2.47.2 (bau1p): 2. Verhalten der Beamtenschaft im Falle der Ausrufung der Rheinischen Republik.

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Das Kabinett BauerKabinett Bauer Bild 183-R00549Spiegelsaal Versailles B 145 Bild-F051656-1395Gustav Noske mit General von Lüttwitz Bild 183-1989-0718-501Hermann EhrhardtBild 146-1971-037-42

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2. Verhalten der Beamtenschaft im Falle der Ausrufung der Rheinischen Republik.

Regierungsrat von Friedberg berichtete über die Dortenschen Umtriebe zwecks Gründung einer rheinischen Republik4 und war der Auffassung, daß die Gefahr nicht mehr groß sei, sobald die alliierte Kommission in Koblenz eingetroffen[190] sein würde5. Nur für die Zwischenzeit bestehe noch eine gewisse Gefahr, da die einzelnen französischen Generale die Loslösungsbestrebungen unterstützten. Die Preußische Staatsregierung hätte daher die Weisung an ihre Beamten erteilt, daß sie sich für den Fall der Ausrufung einer Republik dieser nicht zur Verfügung stellen und keine Befehle von ihr annehmen sollten. Dem von den Arbeitern geplanten Generalstreik sollten sie sich dagegen nicht anschließen, weil sonst andere Leute sich in die Stellen setzen und die Funktionen ausüben würden. Im übrigen halte er einen Streik der Arbeiter für gefährlich, weil dann der französischen Besatzung die Möglichkeit zum Einschreiten auch nach dem Friedensvertrage gegeben werde. Er regte an, daß seitens der Reichsregierung die entsprechenden Anweisungen an die Reichsbeamten gegeben würden6.

4

Am 11. 8. hatte die Landesabt. Hessen der Zentrale für Heimatdienst über die Reichszentrale dem PrIMin. die Nachricht zukommen lassen, daß die Gefahr der Ausrufung einer „Rheinischen Republik“ durch Dorten erneut gegeben sei (R 43 I /1838 , Bl. 15–19). – Aus der bayer. Pfalz, wo bei längerem Zuwarten die unter der Führung von Haas stehenden Separatisten die Konkurrenz Dortens fürchteten, lagen ebenfalls Nachrichten über einen bevorstehenden Putsch vor (Die bayer. Gesandtschaft in Berlin an das AA, 15.8.19: R 43 I /1840 , Bl. 87; vgl. DAZ Nr. 395 vom 17.8.19).

5

Gemeint ist die schon vor Inkrafttreten des VV und des RhA erfolgende Arbeitsaufnahme der Irko, die als oberste all. Zivilbehörde in den besetzten rheinischen Gebieten die Interessen der vier Besatzungsmächte wahrnehmen sollte.

6

Vgl. dazu den Bericht des PrIM an den PrMinPräs., der am 14. 8. abschriftlich der Rkei zuging. Danach sollten nach einer bereits erfolgten Absprache mit der Rkei nicht nur die pr., sondern auch die Beamten der Reichspostbehörden im besetzten Gebiet passiven Widerstand leisten (R 43 I /1838 , Bl. 29 f.).

Der Reichskanzler bezweifelte, daß die vorgeschlagene Anweisung an die Beamten, die Befehle der Regierung gegebenenfalls nicht auszuführen, praktisch durchführbar sei. In Frage könnte neben der Maßregel, soweit sie durchführbar ist, nur ein kurzer, etwa halbtägiger Generalstreik kommen, durch den zum Ausdruck gebracht würde, daß die große Masse die Umtriebe ablehne. Diesem Vorgehen sollten sich die Beamten anschließen. Demgemäß wurde beschlossen.

Der Reichspostminister dessen Beamte allein in Frage kommen, wird in dieser Hinsicht das Weitere veranlassen.

Es gelangte weiter noch die Aufforderung des Herrn Groger zur Abhaltung offizieller Besprechungen über alle diese Fragen zur Erörterung. Es wurde beschlossen, sofort mit den Abgeordneten der besetzten Gebiete über die Fragen in Gegenwart des Unterstaatssekretärs Lewald zu verhandeln und Herrn Groger durch den Regierungsrat von Friedberg von dem Ergebnis in Kenntnis setzen zu lassen. Über das Ergebnis der Verhandlungen mit Groger wird noch berichtet werden7.

7

Am 22. 8. findet in Frankfurt a. M. eine Besprechung zwischen UStS Lewald, RuSt-Kom. von Starck, RegPräs. Winterstein, rhein. Abgg. der Mehrheitsparteien, Vertretern der Reichszentrale für Heimatdienst u. a. statt. In dem Protokoll, das UStS Lewald dem UStS-Rkei am 16. 10. zusendet, wird abschließend die gegenwärtige Lage in den besetzten rhein. Gebieten durch UStS Lewald charakterisiert: „Wenn ich das Ergebnis der heutigen Tagung zusammenfasse, so ist es folgendes: 1. sie hat den Staats- und Reichsbehörden die große Gefahr vorgeführt, in denen das Rheinland schwebt, ebenso die üblen Zustände, die in mancher Beziehung eingerissen und schleunigst gebessert werden müssen. […] Die Zahl der Soldaten wird auf 1/10 des jetzigen Bestandes zurückgesetzt, allerdings wird die Überzahl der Franzosen gegenüber den anderen Mächten bedenklich sein; es werden ca. 80 000 Mann im Rheinland stehen, davon werden nur 10 000 Mann Belgier und 6000 Mann Engländer sein. Der kommandierende General wird seinen Sitz in Koblenz haben, mit dieser materiellen Umwandlung wird eine Fülle von Schwierigkeiten verschwinden; 2. hat uns die Tagung vorgeführt, daß bis Mitte September sowohl von Dorten wie von Haas neue Putsche zu erwarten sind. Das Reich hat nicht die Macht, diesen Machenschaften mit Erfolg zu begegnen, es muß daher die Bevölkerung sich selbst organisieren und helfen. Weisungen für die Beamten des Reichs und der Staaten, wie sie sich zu verhalten haben, werden gegeben werden. Wir haben schon die Mitteilungen des Herrn Groger über den bevorstehenden Putsch an Herrn von Starck nach Köln und an den Herrn Regierungspräsidenten nach Koblenz offen telegraphiert, um damit den Engländern zu zeigen, daß wir unterrichtet sind und uns rüsten; 3. ist uns die Klage vorgeführt worden, daß die Heimat Sie nicht genügend unterstützt. Es ist sehr schwer, die Presse zu beeinflussen. Hierin wird Herr Rauscher und die Reichszentrale für Heimatdienst hoffentlich noch kräftiger und energischer arbeiten; wichtig ist auch hierin der Ausbau der Organisation; 4. Die Reichsregierung kann nicht ein bestimmtes Programm für die Zukunft der Rheinlande geben. Finden wir eins, das einzelnen Parteien nicht gefällt, so laufen diese Sturm dagegen, und es wird der Sache mehr geschadet wie genützt, ein Programm, das allen Parteien gefällt, gibt es aber nicht“ (R 43 I /1838 , Bl. 53–67; hier Bl. 66 f.).

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