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Kaiserreich und Weimarer Republik

Ausländische Arbeitskräfte unter dem Nationalsozialismus

Nach Kriegsende: Displaced Persons und Repatriierte

Begriffe, Zahlen, Zuständigkeiten

Im Lauf der wissenschaftlichen Diskussion in den vergangenen Jahren hat es sich gezeigt, dass eine Unterscheidung in folgende Gruppen von Zwangsarbeitern zweckmäßig ist (vgl. für das Folgende: Spoerer, Zwangsarbeit, S. 9 ff., 223):

  1. Ausländische Zivilarbeiter: Sie kamen freiwillig oder unter Zwang und Gewaltanwendung in das Deutsche Reich oder wurden zur Arbeit in ihrer Heimat oder in einem der von den Deutschen besetzten Länder eingesetzt. Eine besonders entrechtete Gruppe unter ihnen bildeten die so genannten "Ostarbeiter".
  2. Kriegsgefangene: Sie wurden nach anfänglichem Zögern intensiv zu Schwerstarbeiten eingesetzt. Sie unterlagen formal dem Schutz der Genfer Konvention. Durch die zwangsweise Überführung ganzer Einheiten in den Status von Zivilisten konnten sie unter anderem auch in der Rüstungsindustrie beschäftigt werden.
  3. Häftlinge: Für das Reichsgebiet spielt besonders der Arbeitseinsatz von KZ-Häftlingen und Häftlingen von Arbeitserziehungslagern eine Rolle. In den besetzten Gebieten kommen Ghettoinsassen und Häftlinge spezieller Arbeitslager für Juden hinzu. Sie unterlagen keinerlei rechtlichem Schutz.

Besonders innerhalb der Gruppe 1 gab es gewaltige Unterschiede in den Lebens- und Arbeitsverhältnissen, die sich vorwiegend an der nationalen Herkunft der Arbeiter festmachten. Wenn man die Angehörigen der mit Deutschland verbündeten Länder, die nach Ablauf ihrer sechs- bis zwölfmonatigen Arbeitsverträge Deutschland ungehindert verlassen konnten, weitgehend ausnimmt, so lassen sich als Merkmale für Zwangsarbeit feststellen:

  1. in rechtlicher Hinsicht die Unauflöslichkeit des Arbeitsverhältnisses,
  2. in sozialer Hinsicht die geringen Chancen, nennenswerten Einfluss auf die Umstände des Arbeitseinsatzes zu nehmen,
  3. eine erhöhte Sterblichkeitsrate, die auf überdurchschnittliche Belastung und eine unter dem tatsächlichen Bedarf liegende Versorgung hinweist.

Die Inhaftierung in einem Konzentrationslager bedeutete Zwangsarbeit unter Extrembedingungen als rechtloser Häftling ohne Aussicht auf Freilassung oder auch nur auf eine Verbesserung der eigenen Situation. Diese Form der Zwangsarbeit, von der jeder KZ-Häftling, unabhängig von seiner Herkunft, betroffen war, wurde bereits vom Nürnberger Militärtribunal als "Sklavenarbeit" (slave labor) bezeichnet und als kapitales Verbrechen des NS-Regimes herausgestellt. Der Begriff "Sklavenarbeiter" bezeichnet heute im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus vor allem die Häftlinge der Konzentrations- und ähnlichen Haftlager als besondere Gruppe von Zwangsarbeitern.

Insgesamt waren während des Zweiten Weltkriegs auf dem Gebiet des Großdeutschen Reichs ca. 13,5 Mio ausländische Arbeitskräfte und Häftlinge von Konzentrationslagern und ähnlichen Haftlagern eingesetzt. Unter Berücksichtigung ihres zum Teil mehrmaligen Statuswechsels waren davon 8,4 Mio Zivilarbeiter, 4,6 Mio Kriegsgefangene und 1,7 Mio KZ-Häftlinge und "Arbeitsjuden". Von ihnen lassen sich etwa 80 bis 90 % als Zwangs- bzw. Sklavenarbeiter nach der oben genannten Definition bezeichnen. Zahlenmaterial zum Einsatz von Zwangsarbeitern außerhalb des Großdeutschen Reichs wurde bislang noch nicht zusammengetragen.

Eingesetzt waren Zwangsarbeiter in allen Bereichen des Wirtschaftslebens; im Bergbau und der (Rüstungs-)Industrie, in der Land- und Forstwirtschaft, den Kommunalbetrieben, der Verwaltung, im Handwerk, in Privathaushalten usw. Nahezu jeder große und kleine Betrieb hatte mindestens eine ausländische Arbeitskraft beschäftigt. Ihre Arbeitgeber waren vor allem die Unternehmen der Privatwirtschaft, die staatlichen Betriebe der SS und der Organisation Todt, die Kommunalverwaltungen, Landwirtschaftsbetriebe, die Kirchen sowie kinderreiche Familien. Vermittelt wurden sie durch die Arbeitsämter. Mit der Organisation des Einsatzes ziviler ausländischer Arbeitskräfte waren auf oberster Ebene der Bevollmächtigte für den Vierjahresplan (Hermann Göring), der Reichsarbeitsminister (Franz Seldte), besonders aber seit 1942 der Generalbeauftragte für den Arbeitseinsatz (GBA) (Fritz Sauckel), des weiteren der Reichsminister für die besetzten Ostgebiete (Alfred Rosenberg) mit den Reichskommissaren für das Ostland (Hinrich Lohse) und die Ukraine (Erich Koch) sowie das Reichssicherheitshauptamt (Reinhard Heydrich, Heinrich Himmler, Ernst Kaltenbrunner) befasst.