2.204.2 (cun1p): 2) Frage der wertbeständigen Löhne.

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Das Kabinett Cuno Wilhelm Cuno Bild 183-1982-0092-007Französischer Posten Bild 183-R43432Posten an der Grenze des besetzten Gebietes Bild 102-09903Käuferschlange vor Lebensmittelgeschäft Bild 146-1971-109-42

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2) Frage der wertbeständigen Löhne.

Reichsarbeitsminister Dr. Brauns: Die plötzlichen und großen Schwankungen des Geldwertes hätten in letzter Zeit überhand genommen. Die Folge sei ein dauerndes Sinken der Kaufkraft der Löhne. Die Arbeitnehmerschaft weigere sich, diese Entwicklung weiter hinzunehmen. Ein Negieren der Forderungen der Arbeitnehmerschaft und ein Ignorieren ihrer Klagen sei nicht möglich6. Eine Verbesserung der Berechnung des Kleinhandelsindex sei in Vorbereitung; der Index solle wöchentlich berechnet werden und es sollten seiner Berechnung die Preisverhältnisse in ungefähr 20 typischen Städten zugrunde gelegt werden. Das Statistische Reichsamt führe die dahingehenden Verhandlungen7. Sein Vorschlag gehe dahin, kurzfristige Tarifverträge für einen Monat abzuschließen. Während dieser Zeit solle eine automatische Anpassung der Löhne nach dem Index stattfinden. Wenn die Reichsregierung seinem Vorschlage folge, so werde eine ruhigere Entwicklung eintreten. Die Arbeitnehmerschaft werde das Bewußtsein haben, daß sie nicht immer mehr wirtschaftlich zurückkomme.

6

Vgl. Anm. 5 zu Dok. Nr. 192.

7

Am 25. 6. hatten im RArbMin. Verhandlungen mit den beteiligten Ressorts, dem Statistischen Reichsamt und den Spitzenorganisationen der Arbeitnehmerschaft stattgefunden. Sie hatten zu dem Beschluß geführt, eine Kommission aus je vier Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sowie Vertretern der beteiligten Ressorts unter Vorsitz des Statistischen Reichsamts zu bilden (Bericht Offermanns in R 43 I /1152 , Bl. 274-276, irrtümlich auf den 22. 6. datiert).

Staatssekretär Dr. Schroeder: Er sei gegen den Vorschlag des Reichsarbeitsministers. Die Erfahrungen, die man in Österreich gemacht habe, sprächen gegen die Einführung eines Indexlohnes. Durch Einführung des Indexlohnes treibe man die Preise in die Höhe. Man komme dann an den gefährlichen Punkt, daß die Mark auch das Vertrauen als Zahlungsmittel verliere8.

8

Über die Stellungnahme des RFMin. in der Sitzung vom 25. 6. berichtete Offermann: „Der Vertreter des RFMin. nahm zu der ganzen Frage einen strikt ablehnenden Standpunkt ein und führte aus, daß diese Art der Lohnfestsetzung den Wert der Mark vollständig untergraben werde. Österreich sei ein Beispiel dafür, daß man auf diese Weise die Währung vollständig zerrütte. Der Vertreter Österreichs habe im RFMin. dringend vor der Beschreitung eines solchen Weges gewarnt. […] Im Anschluß hieran sei bemerkt, daß die Vertreter der Gewerkschaften den Standpunkt des RFMin. heftig bekämpften und durch laute Zwischenrufe ihren starken Unwillen zu erkennen gaben.“ (R 43 I /1152 , Bl. 274-176, hier: Bl. 275).

Ministerialdirektor von Schlieben: Die gleitende Skala sei überaus schädlich. Die Erfahrungen lehrten, daß mit der öffentlichen Bekanntmachung des erhöhten Index die Preise sofort stiegen.

[613] ReichsverkehrsministerGroener ist derselben Ansicht.

Ministerialdirektor Dr. Sitzler: Diese Bedenken seien nur gerechtfertigt, wenn man in eine voll gleitende Skala hineinkomme. Das sei jedoch nicht der Fall.

Das Kabinett beschließt, seine Stellungnahme noch vorzubehalten. Es soll zunächst die Stellungnahme der Arbeitgeberverbände abgewartet werden. Sollte es nicht zu einer Einigung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern über die Frage der wertbeständigen Löhne kommen, so will der Reichsarbeitsminister einen Schiedsspruch nicht fällen, ohne sich vorher mit dem Kabinett ins Benehmen zu setzen9.

9

Die Frage der Indexlöhne wird am 6. 7. erneut im Kabinett behandelt (Dok. Nr. 209).

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