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[290] Nr. 61
Besprechung des Reichskanzlers mit dem belgischen Gesandten am 16. September 19231
R 43 I/215, Bl. 93–98 Durchschrift
Der Gesandte eröffnete die Besprechung mit der Frage, ob die Gerüchte richtig seien, wonach Deutschland beabsichtige, den passiven Widerstand im Ruhrgebiet aufzugeben. Ich erwiderte ihm darauf, daß wir uns mit dieser Frage allerdings beschäftigt hätten, daß ich auch Gelegenheit gehabt hätte, darüber mit dem französischen Botschafter mich zu unterhalten2. Grundsätzlich seien wir bereit, den passiven Widerstand, den ich stets nur als ein Mittel zum Zweck für die Herbeiführung von Verhandlungen angesehen hätte, aufzugeben, müsse dies aber sowohl aus sachlichen Gründen wie um der öffentlichen Meinung in Deutschland willen an bestimmte Voraussetzungen knüpfen3. Falls die Regierung eine bedingungslose Aufgabe des passiven Widerstandes vertreten wolle, würde, wie mir der Führer der Deutschnationalen Exzellenz Hergt gesagt habe, der Reichskanzler ein – mindestens politisch – toter Mann sein. Ich erinnerte den Gesandten an die Forderungen, die von seiten der Gewerkschaften[291] aufgestellt worden wären4, und die umso bedeutungsvoller wären, als es sich hier um ganz sozialistisch eingestellte Kreise handele. Die Regierung könne unmöglich unter die Forderungen heruntergehen, die hier von seiten sozialistischer Arbeiterorganisationen aufgestellt worden wären. Zu diesen Forderungen gehöre in erster Linie die Rückkehr der vertriebenen Beamten und Arbeiter innerhalb einer angemessenen Frist. Die Rückkehr könne gewiß nicht von heute auf morgen geschehen, zumal auch technische Schwierigkeiten hierbei zu überwinden wären, aber ich dächte mir, daß den einzelnen Arbeitern und Angestellten die Möglichkeit gegeben werden müsse, etwa innerhalb von 4 Wochen in ihre Heimat zurückkehren zu können. Die ausgewiesenen Beamten müßten wieder in ihre Ämter eingesetzt werden. Ich begründete das vor allem damit, daß infolge der Abwesenheit der Beamten eine völlige Anarchie in der Verwaltung eingerissen sei, die sobald als möglich beseitigt werden müsse5.
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S. die Unterredung des RK mit de Margerie am 3.9.23 (Vermächtnis I, S. 101 ff.).
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Vom AA ist für diese Unterredung mit dem belg. Gesandten Comte della Faille de Leverghem eine mehrseitige Aufzeichnung vorbereitet worden, die der RK offensichtlich vortragen sollte. Dort heißt es u. a.: „Wir sind fest entschlossen, den gegenwärtigen Zustand, der nicht mehr aufrecht zu erhalten ist, abzubauen. Dafür gibt es aber zwei verschiedene Wege, über deren Wahl die Deutsche Regierung sich jetzt schlüssig werden muß. Entweder wir nehmen den Abbau im Einvernehmen mit Belgien und Frankreich vor, um zu vermeiden, daß schwere Erschütterungen im besetzten Gebiet entstehen, und um zugleich die Verhandlungen über die endgültige Bereinigung des Ruhr- und Reparationsproblems anzubahnen. Oder aber die Deutsche Regierung wählt den anderen Weg, daß sie ohne Benehmen mit der Belgischen und Französischen Regierung von sich aus den Widerstand aufgibt, was darauf hinauslaufen würde, Ruhrgebiet und Rheinland ihrem Schicksal, das heißt der Sorge Belgiens und Frankreichs zu überlassen.“ Im Sinn einer Verständigung habe der RK seit seiner Amtsübernahme gearbeitet. Er fordere keine Gegenleistung, aber eine bedingungslose Kapitulation sei untragbar. Er müsse der deutschen Öffentlichkeit die Zusicherung geben können auf Reduzierung der Besatzungstruppen, Beendigung der Einmischung in industrielle Betriebe und Beschlagnahme der Reichsbankgelder sowie auf Amnestierung der Verhafteten und Rückkehr der Vertriebenen. Diese Versicherung müsse präziser sein, als die frz. und belg. Erklärungen gegenüber England, und den Status vom 10. Januar 1923 wiederherstellen. „Sollte es nicht möglich sein, mit Belgien und Frankreich zu einem derartigen Arrangement zu gelangen, so bleibt uns nicht übrig, als jedes Zusammenwirken in den besetzten Gebieten abzulehnen und diese Gebiete, wie ich schon sagte, ihrem Schicksal zu überlassen. Die Deutsche Regierung würde sich damit von den riesigen finanziellen Lasten, die die Ursache der jetzigen Situation sind, befreien.