1.42.1 (ma12p): Mitteilungen des Reichsministers der Finanzen.

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Mitteilungen des Reichsministers der Finanzen.

Der Reichsminister der Finanzen berichtete anhand von Zusammenstellungen (vgl. Anlage 1 bis 4)1 über die Finanzlage des Reichs. Die Schätzungen seien äußerst vorsichtig gehalten. Das Endergebnis sei, daß unter Ausschöpfung aller noch zur Verfügung stehenden Quellen am Ende des nächsten Vierteljahres ein Überschuß von nur noch 31 Millionen M vorhanden sein werde. Je weiter man bei der Betrachtung den Endtermin hinausschiebe, desto ungünstiger werde die Lage. Erschwerend komme hinzu, daß in nächster Zeit Mittel aus dem kurzfristigen Kredit kaum noch zur Verfügung stehen würden, da deren Erträge für eine besondere Kreditaktion zu Gunsten der Landwirtschaft verwendet werden sollen.

1

In der Anlage zum Protokoll befinden sich mehrere spezifizierte Voranschläge über die Einnahmen und Ausgaben des Reichs für die Monate Juli bis September 1924; ein Anschreiben fehlt.

Die Frage sei, ob, nachdem in der Ausgabenseite für sozialpolitische Zwecke bereits eine Mehrausgabe von 15 Millionen für das Vierteljahr vorgesehen sei, die Reichsregierung sich entschließen könne, mit Rücksicht auf die Lage der Wirtschaft noch weitere Summen zur Abwendung der größten Gefahren bereitzustellen. Zwei Hauptgebiete seien dafür in Betracht zu ziehen:

1. die Wohnungswünsche des besetzten Gebiets,

2. die Kreditnöte der Wirtschaft.

Zu 1: Was die Wohnungswünsche des besetzten Gebietes anlange, so sei die Reichsregierung bereit, die bereits begonnenen Bauten fertigzustellen. Auch darüber hinaus solle versucht werden, in bescheidenem Umfange Mittel für Neubauten, die schnell errichtet werden können, bereitzustellen. Nicht möglich sei es dagegen, jetzt Mittel in größerem Umfange für Neuwohnungsbau zu[895] bewilligen, und zwar besonders mit Rücksicht darauf, daß nach Lage der Dinge angenommen werden könne, die bestehende Wohnungsknappheit werde bei Durchführung des Sachverständigengutachtens aufhören.

Zu 2: Die Lage der Wirtschaft sei ganz allgemein sehr schlecht, besonders schlecht die der Wirtschaft im besetzten Gebiet. Es frage sich, ob man nicht jetzt damit beginne, die Micumkosten, die die Industrie für das Reich bisher auf sich genommen habe, teilweise zu bezahlen2. Er glaube, daß man dazu den Weg der E-Schatzanweisungen wählen könne, wenn man dafür Sorge trage, daß diese E-Schatzanweisungen diskontfähig würden. Man müsse zu diesem Zweck eine Stelle bezeichnen, die die Anweisungen diskontiere und der gegenüber das Reich bürge3. Er glaube, daß für das nächste Vierteljahr auf diesem Weg ein Betrag von 50 Millionen Mark zur Verfügung gestellt werden sollte. Daneben müsse man, wie auch schon in dem Plane vorgesehen, damit rechnen, daß für August und September neue Micumlasten entständen, die das Reich, natürlich wieder in einer anderen Form als bisher, zu tragen haben würde. Demzufolge beantrage er

2

Der Ruhrbergbau hatte bereits eine finanzielle Beihilfe des Reichs zur Durchführung von Reparationslieferungen auf Grund der Micum-Verträge in den Monaten Juni/Juli 1924 zugesagt erhalten. Vgl. die Besprechungen mit der Sechserkommission vom 13. 6. (Dok. Nr. 222) und vom 29. 6. (Dok. Nr. 239).

3

Die Schatzanweisungen vom Typ E werden zur Entschädigung der Privatindustrie für Reparationslieferungen und Besatzungsschäden geschaffen. Die Diskontierung der Schatzanweisungen erfolgt durch die Reichskreditgesellschaft in Berlin. Vgl. hierzu die Denkschrift „Die Reparationslasten und Schäden der Privatwirtschaft des Ruhr- und Rheingebiets und ihre Erstattung durch das Reich“ vom 16.2.25 (RT-Drucks. Nr. 568 , S. 11 ff., RT-Bd. 398 ) sowie die „Anleihedenkschrift 1924“ vom 23.2.25 (RT-Drucks. Nr. 709 , S. 5 f., RT-Bd. 399 ).

1.

daß das Kabinett von seinen Vorlagen Kenntnis nehme;

2.

daß das Kabinett einer Einstellung von 15 Millionen Mark (für ein Vierteljahr) für soziale Leistungen zustimme;

3.

zu erörtern, ob es verantwortet werden könne, auf dem geschilderten Umweg der Industrie des besetzten Gebietes 50 Millionen Mark im nächsten Vierteljahr zur Verfügung zu stellen;

4.

festzustellen, daß, falls nach der Erörterung unter 3. ein entsprechender Beschluß gefaßt werde, das Kabinett geschlossen mit ihm der Meinung sei, daß sämtliche weitergehenden Anträge mit finanzieller Wirkung abgelehnt werden müssen.

Die Diskussion und Beschlußfassung wurde durch die Weiterbehandlung der Militärkontrollfrage unterbrochen (vgl. Protokoll vom 17. d. M. von Ministerialrat Kiep über 1) Militärkontrollfrage und 2) Kassenvoranschlag für Juli bis September4 ).

4

S. Dok. Nr. 256.

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