2.151.4 (feh1p): 4. Erhöhung der Teuerungszuschläge für die Beamten und Arbeiter des Reichs.

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RTF

[400]4. Erhöhung der Teuerungszuschläge für die Beamten und Arbeiter des Reichs4.

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Zur Vorgeschichte s. Dok. Nr. 146, P. 1.

Der Reichsminister der Finanzen wies darauf hin, daß anscheinend hochpolitische Gründe in der Zwischenzeit das Kabinett bestimmt hätten, den gestellten Forderungen der Beamten und Arbeiter des Reichs entgegenzukommen5. Den finanzpolitischen Gesichtspunkten sei bisher nicht Rechnung getragen. Er glaube daher, im Falle der Zustimmung zu den bekannten vorläufigen Abmachungen6 die Erfüllung gewisser Voraussetzungen, die sich aus der Anlage ergeben, für notwendig halten zu sollen7. Zuvor bat er jedoch um eine kurze Schilderung der für das Kabinett hinsichtlich des Entgegenkommens maßgebend gewesenen Gründe.

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Der RFM hatte an der Ministerratssitzung vom 2. 1., auf der das grundsätzliche Entgegenkommen gegenüber den Forderungen der Eisenbahner beschlossen worden war, nicht teilgenommen. Vgl. die Anwesenheitsliste der Ministerratssitzung vom 2.1.1921.

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Nach einer WTB-Meldung waren diese vorläufigen Abmachungen am 5.1.1921 zwischen dem Sechzehnerausschuß der Eisenbahner und dem RVMin. getroffen worden. Danach sollten bei den Beamten die Teuerungszuschläge zum Grundgehalt und zum Ortszuschlag und bei den Arbeitern die Löhne – jeweils nach Ortsklassen gestaffelt – erhöht werden (Vorwärts Nr. 7 v. 6.1.1921). Nähere Einzelheiten waren in R 43 I nicht zu ermitteln.

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Die undatierte und ungezeichnete Anlage zu diesem Punkt des Kabinettsprotokolls war „Voraussetzungen für die weitere Erhöhung des Teuerungszuschlages“ überschrieben. Als diese Voraussetzungen wurden die Erhöhung der Post- und Telegraphengebühren, die Erhöhung der Eisenbahntarife im Fracht- und Personenverkehr, eine ganze Reihe von Steuererhöhungen und die Einführung neuer Steuern bezeichnet. Auf sozialpolitischem Gebiet sollte die Notwendigkeit der prinzipiellen Regelung des 8-Stundentages geprüft werden und die Grundsätze für die Urlaubsgewährung der Wirtschaftslage des Reiches entsprechend neu geregelt werden. Schließlich sollten im Zuge der Demobilmachung die Personalausgaben gesenkt werden (Text der Anlage, R 43 I /1363 , Bl. 11).

Staatssekretär Albert gab eine historische Darstellung des Verlaufs der Verhandlungen und der Gründe, die zu dem bekannten vorläufigen Entgegenkommen geführt hätten, indem er die aus den Verhandlungen mit den Organisationen besprochenen einzelnen Gesichtspunkte kurz streifte8. Seine Ausführungen wurden ergänzt durch die des Ministerialdirektors v. Schlieben, der die Zahlung der für das Reich aufzuwendenden Mittel bezüglich der Reichsbeamten, Arbeiter, Angestellten, Altpensionäre, Diätare und Kriegsbeschädigten auf rund 2 Milliarden Mark beziffert. Im Anschluß hieran ergänzte der Reichsverkehrsminister die Ausführungen des Staatssekretärs Albert und wies darauf hin, daß auch in Dresden, wo er mit den Präsidenten aller Eisenbahndirektionen die Frage besprochen habe, diese eine Notlage anerkannt und ein Entgegenkommen für notwendig erklärt hätten, falls man nicht einen Streik haben wolle9.[401] Mit Rücksicht auf die wirtschaftliche Lage sowohl der Eisenbahner als auch der gesamten Wirtschaft glaube er, die in dem vorläufigen Ergebnis zum Ausdruck gekommenen Abmachungen der Reichsregierung zur Annahme vorschlagen zu sollen10. Er gab sodann einen Überblick über die Betriebslage und über den Abbau des Defizits bei der Eisenbahn im Jahre 1921 durch die im einzelnen von ihm angegebenen Maßnahmen. Der Reichsminister der Finanzen wies noch darauf hin, daß unter allen Umständen die ganze Situation mit den Vertretern der Länder, die am Mittwoch [12. 1.] hier sein würden, besprochen werden müsse. Er wurde hierin von dem Reichsminister des Innern unterstützt, der besonders betonte, daß unter allen Umständen die Deckungsfrage mit der Bewilligung der Teuerungszuschläge verbunden werden müsse. Soweit die entsprechenden Gesetze noch nicht fertiggestellt werden könnten, müsse durch ein Mantelgesetz mit der Bewilligung der Teuerungszuschläge die Frage der Deckung grundsätzlich gleichzeitig geregelt werden. Staatssekretär Zapf bat um schleunige Vorlage des Entwurfs eines Kohlensozialisierungsgesetzes, um die Frage der Kohlensteuer ordnen zu können11. Der Reichswirtschaftsminister war der Auffassung, daß die Besteuerung der Kohle mit der Frage der Sozialisierung direkt nichts zu tun habe und daß nur die Frage der Vollsozialisierung oder nicht von einer grundsätzlichen Bedeutung hierfür sein könne. Was die letztere anlange, so könne er sagen, daß diese von ihm nicht beabsichtigt sei. Staatssekretär Zapf wies nochmals darauf hin, daß die Frage der Erhöhung der Kohlensteuer, die ja mit den Interessenten verhandelt werden müsse, von der Frage der Art der Sozialisierung unlösbar abhänge, da die Interessenten bei den Verhandlungen zunächst hierüber Auskunft verlangen würden. Nach weiteren Erörterungen wurde beschlossen:

