2.248.1 (feh1p): 1. [Fortsetzung der Beratungen über das Londoner Ultimatum]

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1. [Fortsetzung der Beratungen über das Londoner Ultimatum]

Reichsminister Dr. Simons bemerkt einleitend, daß der von der Reparation[skommission] übersandte „Zahlungsplan“ und das gleichfalls übersandte „Protokoll“1 in ihrer Bedeutung und ihren Wirkungen so schwer zu beurteilen seien, daß er eine endgültige Ansicht sich noch nicht habe bilden können. Unter diesem Vorbehalt möchte er zunächst folgendes bemerken:

1

Zum „Zahlungsplan“ und zum „Protokoll“ s. Dok. Nr. 247, Anm. 1.

Zu den Einzelheiten zum „Zahlungsplan“ und zum „Protokoll“ s. RT-Drucks. Nr. 1979, Bd. 367 ; Schultheß 1921, II, S. 264–267 und C. Bergmann, Der Weg der Reparation, S. 102 f.

Der „Zahlungsplan“ erscheine beim ersten Lesen als möglicherweise annehmbar. Anders sei es mit dem „Protokoll“. Die in ihm vorgesehene Einlösung der Bonds halte er für kaum durchführbar, dennoch werde man lediglich deswegen zu einer Ablehnung kaum kommen können, da diese Bestimmung seines Erachtens über das nicht hinausgehe, wozu wir uns durch Friedensvertrag bereits verpflichtet hätten.

Folgende Punkte ließen ihm jedoch die Annahme unmöglich erscheinen:

1. Die sogenannte Baisse-Klausel des Artikels 234 wird beseitigt2.

2

Nach Art. 234 VV sollte die Repko vom 1.5.1921 an von Zeit zu Zeit die wirtschaftliche Lage Dtlds. prüfen, um je nach den Erfordernissen die Zahlungsfristen oder die Form der Reparationszahlungen abändern zu können. Durch den am 5. 5. übermittelten „Zahlungsplan“ wurde dagegen nach dt. Ansicht ein sehr starres Zahlungssystem eingeführt, das die Bestimmung des Art. 234 VV zwar nicht aufhob, aber praktisch bedeutungslos machte.

[667] 2. Das in § 19 des Annex II für uns enthaltene Recht einer datio in solutum soll jetzt in eine auf Verlangen der Entente zu erfüllende Pflicht umgewandelt werden. Dies widerspräche dem Artikel 235 des Vertrages, wonach die Vertragsgegner ein allgemeines Forderungsrecht auf Lieferung von Waren, Rechten usw. über den 1. Mai 1921 hinaus nicht hätten3.

3

Durch den § 19 der Anlage II zu Teil VIII VV in seiner bisherigen Form war der Repko die Möglichkeit gegeben, bei der Befriedigung all. Schadensersatzansprüche an Stelle von Zahlungen in GM auch Zahlungen in Sachen und Rechten anzunehmen („datio in solutum“).

Die Neufassung des § 19 der Anlage II in dem am 5.5.1921 überreichten „Protokoll“, die auf Grund des § 22 der Anlage II erfolgt war, bestimmte, daß Dtld. auf Verlangen irgendeiner all. Macht, gleichgültig ob eine Wiederaufbauverpflichtung bestand oder nicht, nach der Genehmigung durch die Repko die Pflicht hatte, Material- und Arbeitsleistungen an diese Macht zum Wiederaufbau oder zur Entwicklung ihres industriellen oder wirtschaftlichen Lebens zu liefern.

Sachlieferungen mit diesem Zweck aber waren nach dt. Ansicht im VV nicht vorgesehen. Siehe dazu auch die „Bemerkungen des AA zu den am 5. Mai 1921 in London übergebenen Schriftstücken über die dt. Reparationsverpflichtungen“, RT-Drucks. Nr. 1989, Bd. 367, S. 6 .

3. Die Entwaffnungsfrage, in der die Entente nunmehr wiederum auf ihre Forderungen vom 29. Januar 1921 zurückkäme, die unter anderem die Entwaffnung der Ostfestungen bedeuten würden4.

4

In der „Erklärung“ der all. Regierungen vom 5.5.1921 war die vorbehaltlose und unverzügliche Ausführung der Entwaffnungsbestimmungen gefordert, wie sie in den Pariser Beschlüssen vom 29.1.1921 niedergelegt worden waren. Zu den Entwaffnungsbestimmungen der Pariser Beschlüsse s. RT-Drucks. Nr. 1640, Bd. 366, S. 9 –17.

Reichsminister Dr. Scholz weist darauf hin, daß auch die Drohungen mit dem Einmarsch dem Vertrage widersprechen. Im übrigen schließe er sich den Anschauungen des Ministers Dr. Simons an5.

5

Siehe dazu insgesamt auch die „Bemerkungen des AA zu den am 5. Mai 1921 in London übergebenen Schriftstücken über die dt. Reparationsverpflichtungen“, RT-Drucks. Nr. 1989, Bd. 367 .

Reichsminister v. Raumer fragt, ob eine Gegenliste der feindlichen Vertragsverletzungen aufgestellt sei.

Reichsminister Dr. Simons bejaht dies.

Reichsminister Dr. Brauns betont die Notwendigkeit der propagandistischen Auswertung der feindlichen Vertragsverletzungen.

Die weitere Besprechung wird hierauf auf den 7. Mai, 10 Uhr vormittags, (im Reichskanzlerhause) vertagt6.

6

Siehe dazu weiter Dok. Nr. 250.

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