1.71 (mu22p): Nr. 327 Der Reichsbund der höheren Beamten an die Reichskanzlei. 23. Oktober 1929

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RTF

[1057] Nr. 327
Der Reichsbund der höheren Beamten an die Reichskanzlei. 23. Oktober 1929

R 43 I /1889 , Bl. 152, hier: Bl. 152

[Betrifft: Volksbegehren gegen den Young-Plan.]

Der Geschäftsführende Vorstand des Reichsbundes der höheren Beamten1 hat in seiner Sitzung vom 17. Oktober 1929 folgenden Beschluß gefaßt:

1

Vorsitzender des Reichsbundes, dem 28 Verbände angeschlossen waren, war der damals erkrankte Fraktionsvorsitzende der DVP Scholz.

„Der Reichsbund der höheren Beamten hat stets, auch in wiederholten öffentlichen Kundgebungen, seine Treue zu Reich, Volk und Verfassung bekannt. Ebenso hat er immer als durchaus unpolitische Berufsvertretung jede Stellungnahme zu politischen Fragen abgelehnt. So hat er z. B. bereits vor längerer Zeit die Beteiligung eines seiner lokalen Unterverbände an der Aufstellung politischer Wahllisten als mit seiner unpolitischen Einstellung unvereinbar gemißbilligt. An diesem Standpunkt muß der Reichsbund der höheren Beamten als unverrückbarer Richtlinie festhalten, wenn er nicht Uneinigkeit in die Reihen seiner den verschiedensten politischen Parteien angehörenden Mitglieder hineintragen will. Von dieser Grundlage ausgehend muß der Reichsbund der höheren Beamten von jeder Stellungnahme zu dem jetzt zur Abstimmung gestellten Volksbegehren als einer rein politischen Aktion absehen.“

Mit Rücksicht auf mehrfache Mißdeutungen der Haltung des Reichsbundes der höheren Beamten stellt der Geschäftsführende Vorstand in seiner Sitzung vom 22. Oktober 1929 fest, daß vorstehender Beschluß keine Stellungnahme für das Volksbegehren bedeuten sollte und konnte, dessen § 4 vom beamtenpolitischen Standpunkt aus in seinen Folgerungen schwere Bedenken auszulösen geeignet ist.

Der von der Reichs- und Preußischen Regierung kundgegebenen Ansicht, daß ein Beamter sich durch Eintragung in die Listen für das Volksbegehren einer disziplinarisch zu ahndenden Handlung schuldig macht, muß dagegen mit aller Entschiedenheit widersprochen werden, da eine derartige Auffassung mit der den Beamten verfassungsmäßig gewährleisteten politischen Meinungsfreiheit unvereinbar ist2.

2

Siehe hierzu Dok. Nr. 310, P. 1 der Ministerbesprechung und Dok. Nr. 328.

Reichsbund der höheren Beamten

i. A.: Dr. Spiegelthal

Senatspräsident a. D.

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