“ Damit sei jedoch einer Verständigung über die Lösung des Problems nicht näherzukommen und Belgien und Frankreich würden mit der wirtschaftlichen und finanziellen Verantwortung für die besetzten Gebiete in ernste Schwierigkeiten geraten. „Ich kann danach nur der Hoffnung Ausdruck geben, daß wir auf dem von mir beschrittenen ersten Wege weitergehen. Mit allem Nachdruck und in aller Offenheit erkläre ich Ihnen daher, daß wir jetzt keinen Augenblick mehr zu verlieren haben. Die Deutsche Regierung muß sich noch in diesen Tagen endgültig schlüssig werden, wie sie vorgehen soll“ (R 43 I/39, Bl. 351–352).
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Vgl. das Schreiben Leiparts an Walker vom 29.8.23 (Dok. Nr. 32). S. a. Anm. 5 zu Dok. Nr. 62.
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Zur Beamtenfrage s. auch Anm. 10 zu Dok. Nr. 52.
Dasselbe Recht der Rückkehr müsse für diejenigen gelten, die sich in den Gefängnissen befänden. Für sie müsse eine allgemeine Amnestie erlassen werden.
Der Gesandte unterbrach mich und fragte, ob auch für Saboteure?
Ich erwiderte darauf, indem ich hinwies auf das Verhalten der belgischen Bevölkerung bei dem von ihr als unrechtmäßig angesehenen Einmarsch der deutschen Armee, und fragte den Gesandten, ob er von uns verlangen könne, daß wir die Männer, die sicherlich in den meisten Fällen nur aus Idealismus gehandelt hätten, anders betrachten sollten als wie Belgien die betrachte, die bei dem Einmarsch der deutschen Armee eine Handgranate geworfen hätten. Ich bemerkte dabei, daß unter meiner Kanzlerschaft irgendwelche Sabotageakte gar nicht vorgekommen seien, ich mich also sicherlich nicht für Persönlichkeiten ins Zeug legte, die auf irgend eine Anweisung oder nach Fühlungnahme mit der Regierung gehandelt hätten, daß ich aber trotzdem aus allgemeinem Interesse entscheidendes Gewicht auf diesen Punkt legen müsse.
Ich erklärte dann weiter, daß es mir notwendig erscheine, daß sofort eine Reduktion der Okkupationstruppen eintrete, damit die Besatzung ihren jetzigen Charakter verliere, daß jede weitere Beschlagnahme von deutschen Geldern selbstverständlich aufhören müsse, und daß der Industrie die Möglichkeit gegeben werden müsse, ihre Arbeiten wieder zu beginnen, frei von Kontrolle.
Darüber hinaus käme es aber vor allem darauf an, daß die Besorgnisse zerstreut würden, die in Deutschland bezüglich des Rheinlandes beständen. Immer wieder hörten wir von Bestrebungen, einen Rheinstaat zu schaffen, der vielfach so gedacht sei, daß er sich als eine große Trennungslinie gegenüber dem Reich darstelle, die Pfalz, hessische Teile und Teile des Ruhrgebiets umfassen solle. Ich betonte dem Gesandten gegenüber, daß wir nie und nimmer unseren Namen unter ein Dokument setzen würden, daß etwa eine solche Abtrennung deutschen Gebiets vorsehe, und daß die Rheinlande nicht vollkommen in ihrem jetzigen Verhältnis zum Deutschen Reich belasse. Ich machte ihn auf die Gefahren aufmerksam,[292] die ein solcher Rheinstaat in sich bergen würde6. Er sei keine Sicherheit für Frankreich; in seiner politischen Zusammensetzung würde er eher ein zweites Bayern bedeuten, als irgend wie demokratisch-pazifistisch eingestellt sein. Die Rückwirkungen auf das übrige Deutschland würden aber auf die Dauer ein friedliches Nebeneinanderleben der beiden Nationen unmöglich machen. Es gäbe keinen Deutschen, der es sich gefallen ließe, daß der Kölner Dom nicht innerhalb des deutschen Hoheitsgebietes liege.
