2.33.11 (ma11p): 11. Rheinisch-westfälische Notenbank.

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11. Rheinisch-westfälische Notenbank13.

13

Vgl. zum folgenden Dok. Nr. 27, P. 2; Nr. 28; Nr. 29.

Ministerialdirektor Schäffer berichtete über die technische Seite der Goldnotenbank und hob besonders folgende Punkte hervor: Als Währungseinheit sei nicht die Goldmark vorgesehen. Falls das Kabinett den Wunsch habe, die Goldmark zugrunde zu legen, so müsse dieser Wunsch besonders zum Ausdruck gebracht werden. Die Frage des Übergangs des Instituts in die zentrale Goldnotenbank des Reichs könne auf zwei Arten gelöst werden: a) durch Vorsehung einer Kündigungsfrist, b) durch Gewährung eines Optionsrechtes. Eine Entscheidung über diese Frage sei noch nicht getroffen. Es empfehle sich, die Genehmigung der Goldnotenbank von der Gewährung eines Optionsrechtes an das Reich oder eine von ihm zu bezeichnende Stelle abhängig zu machen. Die Reichsbank habe in einem Schreiben zur Frage der Goldnotenbank Stellung genommen und ihr Einverständnis von 5 Bedingungen abhängig gemacht. Eine Nichterfüllung ihrer Bedingungen würde sie gegebenenfalls mit einem Zurückziehen ihrer Vertretungen im besetzten Gebiet beantworten14. Die Bedingungen der Reichsbank seien nur insofern berechtigt, als sie forderten, daß von beiden Instituten, der Reichsbank und der Goldnotenbank, eine einheitliche Diskontpolitik betrieben werde, und daß von der neuen Goldnotenbank keine gegen die Reichsbank gerichtete Politik verfolgt werde.

14

Gemeint ist offenbar das Schreiben des Rbk-Direktoriums an den RK vom 19. 12., das sich im Nachlaß Marx  im Stadtarchiv Köln befindet. Abgedr. in: Hugo Stehkämper (Bearb.), Der Nachlaß des Reichskanzlers Wilhelm Marx, Teil II, 1968, S. 106 f. Am 20. 12. findet in der Rkei eine Besprechung mit der Rbk über die Rhein. Notenbank statt, an der Marx, Jarres, Hamm, Schacht sowie Beamte verschiedener Reichs- und pr. Ressorts teilnehmen. Hierbei tragen die Vertreter des Rbk-Direktoriums folgende Wünsche vor: Bei der Konstituierung der Rhein. Bank solle eine Form gewählt werden, die einen Eingriff in das Notenprivileg der Rbk vermeidet; für den Fall der Liquidierung der Bank solle die Rbk als diejenige Stelle bezeichnet werden, die das Optionsrecht ausübt; der Übernahmepreis solle bereits jetzt festgelegt werden; das von der Rhein. Bank auszugebende Geld solle auf Mark oder Bruchteile einer Mark abgestellt werden. Die Absicht der Rbk, ggf. die Schließung der Reichsbankstellen im besetzten Gebiet öffentlich anzudrohen, wird von Jarres als bedenklich bezeichnet. „Es werde damit der Entente wahrscheinlich lediglich ein Gefallen getan, und im Rheinland würde man dieses Verhalten zweifellos nicht verstehen.“ (Protokoll dieser Besprechung in R 43 I /2442 , Bl. 63-65).

