1.183.7 (bru3p): 7. Entwurf einer Verordnung über Getränkesteuer, Realsteuer-Sperre 1932 und Kraftfahrzeugsteuer.

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7. Entwurf einer Verordnung über Getränkesteuer, Realsteuer-Sperre 1932 und Kraftfahrzeugsteuer.

a) Getränkebesteuerung.

Der Reichsminister der Finanzen erläuterte zunächst das Kapitel I des von ihm vorgelegten Entwurfs einer Verordnung des Reichspräsidenten über Getränkebesteuerung, Realsteuer-Sperre und Kraftfahrzeugsteuer21.

21

Der Entw. mit Begründung befindet sich in R 43 I /2413 , Bl. 172–190.

1.) Er führte aus, daß eine Senkung der Reichsbiersteuer um 3 Mark in sämtlichen Staffeln vorgesehen sei, woraus sich für die kleinsten Betriebe eine steuerliche Entlastung von 32 v. H. ergäbe und für die größten Betriebe eine solche von 25 v. H. Bei der Gemeindebiersteuer sei eine Senkung um 40 v. H. vorgesehen, aber nicht unter 4 RM. Wenn also die Gemeindebiersteuer auf 5 Mark festgesetzt sei, werde eine Senkung auf 4 Mark eintreten22.

22

Vgl. hierzu auch die Forderungen des MdR Köster (WP) in Dok. Nr. 694, Anm. 10.

[2375] Nach seiner Meinung habe die ganze Senkung der Biersteuer jedoch nur dann praktischen Wert, wenn es gelinge, den Ausschankpreis für das kleinste Schankmaß um 5 Rpf zu drücken. Dies Ergebnis werde nur dann erreicht werden, wenn der Hektoliter-Preis um 12 Mark gesenkt werde. Durch die steuerliche Erleichterung trete eine Entlastung um 7 Mark (3 Mark Reichssteuer, 4 Mark Gemeindesteuer) ein. Infolgedessen müsse durch den Reichskommissar für Preisüberwachung eine weitere Entlastung von 5 Mark durchgesetzt werden. Reichskommissar Goerdeler, der zu der Besprechung zugezogen wurde, stimmte diesen Ausführungen grundsätzlich zu und erklärte, daß er in diesem Sinne mit den Brauereien und den Gastwirtverbänden verhandele. Es sei ihm aber zweifelhaft, ob er im Wege gütlicher Vereinbarung zum Ziele kommen werde. Wahrscheinlich werde er sich genötigt sehen, im Verordnungswege sowohl den Brauereien wie auch dem Gastwirtsgewerbe einen Nachlaß von je 2,50 M vorzuschreiben23.

23

Vgl. Dok. Nr. 699, Anm. 2.

2.) Der Reichsminister der Finanzen führte weiter aus, daß in dem gleichen Kapitel außerdem eine Verbilligung des Trinksprits vorgesehen sei, und zwar in der Weise, daß die Monopolabgabe an das Reich von 400 auf 250 M gesenkt wird.

Der Reichskanzler äußerte Bedenken gegen die in Artikel III Ziff. 2 vorgesehene Erweiterung des § 76 Abs. 324 des Branntwein-Monopolgesetzes vom 8. April 192225. Er glaubte, befürchten zu müssen, daß diese Änderung in den am Brennbetrieb besonders interessierten Ländern Süddeutschlands große Unruhe hervorgerufen werde. Es müsse der Reichsregierung naturgemäß sehr daran gelegen sein, vor den politischen Wahlen derartige Beunruhigungen möglichst zu vermeiden. Auf seine Anregung wurde die endgültige Beschlußfassung des Reichskabinetts daher zurückgestellt bis zu der für den kommenden Tag in Aussicht genommenen erneuten Kabinettssitzung26.

24

Der Absatz lautete: „Der Reichsminister der Finanzen kann anordnen, daß nur noch Branntwein, der ausschließlich aus Wein, Steinobst, Beeren oder aus Enzianwurzeln gewonnen worden ist, sowie Kornbranntwein (§ 101), der in Verschlußbrennereien hergestellt worden ist, von der Ablieferungspflicht ausgenommen ist; er kann die zur Durchführung dieser Anordnung notwendigen Änderungen des Gesetzes und der Durchführungsbestimmungen treffen“ (R 43 I /2413 , Bl. 175).

25

RGBl. 1922 I, S. 405 .

26

Vgl. Dok. Nr. 699, P. 1.

b) Realsteuer-Sperre 1932.

Ministerialdirektor Zarden trug den wesentlichen Inhalt dieses Kapitels des Verordnungsentwurfs vor. Grundsätzliche Bedenken wurden nicht geltend gemacht27.

