1.86.6 (vpa2p): 6. Bericht zur Abrüstungsfrage.

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Das Kabinett von Papen Band 2Das Kabinett von Papen Bild 183-R1230-505Wahllokal in Berlin Bild 102-03497AGöring, Esser und Rauch B 145 Bild-P046294Ausnahmezustand in Berlin während des „Preußenschlages“.Bild 102-13679

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6. Bericht zur Abrüstungsfrage.

Der Reichsminister des Auswärtigen führte aus, daß er am Sonnabend, dem 19. November, zur Ratstagung nach Genf fahren müsse. Auf dieser Tagung würden u. a. die Mandschureifrage und gewisse polnische Fragen behandelt werden. Es werde sich nicht ganz vermeiden lassen, daß er auf die Abrüstungsfrage angesprochen werde23. Der deutsche Standpunkt gehe unzweideutig dahin,[963] daß die deutsche Regierung solange nicht an den Konferenztisch zurückkehren könne, als die Frage der Gleichberechtigung noch ungeklärt sei24. Diesen Standpunkt wolle er vertreten. Sollten sich Schwierigkeiten ergeben, so werde er dem Kabinett berichten25.

23

Für die Ausführungen in dieser Ministerbesprechung hatte StS v. Bülow dem RAM am 16. 11. „Stichworte“ zugehen lassen, worin es einleitend heißt: Die Abrüstungsfrage gehöre nicht zur Tagesordnung der Genfer Ratstagung. „Sie wird aber sicher Gegenstand privater Besprechungen zwischen den Ministern der hauptbeteiligten Mächte sein, zumal ich wegen des Gegenstandes der Ratstagung – die Mandschureifrage und die Frage der polnischen Agrarreform – mindestens 8 Tage in Genf bleiben muß. Der englische Außenminister Simon, der bereits den Wunsch zu einer Aussprache über das Gleichberechtigungsproblem ausgedrückt hat, befindet sich bereits in Genf. Paul-Boncour wird Ende dieser Woche dort erwartet. Ob MacDonald und Herriot später kommen werden, ist noch nicht sicher. Italien wird mindestens durch den Botschafter Rosso, die Vereinigten Staaten durch den demokratischen Senator Norman Davis vertreten sein.“ (ADAP, Serie B, Bd. XXI, Dok. Nr. 160, Anlage).

24

Zur diesbez. dt. Note an Frankreich vom 29.8.32 und zu den anschließenden dt.-frz. Sonderverhandlungen s. Dok. Nr. 132, P. 3, dort auch Anm 9–11. – Die dt. Hartnäckigkeit in der Gleichberechtigungsfrage führte in diesen Tagen zu ersten Erfolgen, die in zwei von frz. bezw. brit. Seite veröffentlichten Dokumenten ihren Niederschlag fanden. Zunächst hatte die frz. Reg. am 14. 11. dem Präs. der Abrüstungskonferenz einen umfangreichen, sehr detaillierten und zahlreiche neue Vorschläge enthaltenden Abrüstungs- und Sicherheitsplan („Herriot-Plan“, Text in: Material zur Gleichberechtigungsfrage, S. 23 ff., Aktenexemplar in R 43 I /533 , Bl. 316–336; Zusammenfassung in: Horkenbach 1932, S. 379) vorgelegt, den StS v. Bülow in seinen „Stichworten“ (vgl. oben Anm 23) im Hinblick auf das zentrale dt. Anliegen folgendermaßen charakterisierte: „In der Gleichberechtigungsfrage bringt der französische Plan keine ausdrückliche Anerkennung unserer Forderung, jedoch geht er stillschweigend von der theoretischen Anerkennung des Gleichberechtigungsprinzips aus und schafft für deren Durchführung wenigstens einen äußeren Rahmen. Ich erwähne in dieser Beziehung vor allem den Vorschlag, die Armeen aller Staaten des europäischen Kontinents nach einem einheitlichen Muster zu organisieren, und zwar auf der Grundlage der kurzen Dienstzeit und der Wehrpflicht sowie mit einem allseitigen Verbot der schweren Waffen. Hierin liegt im Kern die Anerkennung der Gleichberechtigung und, was ein nicht zu unterschätzender Fortschritt gegenüber der früheren französischen Haltung ist, ein Verzicht auf die Aufrechterhaltung der Entwaffnungsbestimmungen des Versailler Vertrages.“ – Beim zweiten Dokument handelt es sich um eine vom brit. Außenminister Simon am 17.11.32 vor dem Büro der Abrüstungskonferenz abgegebene „Erklärung“, in der ebenfalls detaillierte Vorschläge für eine Abrüstungskonvention (u. a. betr. Verbot von Angriffswaffen wie Unterseebooten, schweren Kampfwagen und Geschützen) sowie Zugeständnisse in folgender Richtung enthalten waren: „Die Beschränkungen der deutschen Rüstungen sollen in dem gleichen Abrüstungsabkommen enthalten sein, das die Beschränkungen der Rüstungen anderer bestimmt, das heißt, die Artikel des Teils V des Versailler Vertrags […] sollen aufgehoben werden, und die Beschränkungen für Deutschland sollen durch das gleiche Verfahren ermittelt werden wie die für alle anderen Länder.“ Großbritannien sei bereit, gemeinsam mit den übrigen Mitgliedern der Abrüstungskonferenz den Grundsatz der Gleichberechtigung in dem neuen Abkommen zu verwirklichen. „Mit welchen Mitteln und binnen welcher Fristen dieser Grundsatz angewendet werden kann, muß in Genf eingehend besprochen werden, und es ist wesentlich, daß sich Deutschland daran beteiligt.“ (Text der Erklärung dt. und engl.: Material zur Gleichberechtigungsfrage, S. 32–38; Zusammenfassung in Horkenbach 1932, S. 382).

25

In der restlichen Amtszeit der Regierung Papen kam es hierzu nicht mehr. Zum Fortgang der Genfer Verhandlungen, die mit der bekannten Fünf-Mächte-Erklärung vom 11.12.32 (Text: Horkenbach 1932, S. 416) zur grundsätzlichen Anerkennung der militärischen Gleichberechtigung Deutschlands führten, s. diese Edition: Das Kabinett Schleicher, Dok. Nr. 5, P. 1; 24, P. 4. Vgl. hierzu auch ADAP, Serie B, Bd. XXI, S. XXIV ff.; Documents on British Foreign Policy 1919–1939, Second Series, Vol. IV, Dok. Nr. 170 ff.; Documents Diplomatiques Français 1932–1939, 1re Serie, Tome II, Dok. Nr. 9 ff.; Nadolny, Abrüstungsdiplomatie 1932/1933, S. 189 ff.

Das Reichskabinett nahm hiervon Kenntnis.

Eine erneute Sitzung des Reichskabinetts wurde für Freitag, den 18. November d. Js., 11 Uhr vormittags in Aussicht genommen26.

26

Dok. Nr. 216.

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