2.251 (bru1p): Nr. 251 Vermerk des Staatssekretärs Meissner über eine Unterredung des Reichspräsidenten mit Gewerkschaftsvertretern am 26. Februar 1931

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Nr. 251
Vermerk des Staatssekretärs Meissner über eine Unterredung des Reichspräsidenten mit Gewerkschaftsvertretern am 26. Februar 1931

R 43 I /1138 , Bl. 143–144

Der Herr Reichspräsident empfing heute in Anwesenheit des Herrn Reichskanzlers Dr. Brüning und des Herrn Reichsarbeitsministers Dr. Stegerwald auf ihr Ersuchen hin die Vertreter der drei gewerkschaftlichen Richtungen. Es erschienen: Vom Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund Leipart und Grassmann, vom Allgemeinen Freien Angestelltenbund Stähr, vom Deutschen Gewerkschaftsbund Imbusch und Bechly und vom Gewerkschaftsring Deutscher Arbeiter-, Angestellten- und Beamtenverbände Schneider. Namens der Erschienenen berichtete Leipart über Zweck und Bedeutung der gewerkschaftlichen Organisationen und fügte hinzu, daß sie trotz aller Schwierigkeiten immer noch mit Erfolg bestrebt seien, ihre Mitglieder von der Notwendigkeit, in der gegenwärtigen Zeit Opfer zu bringen und Ruhe zu halten, zu überzeugen. Es müsse aber mehr zur Minderung der Arbeitslosigkeit usw. geschehen, damit diese ruhigen staatserhaltenden Elemente der Gewerkschaften nicht auch radikalisiert und staatsgefährlich würden. Im einzelnen berührte der Bericht Leiparts wie auch die nachfolgende Aussprache die Sorgen der Arbeitslosigkeit, der wirtschaftlichen Not der langfristig Erwerbslosen, den Preisabbau, den Lohnabbau, die Arbeitsbeschaffung durch die öffentliche Hand, die Verkürzung der Arbeitszeit, die Sozialversicherung, das Schlichtungswesen und zuletzt die Besorgnisse in der Arbeiterschaft über die agrarpolitischen Pläne der Reichsregierung, die preisverteuernd wirken müßten. Man müsse damit rechnen, daß die schwierige Lage der Industrie noch länger andauerte, und müßte Maßnahmen treffen, um die Produktion durch zusätzliche Arbeitsbeschaffung wieder[913] in Gang zu bringen. Am Schluß überreichte Leipart dem Herrn Reichspräsidenten die anliegende, gemeinschaftliche Erklärung der verschiedenen gewerkschaftlichen Richtungen1.

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Als Anlage zu diesem Dok. abgedruckt.

Reichsarbeitsminister Stegerwald wie der Reichskanzler erwiderten in dem Sinne, daß sie die schwierige Lage der Arbeiterschaft anerkennen, daß aber seitens der Reichsregierung schon viel geschehen sei, um Besserung zu schaffen. Sobald die Reichsregierung den Etat und die zur Zeit den gesetzgebenden Körperschaften vorliegenden Gesetze verabschiedet und damit auch die Grundlage für die Finanzwirtschaft des Staates in der Zukunft geschaffen habe, werde sie sich mit den sehr schwierigen Fragen der Steigerung der Produktion und der Wiederbelebung des Arbeitsmarktes eingehend befassen.

Der Reichskanzler fügte abschließend hinzu, daß die hier angeschnittenen Fragen zwischen der Reichsregierung und den Spitzenorganisationen der Arbeiter und Angestellten alsbald weiter erörtert werden sollten.

Der Herr Reichspräsident gab im Laufe der Besprechung wie auch abschließend wiederholt sein Interesse an den Wünschen der deutschen Arbeiter- und Angestelltenschaft und seiner Bereitwilligkeit Ausdruck, im Rahmen der ihm verfassungsmäßig gezogenen Möglichkeiten die ihm vorgetragenen Anregungen und Wünsche zu fördern.

Meissner

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