Der Gesandte stimmte mir bei diesen Ausführungen durchaus zu und erklärte, daß in seinem Lande gar kein Interesse an einem solchen Rheinstaat bestehe. Es sei keine Rede davon, daß man einen solchen Rheinstaat als eine Sicherheit in Bezug auf Belgien ansehe. Ich erklärte ihm, daß unbedingt in einer Form von Darlegungen der alliierten Regierungen zum Ausdruck kommen müsse, daß die Allierten gewillt seien, die volle Souveränität des Deutschen Reiches innerhalb der Grenzen des Versailler Vertrages zu achten, und daß bezüglich des Rheinlandes diejenigen Verhältnisse wieder geschaffen werden müßten, die durch das Rheinlandabkommen7 festgesetzt worden seien. Schließlich bemerkte ich, daß für uns notwendig sei die Wiederverfügung über das Ruhrgebiet nach Maßgabe der deutschen Zahlungen und wies hin auf das von mir gemachte Angebot8 mit dem Bemerken, daß die hieraus sich ergebenden Zahlungen nach meiner Auffassung im Jahre 1924 beginnen könnten, und daß danach auch die Räumungsfristen in dieser Zeit zu laufen beginnen könnten.
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Gemeint ist das Rheinlandabkommen vom 28.6.1919 (RGBl., S. 687, 1337), s. a. Das Rheinlandabkommen und die Ordonnanzen der Interalliierten Rheinlandkommission in Koblenz.
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Damit verweist Stresemann auf seine Rede vom 12.9.23, s. Vermächtnis I, S. 118 f.; Schultheß 1923, S. 168 ff. Vgl. ferner Anm. 12, 13 zu Dok. Nr. 55.
Der Gesandte nahm hierbei Gelegenheit, mir ein Exemplar der Zeitung „La belge Liberté“ zu überreichen mit dem Bemerken, daß ich hier in den Darlegungen dieser Zeitung, die auf das belgische Graubuch zurückgingen, ein sehr interessantes Projekt fände bezüglich der deutschen Reparationen9. Er fragte mich, ob ich diese Darlegungen kennte, was ich verneinte, worauf er betonte,[293] daß ihm allerdings das Graubuch auch nicht zugegangen sei. Er versprach mir, es nach Erscheinen zu übersenden.
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Es handelt sich hierbei um die Ausgabe vom 13.9.23, Nr. 236, in der der Inhalt des belg. Graubuches referiert wurde, das zur gleichen Zeit wie das frz. Gelbbuch erschienen war und die belg. außenpolitischen Aktionen vornehmlich seit der Besetzung des Ruhrgebiets dokumentiert (R 43 I/39, Bl. 355; Documents diplomatiques rélatifs aux réparations Brüssel 1923). In der Aufzeichnung des AA für den RK (s. o. Anm. 3) war zunächst die Reparationsfrage abgehandelt worden mit Bezug auf einen Zeitungsausschnitt, der nach einer Meldung aus Brüssel vom 13. 9. den belg. Reparationsplan nach dem Graubuch darstellt: „Nach diesem Plan soll das Deutsche Reich seine Reparationen dadurch abtun, daß es 1. durch die Verpachtung der Reichseisenbahn eine jährliche Einnahme von einer Milliarde Goldmark erzielt, 2. durch die Tabaksteuer 450 Millionen Goldmark jährlich, 3. durch eine Biersteuer 200 Millionen, 4. durch eine Weinsteuer 80 Millionen, 5. durch eine Schaumweinsteuer 5 Millionen, 6. durch eine Belastung des Alkohols 600 Millionen, 7. durch eine Zuckersteuer 130 Millionen, 8. durch eine Salzsteuer 60 Millionen, 9. durch eine Zündholzsteuer 20 Millionen und 10. durch Besteuerung der Beleuchtungsmittel 5 Millionen Goldmark jährlich. Als Betrag für die Kohlenlieferung würden 340 Millionen Goldmark eingebracht, wodurch nach der belgischen Rechnung ein jährlicher Mindestertrag von 2870 Millionen Goldmark erzielt würde, den man leicht auf drei Milliarden durch weitere Monopole oder Besteuerungen hinaufschrauben könnte“ (R 43 I/39, Bl. 349). Diese Angaben sind der belg. Note vom 9.6.23 entnommen, s. dazu RT-Drucks. Nr. 6204, S. 33 ff., Bd. 379.