27

Der Entw. verlängerte die Realsteuersperre für 1931 (NotVo. zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen vom 1.12.30, RGBl. I, S. 517 , hier S. 582) für das Jahr 1932 (R 43 I /2413 , Bl. 172–190, hier Bl. 182–194, Begründung Bl. 185–187).

Der Reichskanzler stellte daher die Zustimmung des Reichskabinetts zum Entwurf dieses Kapitels fest28.

28

NotVo. vom 19.3.32, Zweiter Teil (RGBl. I, S. 135 , hier S. 138).

c) Kraftfahrzeug-Steuer.

Ministerialdirektor Zarden trug den wesentlichen Inhalt des Entwurfs dieses Kapitels vor29.

29

Für die Abnutzung der Wege durch Kraftwagen wurde seit 1926 gemäß § 13 Abs. 2 des FinanzausgleichsGes. ein Zuschlag zur KFZ-Steuer erhoben, der von der RReg. mit Zustimmung des RR und des Steuerausschusses des RT jährlich neu festzusetzen war. Der NotVoEntw. des RFM sah einen Zuschlag von 5% vor (R 43 I /2413 , Bl. 188, Begründung Bl. 189–190).

[2376] Der Reichsminister der Justiz erklärte, daß er gegen die Verabschiedung dieses Kapitels auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung ernste staatsrechtliche Bedenken habe. Er glaube nämlich nicht, daß die Voraussetzung des Artikels 48 für die Festsetzung des Zuschlages zur Kraftfahrzeugsteuer als gegeben anerkannt werden könnte. Das Finanzausgleichsgesetz sehe vor, daß der Zuschlag durch einen Consensus der Reichsregierung, des Reichsrats und des Steuerausschusses des Reichstages festzusetzen sei. Es sei nicht angängig, von diesem im Gesetz vorgesehenen Wege lediglich mit der Begründung abzugehen, daß der Reichsregierung dieser Weg unzweckmäßig erscheine, und zwar deshalb, weil die Reichsregierung die Einberufung des Steuerausschusses des Reichstages vermeiden wolle, um zu verhüten, daß der Steuerausschuß gelegentlich seines Zusammentritts auf anderen Gebieten, die mit der Kraftfahrzeugsteuer nichts zu tun haben, politisch unerwünschte Agitationsbeschlüsse faßt. Die Voraussetzungen des Artikels 48 der Reichsverfassung seien erst dann gegeben, wenn ein Versuch, den vorgenannten Consensus von Reichsregierung, Reichsrat und Steuerausschuß herbeizuführen, nachgewiesenermaßen gescheitert sei. Ministerialdirektor Zarden führte demgegenüber aus, daß der Zusammentritt des Steuerausschusses im gegenwärtigen Augenblick ganz zweifellos dazu führen werde, daß dort unabhängig von der Kraftfahrzeugsteuer Steuerfragen zur Erörterung kommen würden, die geeignet seien, größte politische Beunruhigung zu erzeugen. Da sich die Nationalsozialisten an den Beratungen des Ausschusses nicht beteiligen würden, verfügten die Kommunisten zusammen mit den Sozialdemokraten über die Mehrheit der Stimmen im Ausschuß. Die Vertreter der Kommunisten hätten bereits jetzt offen erklärt, daß sie für den Fall des Zusammentritts des Steuerausschusses dort sehr weitgehende Anträge z. B. über die Erhöhung der direkten Steuern stellen würden, um die Sozialdemokraten zu zwingen, noch während des Wahlkampfes zu ihnen politisch unbequemen Steuerfragen Stellung zu nehmen. Die Reichsregierung müsse daher befürchten, daß im Steuerausschuß lediglich aus politischem Agitationsbedürfnis heraus Beschlüsse zustande kämen, die die Öffentlichkeit in unerwünschtester Weise verwirren würden. Im übrigen regele das zur Erörterung stehende Kapitel nicht nur den Zuschlag zur Kraftfahrzeugsteuer, sondern darüberhinaus zwei weitere Gegenstände, nämlich die Abrundung der Steuerzahlungen und gewisse Übergangsvorschriften. Diese beiden weiteren Teile könnten nur im Verordnungswege geregelt werden. Es sei daher nur zweckmäßig, wenn in dieser ohnehin notwendig werdenden Verordnung auch die Höhe des Zuschlages geregelt werde.

Der Reichskanzler schloß sich den Befürchtungen, die Ministerialdirektor Zarden hinsichtlich der Folgen eines Zusammentritts des Steuerausschusses des Reichstages geäußert hatte, vollinhaltlich an.

Da der Reichsminister der Justiz erklärte, seine Bedenken einstweilen nicht fallenlassen zu können, wurde die endgültige Beschlußfassung zur Sache auf die nächste Kabinettssitzung, die für den 18. in Aussicht genommen ist, zurückgestellt30.

30

Vgl. Dok. Nr. 699, P. 1.

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