1.137 (mu22p): Nr. 393 Vermerk Staatssekretär Pünders über eine Unterredung des Reichskanzlers mit dem Reichsbankpräsidenten betr. die Finanzlage. 19. Dezember 1929

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Nr. 393
Vermerk Staatssekretär Pünders über eine Unterredung des Reichskanzlers mit dem Reichsbankpräsidenten betr. die Finanzlage. 19. Dezember 1929

R 43 I /2362 , Bl. 195-197, hier: Bl. 195-197 Durchschrift

In Ausführung der Entschließung des Kabinetts hatte der Herr Reichskanzler im Beisein des Unterzeichneten gegen Mittag eine halbstündige Aussprache mit dem Herrn Reichsbankpräsidenten Dr. Schacht1. Zunächst wurde der neueste Sachstand erörtert. Hierbei teilte Präsident Schacht mit, daß ein Kabel der National City Bank heute morgen bei ihm eingelaufen sei. Er habe dieses Telegramm leider nicht bei sich, aber eine der drei an ihn gestellten Fragen laute dahin, ob die Rückzahlung des erbetenen Kredits unter allen Umständen nach Ablauf der Termine gesichert sei, auch dann, wenn irgend welche Erleichterungen durch sonstige Ereignisse (Anleihe, Young-Plan usw.) nicht eintreten würden. Die National City Bank frage ihn also damit ausdrücklich danach, ob bis dahin Mittel im deutschen Reichshaushalt zur Abdeckung des jetzt erbetenen Kredits vorhanden seien. Da er diese Frage selbstverständlich nach dem gegenwärtigen Sachstande verneinen müsse, stünde seine Antwort an Amerika fest.

1

Siehe Dok. Nr. 392.

Die Erörterung drehte sich dann um die Frage eines Ausbaues der Ziffer 14 des Finanz-Programms2. Präsident Schacht betonte hierbei stark, daß, wenn die Reichsregierung diesen Weg beschreite, dies gar nicht als ein Abweichen von ihrem Finanz-Programm gedeutet werden müsse. Nur müsse dieser Punkt schon für die Haushaltsaufstellung 1930 klargestellt sein. Trotz eindringlichster Vorstellung des Herrn Reichskanzlers hielt hierfür Herr Präsident Schacht die Beschließung einer feierlichen Erklärung der Reichsregierung und der Parteiführer oder darüber hinaus einer feierlichen Entschließung im Reichstage für ungenügend, vielmehr müsse er unter allen Umständen auf einer gesetzlichen Regelung bestehen. Der Entwurf für eine solche gesetzliche Regelung[1290] wurde dann zu Dritt kurz besprochen – siehe Anlage –3. Hinsichtlich der Höhe blieb Präsident Schacht schließlich bei der Forderung von 500 Millionen, brauchte aber zwischendurch mehrfach Wendungen, aus denen geschlossen werden konnte, daß eventuell auch 450 Millionen oder gar nur 400 Millionen ihm genügen würden.

2

Gemeint ist das vorgesehene Gesetz zur Tilgung der Reichsschulden.

3

In R 43 I nicht ermittelt; siehe jedoch den Bericht des RK über diese Unterredung in Dok. Nr. 394.

Faßten die Regierung und die Regierungsparteien den Entschluß zu einer solchen gesetzlichen Regelung, so komme es dann auf ein paar Tage nicht mehr an. Er wisse natürlich, daß der technische Ablauf solcher gesetzgeberischen Arbeit gewisse Zeit in Anspruch nehme, die natürlich möglichst abgekürzt werden müsse. Ihm würde es für seine eigene Mitarbeit aber schon genügen, wenn Reichsregierung und Parteien sich bereit fänden, auf dieser Basis einen Initiativantrag im Reichstag einzubringen. Geschehe dies heute oder morgen, so stehe er schon heute bezw. morgen zur sofortigen Mitarbeit bei Behebung der Ultimoschwierigkeiten zur Verfügung, und er habe dann keine Zweifel, daß die erforderlichen Ultimogelder sofort zu beschaffen seien; allerdings müsse er bei dieser Zusammenarbeit, zu der er sich gern bereit erkläre, auch Einblick in die Ultimo-Verpflichtungen des Reichs erhalten.

Pünder

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