Ich überflog die in der Zeitung gemachten Aufstellungen und bemerkte, daß ich bei flüchtigem Durchsehen doch darauf aufmerksam machen müßte, daß einige Dinge bei diesem Schema unbedingt falsch aufgefaßt seien10. So erscheine es mir unmöglich, daß das Deutsche Reich bei einer Verpachtung der deutschen Reichseisenbahnen jemals eine Milliarde Mark werde erlösen können. Wenn ich nicht irre, sei der Verkehr auf den Reichseisenbahnen auf 30% des Friedensverkehrs zurückgegangen11, und selbst im Frieden wären die Überschüsse nicht so hoch gewesen12.
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Nach der Aufzeichnung des AA (s. o. Anm. 3) sollte der RK bei Vorlage des belg. Reparationsplanes erklären, daß dieser nur aus Zeitungsmeldungen bekannt sei. Es ergäben sich einige Parallelen zum deutschen Vorschlag. Die Höhe der belg. Vorstellungen werde nicht erreicht werden können. Unklar sei, ob die belg. Reg. an Steuern oder an Monopole denke. „Die Ausgestaltung der indirekten Steuern ist im Gange. Wir wollen sie mindestens auf den Friedensstand bringen, zum Teil aber noch erheblich darüber hinaus steigern. Das letztere gilt für die allgemeinen Genußmittel wie Wein, Bier usw. Die Zuckersteuer ist bereits auf Friedenshöhe gebracht, die Tabaksteuer soll über die Friedenshöhe hinaus gesteigert werden. Es ist aber ohne weiteres klar, daß wir für diese steuerlichen Maßnahmen eine gewisse Zeit haben müssen. Die Konsumkraft der Bevölkerung, insbesondere der Arbeiter und des zum Teil vernichteten Mittelstandes ist außerordentlich geschwächt. Bei einer allzu schnellen Erhöhung der Steuern würden daher unter Umständen diese Steuerquellen weniger einbringen als bisher. Prinzipiell sind wir aber, wie gesagt, durchaus gewillt, die indirekten Steuern zu erhöhen. – Zu dem Gedanken der Monopole wäre folgendes zu sagen. Ein Monopol auf Bier, Wein und Schaumwein ist kaum möglich. Alkohol ist bereits Gegenstand eines Monopols, das mit außerordentlich hohen Sätzen arbeitet. Gegen ein Monopol auf Tabak haben wir große Bedenken, weil bei uns der Tabakhandel außerordentlich zersplittert und zum großen Teil in Händen der Klein- und Hausindustrie ist. Wenn wir ein Tabakmonopol einrichten, so müßten sehr große Entschädigungssummen gezahlt werden.“ Dadurch werde die Rentabilität des Monopols vemindert; die Entschädigungssumme sei auch nur auf dem Anleiheweg zu erlangen und werde damit die Inflation nur steigern. Allerdings werde eine Fortsetzung des Gedankenaustauschs mit der belgischen Regierung über diese Frage begrüßt (R 43 I/39, Bl. 349–350).
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Im Jahr 1913 betrug auf den vollspurigen Eisenbahnen der Verkehr 1797,7 Mill. Personen auf 41 210 Mill. km und der Güterverkehr 676,6 Mill. t auf 67 515 Mill. km. Im Jahr 1923 betrug der Verkehr auf den von der Regie nicht verwalteten Strecken 2381,8 Mill. Personen (1922: 2979,3) auf 64 204 Mill. km (75 810) und der Güterverkehr 289,5 Mill. t (470,2) auf 42 641 Mill. km (68 652) (Statist. Jahrbuch 1924/25, S. 107; 1926, S. 97).