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Dabei handelte es sich um die Verhandlungen zwischen den Eisenbahnern und dem RVMin. am 5. 1. und die Verhandlungen zwischen dem Beamtenbund und dem RFMin. am 7.1.1921 (Pressenotiz der Rkei v. 3.1.1921, R 43 I /2560 , Bl. 148). Nähere Einzelheiten über diese Verhandlungen ließen sich in R 43 I nicht ermitteln.

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Diese Konferenz hatte bereits am 28.12.1920 stattgefunden. In einem halbamtlichen Bericht über diese Konferenz hieß es u. a.: „Die Präsidenten erkannten einmütig die Notlage der Beamten in allen Teilen des Reiches an. Der Minister wies darauf hin, daß die Beamten sich jedoch klar sein müßten, daß der von ihnen eingeschlagene Weg, durch Streikdrohungen eine Besserung ihrer Lage zu erhalten, falsch sei. Die Reichsregierung werde an dem in der Kundgebung vom 17. 12. enthaltenen Standpunkt festhalten.“ (Vorwärts Nr. 636 v. 30.12.1920).

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RVM Groener hatte bereits am 6. 1., einen Tag nach der Übereinkunft mit den Eisenbahnern, erklärt, daß er den Einigungsvorschlag im Kabinett vertreten werde (Vorwärts Nr. 9 v. 7.1.1921).

11

Kohlensteuergesetz vom 8.4.1917 (RGBl. 1917, S. 340  f.); das Gesetz war am 31.7.1920 bis zum 31.5.1921 verlängert worden (RGBl. 1920, S. 1481 ).

In der Anlage zu dem Kabinettsprotokoll (s. o. Anm. 7) hieß es dazu: „Ein weiterer Beitrag müßte durch Erhöhung der Kohlensteuer aufgebracht werden. Voraussetzung hierfür ist, daß die Erhöhung der Einnahmen aus der Kohlensteuer mit der Sozialisierung des Kohlenbergbaues in einer Weise verbunden werden kann, daß minder tragfähige Schultern von der Steuererhöhung schwächer getroffen werden.“ (R 43 I /1363 , Bl. 11).

1. Der Reichsminister der Finanzen wird ermächtigt, den Finanzministern der Länder die Zustimmung zu der vorläufig zwischen den einzelnen Regierungsstellen und den Verbänden der Eisenbahner und Beamten getroffenen Einigung über die Teuerungszuschläge zu empfehlen und hierbei gleichzeitig die Frage der Deckung nach Maßgabe der Ziff. 1–312 der Anlage – im Sinne der grundsätzlichen Zustimmung, soweit Entwürfe noch nicht vorliegen – zu behandeln.

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Dies waren: 1. Erhöhung der Post- und Telegraphengebühren, 2. Erhöhung der Eisenbahntarife im Fracht- und Personenverkehr und 3. Steuererhöhungen und Neueinführung von Steuern.

2. Nach Abschluß der Verhandlungen mit den Finanzministern der Länder soll das Kabinett zu den Vorschlägen endgültig Stellung nehmen und nach[402] erfolgter Stellungnahme zunächst mit den Koalitionspartnern und sodann mit den übrigen Parteien einschl. der Unabhängigen die Angelegenheit verhandeln.

3. Über die Fragen 4–6 der Anlage13 soll der Reichsminister der Finanzen mit dem Reichsarbeitsminister in Verbindung treten, der darüber in der nächsten Kabinettssitzung berichten wird.

13

Hier handelte es sich um: 4. Überprüfung der Grundsätze des 8-Stundentages und 5. der Urlaubsgewährung sowie 6. um den Personalabbau im Zuge der Demobilmachung.

Der Reichsminister der Finanzen und der Reichsarbeitsminister werden das Weitere veranlassen14.

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Siehe dazu weiter Dok. Nr. 154.

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