffen bei Plünderungen und dergl.) vorgesehen werden. Die Standgerichte sollen auf Todesstrafe erkennen können, die für diese Fälle ausdrücklich angedroht werden soll. Die Todesurteile der Standgerichte sollen der Bestätigung der Militärbefehlshaber unterliegen. Falls das Standgericht eine Freiheitsstrafe für angemessen hält, soll es den Fall zur Feststellung des Tatbestandes an die ordentlichen Gerichte verweisen.

Das Reichsjustizministerium übernimmt die Vorlage eines nach diesen Beschlüssen abgeänderten Entwurfs6. Für die Vorbereitung des Ausführungsgesetzes zum Artikel 49 bleibt das Reichsministerium des Innern federführend.

Fußnoten

2

Ein gleichnamiger VOEntw. war dem RKab. in Ausführung des Kabinettsbeschlusses vom 26. 6., TOP 5 mit Anschreiben vom 6. 7. durch das RJMin. vorgelegt worden (R 43 I /2698 , Bl. 121–125). Der VOEntw. enthält Bestimmungen, die der RPräs. aufgrund seiner Befugnisse nach Art. 49 RVEntw. (Art. 48 der endgültigen RV) „zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ erlassen kann. Die Bestimmungen bezwecken nicht, Normen oder Schranken für die Entscheidungsbefugnis des RPräs. im Vorfeld der Verhängung des Ausnahmezustandes festzulegen, und sind insofern nicht mit dem im gleichen Verfassungsartikel angekündigten Ausführungsgesetz zu verwechseln (s. dazu unten in TOP 1). Zur Problematik der in der gesamten Weimarer Republik nicht erfolgenden Abgrenzung der Befugnisse des RPräs. s. Dok. Nr. 70.

3

Zur Regelung des Ausnahmerechts im Kaiserreich und in der nachrevolutionären Zeit s. das Rechtsgutachten des RJM Landsberg vom 5.5.19 in dieser Edition: Das Kabinett Scheidemann, Dok. Nr. 60, Teil I.

4

Die einleitenden Paragraphen des VOEntw. sehen vor: Mit Erlaß der VO werden die zentralen, verfassungsmäßig geschützten Grundrechte außer Kraft gesetzt (§ 1); die vollziehende Gewalt geht auf den RWeM über, der sie auf Militärbefehlshaber delegieren kann (§ 2); letztere üben die Zivilverwaltung unter Mitwirkung eines vom RWeM im Einvernehmen mit dem RIM zu ernennenden RegKom. aus (§ 2); bei Anordnungen nach § 1 ist der zuständige Militärbefehlshaber an die Zustimmung des RegKom. gebunden (§ 3); Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen des RWeM oder der Militärbefehlshaber werden mit Freiheits- oder Geldstrafen bis zu 15 000 M belegt (§ 4); gegen Anordnungen der Militärbefehlshaber kann beim RWeM Beschwerde erhoben werden (§ 5).

5

In den §§ 6–9 wird die Bildung und Besetzung von Sondergerichten, sog. „außerordentlichen Volksgerichten“, geregelt, die für die Dauer des Ausnahmezustands für die Aburteilung verschiedener, im StGB näher bezeichneter Verbrechen und Vergehen, für Verstöße gegen die Wuchergesetze, für Verbrechen und Vergehen im Zusammenhang mit verbrecherischem und gemeingefährlichem Gebrauch von Sprengstoffen sowie für Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen, die aufgrund der vorliegenden VO erlassen wurden, zuständig sind. Auf das Verfahren finden die Bestimmungen des Gerichtsverfassungsgesetzes und der Strafprozeßordnung mit Einschränkungen Anwendung; so ist z. B. gegen das Urteil kein Rechtsmittel zulässig.

6

Zum Fortgang s. Dok. Nr. 35, P. 1.

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