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In der Denkschrift des RVM vom 4.9.23 war als mögliche Reparationsleistung des gesamten Reichsbahnnetzes, d. h. unter Einschluß der von der Regie verwalteten Strecken, der Betrag von 500 Mill. RM pro Jahr angegeben worden (R 43 I/189, Bl. 102).
Weiter fragte ich ihn, ob die in der belgischen Aufzeichnung genannten Summen der Erträgnisse aus Genußmittelsteuern gedacht seien als Ergebnis eines Monopols oder als Ergebnis einer steuerlichen Belastung. Er betonte darauf, daß Belgien an ein Monopol denke, worauf ich ihm sagte, ein solches Monopol sei wohl von uns durchgeführt für Branntwein, sei vielleicht möglich für die Zigarettenindustrie, die sich nur auf eine Anzahl von Fabriken beschränke, sei aber unmöglich für die Tabakindustrie, bei der es sich um viele tausende Betriebe handele. Ich versprach ihm aber, die Darlegungen genauer zu studieren und dankte ihm für die Übermittelung.
Im Laufe des Gesprächs bemerkte ich, daß der Gesandte meinen Ausführungen schwer folgen konnte, sich Notizen machte und mit mir über die einzelnen Notizen dann sprach. Ich sagte, ich sei bereit, ihm eine Aufzeichnung über[294] die einzelnen Voraussetzungen der Aufgabe des passiven Widerstandes zu geben, was er außerordentlich begrüßte. Er betonte während der Unterredung wiederholt, daß Belgien in der Lage und gewillt sein würde, in Paris im Sinne einer Verständigung zu wirken13.
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Am Spätnachmittag des 19.9.23 suchte der belg. Gesandte StS von Maltzan auf und teilte ihm mit, er habe aus Brüssel ein Telegramm mit dem Inhalt bekommen: „Sur ces bases impossible de discuter.“ Auf Maltzans Erstaunen, da die deutschen Wünsche in konzilianter Form vorgebracht worden seien, erwiderte der Gesandte, seine Regierung stoße sich an den Forderungen auf sofortige Rückkehr aller Gefangener und der sofortigen Begnadigung der Verurteilten. Darauf nannte Maltzan als deutsche Alternativen: „1) auf Grund der erbetenen vier Soulagements den passiven Widerstand aufzuheben und gemeinsam mit Frankreich und Belgien bei dem allmählichen Aufbau in der Ruhr und am Rhein mitzuarbeiten, und 2) im Falle der Ablehnung der Soulagements ohne irgendwelche Bedingungen zu kapitulieren. Dies sei ausgeschlossen, da wir bestimmt wüßten, hiermit den Zerfall des Reiches zu riskieren, und 3) nach Ablehnung der Soulagements der Welt unsere letzten, Belgien und Frankreich übermittelten Wünsche zu veröffentlichen und zu erklären, daß wir nicht kapitulieren könnten, da wir unsere Gefangenen und Vertriebenen nicht preisgeben wollten, daß wir aber wegen Mangel an Zahlungsmitteln das Schicksal der Ruhr und des Rheins Frankreich überlassen müßten.“ Frankreich werde auf die Dauer nicht in der Lage sein, die Bevölkerung des Ruhrgebiets, die auch im Frieden militärischer Gewalt nicht gehorcht habe, zur Arbeit zu zwingen. Gegen die Punkte Verwaltung der Eisenbahnen und Verwaltung der Minen habe der Gesandte keine Bedenken erhoben. „Der Gesandte kam zum Schluß noch einmal auf die große Gefahr zu sprechen, die eine Derelinquierung des Ruhrgebiets für Deutschland haben würde. – Ich erwiderte, daß auch ich seine Sorge teile, daß man aber vorziehen müsse, auf eine gewisse Zeit deutsche Landesteile nicht innerlich, aber äußerlich abzuschreiben, wenn man dadurch den Bestand des Reiches retten könne. Dies sei eine Ansicht, die übrigens von maßgebenden Persönlichkeiten in der Ruhr und auch von maßgebenden hiesigen Persönlichkeiten durchaus geteilt würde“ (Pol. Arch.: Büro RM PA, Bd. 1).