1.177.3 (bru3p): 3. Gewerbepolizeiliche Angelegenheit (Wettbewerb der Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte).

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3. Gewerbepolizeiliche Angelegenheit (Wettbewerb der Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte).

Ministerialrat Hoppe legte den Stand der Frage des Wettbewerbs der Warenhäuser und der Einheitspreisgeschäfte sowie der Frage weiterer Maßnahmen auf dem Gebiete der Konzessionserteilung dar4. Er verwies auf die Anregung des Württembergischen Staatsministeriums in der Angelegenheit vom letzten Herbst5 und die Verhandlungen, die das Reichswirtschaftsministerium mit den beteiligten Stellen gepflogen habe. Zur Zeit sei auf Veranlassung des Reichswirtschaftsministeriums der Reichswirtschaftsrat damit befaßt, zu der Angelegenheit ein Gutachten abzugeben. Der Reichswirtschaftsrat habe Unterausschüsse eingesetzt für die verschiedenen Einzelfragen. Es sei zu erwarten, daß der Ausschuß des Reichswirtschaftsrats nicht dafür eintreten werde, die Warenhäuser einschränkenden Bestimmungen zu unterwerfen, weil eine weitere Expansion der Warenhäuser infolge der Entwicklung der Wirtschaftsverhältnisse nicht erwartet werde.

4

Mit der Beratung über Warenhäuser und Einheitspreisgschäfte entsprach das Rkab. einer Forderung der Wirtschaftspartei: siehe Dok. Nr. 686.

5

Der Württ.WiM Reinhold Maier hatte dem RK am 14.9.31 seine Eingabe an den RWiM vom 8.9.31 übersandt, in der er vorgeschlagen hatte, die Bezeichnung Einheitspreisgeschäfte auf solche Geschäfte zu beschränken, die nur zu ganz wenigen, bestimmten Preisen verkaufen, unlautere Warenanpreisung zu verbieten und die Möglichkeit, unzuverlässigen Personen den Geschäftsverkehr zu untersagen (R 43 I /2010 , Bl. 3–9).

Anders lägen die Verhältnisse bei den Einheitspreisgeschäften. Diese drängten auf dem Lande weiter vor und bildeten dort eine wachsende Konkurrenz der Mittelstandsgeschäfte. Das sei nicht nur in Württemberg sondern auch in Bayern und anderen Teilen Deutschlands der Fall.

Der Reichskanzler erklärte, auch er sähe die Hauptgefahr für die mittleren und kleinen Geschäfte nicht bei den Warenhäusern, sondern bei den Einheitspreisgeschäften. Er halte es für erwünscht, wenn der Reichswirtschaftsrat sein Gutachten bald erstatten könnte, und zwar vor allem über die Einheitspreisgeschäfte und die Wettbewerbsfrage. Dann könne man noch vor der Reichspräsidentenwahl veröffentlichen, daß die Reichsregierung eine Einschränkung des unlauteren Wettbewerbs beschlossen und bestimmte Maßnahmen vorgesehen habe.

Der Reichsminister der Justiz wies darauf hin, daß das Reichsjustizministerium bereits einen Entwurf über das Wettbewerbswesen vorbereitet habe. Dieser sei mit allen beteiligten Organisationen besprochen worden. Man könne daher wohl schon jetzt eine Veröffentlichung über entsprechende Regierungsmaßnahmen vornehmen6.

6

Vgl. Dok. Nr. 694, Anm. 6.

[2348] Der Reichskanzler meinte, es sei besser, dem Reichswirtschaftsrat nicht vorzugreifen und vorher dessen Stellungnahme abzuwarten. Er halte es für zweckmäßig, die Bedeutung des Reichswirtschaftsrats auf solche Weise zu stützen.

Der Reichspostminister erklärte, die Auswirkungen der scharfen Konkurrenz der Einheitspreisgeschäfte machten sich in Bayern so stark bemerkbar, daß er es begrüßen würde, wenn sofort etwas geschähe.

Der Reichsminister der Justiz warf die Frage auf, ob es nicht zweckmäßig sei, die Regelung des Zugabewesens mit der der Einheitspreisgeschäfte und der Frage des unlauteren Wettbewerbs zu verbinden und in einer Notverordnung auf Grund des Artikel 48 der Reichsverfassung zusammenzufassen.

Gegen einen solchen Vorschlag wurden von verschiedenen Seiten Bedenken vorgebracht, die namentlich auch der Reichskanzler teilte7. Es schien u. a. nicht ratsam, die ganz besonders umstrittene Frage des Zugabewesens mit den anderen Fragen zu verbinden, für die die Öffentlichkeit mehr Verständnis habe8. Es wurde als fraglich bezeichnet, ob es sich empfehle, die Regelung des Zugabewesens überhaupt vor den Wahlen vorzunehmen.

7

Vgl. dagegen Dok. Nr. 694, P. 14.

8

Vgl. Dok. Nr. 679, Anm. 5.

Das Kabinett beschloß, daß der Reichswirtschaftsrat gebeten werden solle, beschleunigt sein Gutachten, insbesondere zur Frage der Einheitspreisgeschäfte, zu erstatten9.

9

Der Arbeitsausschuß I des Vorl.RWiR erstattete am 21.3.32 seinen Bericht über die Konzessionierung von Warenhäusern und Einheitspreisgeschäften und die Erweiterung der Untersagungsbefugnis. Der Ausschuß stellte fest, daß der Anteil der Warenhäuser am Gesamtumsatz des Einzelhandels 1931 3,8% betrug, während er im Ausland wesentlich höher lag, in Frankreich bei 5,3%–6,3%, in Großbritannien 3,5%–4,5%, in den Niederlanden 8% und in den USA 16%. Der Anteil der Einheitspreisgeschäfte, die in Dtld. erstmals 1926/27 auftraten, am Einzelhandelsumsatz betrug 1930 0,74%. Der Ausschuß hatte Maßnahmen gegen zu lange Ausverkaufszeiten, klare Bestimmungen über Saisonausverkäufe, Verhinderung von übermäßiger Ausbreitung von Sonderveranstaltungen und des Mißbrauchs von Lockartikeln gefordert. Ein für zwei Jahre befristetes Verbot zur Errichtung von Einheitspreisgeschäften hatte die Mehrheit des Arbeitsausschusses abgelehnt. Dagegen hatte die Mehrheit eine klare Preisauszeichnung in den Einheitspreisgeschäften empfohlen (R 43 I /2010 , Bl. 17–30).

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