2.111.3 (lut1p): 3. Stellungnahme zu den russischen Vorschlägen.

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[377]3. Stellungnahme zu den russischen Vorschlägen6.

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Zu diesem Tagesordnungspunkt am Kopf des obigen Protokolls der handschrl. Vermerk Pünders vom 29. 6.: „Die Fassung des Protokolls ist die Grundlage einer Instruktion an den deutschen Botschafter in Moskau. Es hat daher Herrn Staatssekretär Schubert vorgelegen und ist von ihm gebilligt worden.“

Staatssekretär v. Schubert berichtete auf Wunsch des Herrn Reichskanzlers im Anschluß an die gestrigen Ausführungen des Herrn Reichsaußenministers Dr. Stresemann über die letzten Phasen dieser Angelegenheit. Der deutsche Botschafter Graf Brockdorff-Rantzau sei soeben nach Moskau abgefahren und habe den Auftrag mitgenommen, die Gespräche mit dem Volkskommissar Tschitscherin fortzuführen. Graf Brockdorff-Rantzau habe zunächst festzustellen, welche Stimmung im Augenblick in Moskau vorherrsche. Hiervon solle abhängen, ob der deutsche Botschafter schon jetzt mit der formulierten Präambel7 herausrückt oder erst später. Im Falle der Anknüpfung der Diskussion über diese Präambel sei daran gedacht, daß Brockdorff-Rantzau Tschitscherin sage, hier liege eine deutsche Formulierung vor, die vielleicht den russischen Wünschen entspreche. An eine Übergabe eines Memorandums oder gar eine Note sei nicht gedacht. Es solle sich lediglich um mündliche Erörterungen handeln, aber der Gegenseite die Möglichkeit gegeben werden, sich schriftliche Notizen zu machen oder sich vielleicht auch die Präambel abzuschreiben. Wenn sich dann herausstelle, daß Rußland mit der vorgeschlagenen Lösung einverstanden sei, so sei an den weiteren Vorschlag gedacht, die Präambel an einem noch zu vereinbarenden Zeitpunkt in einen der abzuschließenden Verträge, z. B. in einen Wirtschaftsvertrag hineinzuarbeiten. Wenn die Verhandlungen in diesem Sinne liefen, käme allerdings die Unterzeichnung eines solchen Vertrages und dessen Veröffentlichung etwa noch im Juli als verfrüht noch nicht in Betracht.

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Zum Text dieser Präambel s. Anm. 19 zu Dok. Nr. 110.

Reichswirtschaftsminister Dr. Neuhaus erklärt sich mit der Tendenz einer solchen Fühlungnahme durchaus einverstanden, nur habe er Bedenken, daß die Russen illoyalerweise dennoch unsere Präambel vorzeitig veröffentlichen könnten. Hierdurch könnten unsere anderweitigen Verhandlungen stark gefährdet werden.

Reichsminister für Ernährung und Landwirtschaft Graf Kanitz hat das Bedenken, daß die Präambel jetzt zu früh komme. Die Russen seien skrupellos. Man solle ihnen mit der Präambel erst kommen, wenn sie sich in den Wirtschaftsverhandlungen weniger intransigent gezeigt hätten.

Reichskanzler Dr. Luther hält es ebenso wie Reichsminister Dr. Stresemann für nicht möglich, den Russen gegenüber länger zu warten. Wir hätten von den Russen bereits am 29. Dezember vorigen Jahres ein, wenn auch nur mündliches, so doch formuliertes Angebot erhalten8. Es sei beiderseits bekannt, daß die Deutsche Regierung ihren Botschafter Grafen Brockdorff-Rantzau zu näheren Erörterungen für mehrere Monate nach Berlin habe kommen lassen. Umgekehrt sei auch der russische Botschafter Krestinski zu entsprechenden Verhandlungen in Moskau gewesen und habe daraufhin erneut mit der Reichsregierung Verhandlungen[378] angeknüpft. Nunmehr sei der deutsche Botschafter Graf Brockdorff-Rantzau wieder nach Moskau zurückgekehrt, so daß es jetzt ganz unmöglich sei, daß er nach so langen Monaten zur Verhandlung nichts mitbringe. Der Niederschlag dieser Verhandlungen sei eben die vorgeschlagene Präambel, die von ganz einfacher Form sei, nicht viel enthalte, dabei aber doch ein betonter Akt sei, und auf letzteren komme es gerade an.

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Vgl. Anm. 14 zu Dok. Nr. 110.

Reichsaußenminister Dr. Stresemann ergänzt die Ausführungen des Herrn Reichskanzlers noch dahin, daß unser Botschafter Graf Brockdorff-Rantzau in seinen Vorschlägen über die Präambel, die bei dieser Gelegenheit noch einmal verlesen wurde, erheblich hinausgegangen sei und es gern gesehen hätte, wenn wir den ursprünglichen russischen Vorschlägen zugestimmt hätten. Weniger als die Präambel den Russen zu geben, sei jetzt aber nicht mehr möglich.

Auf Wunsch des Herrn Reichskanzlers faßt Herr Reichsminister Dr. Stresemann daraufhin die Stellungnahme des Kabinetts im Sinne der Vorerörterung und im engen Anschluß an die eingangs protokollarisch niedergelegten Ausführungen des Herrn Staatssekretärs v. Schubert erneut zusammen.

Reichskanzler Dr. Luther stellt daraufhin fest, daß das Kabinett dem beabsichtigten Vorgehen der Reichsregierung gegenüber Rußland im Sinne des Vorschlages des Herrn Reichsaußenministers zustimmt.

Der nachträglich eintretende Reichsminister der Finanzen von Schlieben erklärt sich mit dem Vorgehen der Reichsregierung gleichfalls einverstanden.

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