Der Reichswährungskommissar war der Auffassung, daß man grundsätzlich die Genehmigung für die rheinische Goldnotenbank aussprechen müsse. Dabei müsse jedoch der Grundsatz gewahrt werden, daß durch die Gründung der[140] rheinischen Goldnotenbank nicht eine Zerreißung der deutschen Währungseinheit erfolge. Zur Erreichung einer gemeinsamen deutschen Währungseinheit sei es notwendig, daß im jetzigen Augenblick die Deutsche Regierung in die Verhandlungen eingeschaltet werde. Es sei ohne Zweifel, daß Deutschland niemals imstande sein werde, aus eigener Kraft eine Goldnotenbank aufzubauen. Infolgedessen müsse versucht werden, die rheinische Notenbank so zu gestalten, daß sie als Vorläufer der zentralen Notenbank anzusehen sei. Es müsse verhindert werden, daß diese Notenbank ein Hemmnis für die Errichtung der zentralen Goldnotenbank des Reichs werde. Wünschenswert sei infolgedessen, daß auch das übrige Ausland, insbesondere die Engländer, für diese rheinische Notenbank interessiert würden. Er habe den Eindruck, daß das Ausland der Frage der Goldfinanzierung der deutschen Wirtschaft nicht ablehnend gegenüberstände.

Der Vizekanzler führte aus, daß zwar gewichtige politische Bedenken gegen die Genehmigung der rheinischen Notenbank bestünden, daß aber im Vordergrund die Frage der Erhaltung der Rheinprovinz stände. Allerdings müsse die Genehmigung von gewissen Voraussetzungen abhängig gemacht werden, die im einzelnen noch zu formulieren seien. Er schlage vor, daß nach grundsätzlicher Festlegung der Voraussetzungen mit den maßgebenden Stellen nochmals verhandelt würde, um mit ihnen alle Einzelheiten vor endgültiger Erteilung der Genehmigung festzusetzen.

Der Reichskanzler schloß sich dieser Auffassung an und bat, unter allen Umständen heute zu einem Beschluß zu kommen.

Der Reichsminister des Auswärtigen führte aus, daß er ursprünglich gegen eine Genehmigung sich ausgesprochen habe, daß er aber jetzt, vor allem nach einer Unterredung mit Herrn Stinnes, sich davon überzeugt habe, daß sowohl vom außenpolitischen Gesichtspunkte aus als auch von dem der deutschen Zukunftsentwicklung es notwendig sei, die Genehmigung zu erteilen. Diese Genehmigung sei für das besetzte Gebiet und damit für die Stellung des Reichs zu dem besetzten Gebiet von größter präjudizieller Bedeutung, da damit neuerdings anerkannt werde, daß deutsche Gesetze wiederum auf die besetzten Gebiete Anwendung fänden. Denn die Genehmigung der Goldnotenbank werde abhängig gemacht von der Erlaubnis, das Rentenmarkgesetz15 im besetzten Gebiet einzuführen, und es bestehe die Aussicht, daß die Franzosen diese Erlaubnis erteilten. Außerdem sei zu bedenken, daß ohne diese Goldnotenbank und die Einführung der Rentenmark im besetzten Gebiet die Wirtschaft daselbst nicht dauernd in Gang zu setzen sei. Das bedeute aber den Zusammenbruch auf allen Gebieten in kürzester Zeit. Nicht wünschenswert erscheine ihm, als Währungseinheit 1/10 Dollar zu wählen. Notwendig sei, daß eine einheitliche Währungseinheit für das gesamte Reichsgebiet geschaffen werde. Bezüglich der Reichsbank glaube er, daß später der Frage der Änderung des Reichsbankgesetzes16 nähergetreten werden müßte. Es gehe nicht an, daß die Reichsbank neben der Reichspolitik noch eine besondere Politik betreibe. Ein Optionsrecht[141] der Reichsregierung oder einer von ihr zu bestimmenden Stelle müsse gefordert werden. Die Übernahme der Verhandlungen von Regierung zu Regierung halte er für wünschenswert, möchte diesen Wunsch aber nicht zu einer conditio sine qua non machen.

15

Rentenbank-VO vom 15.10.23 (RGBl. I, S. 963 ).

16

Autonomiegesetz vom 26.5.1922 (RGBl. II, S. 135 ).

Der Vizekanzler glaubte, daß durch derartige Verhandlungen die Lösung hinausgezögert werde.

Der Reichswirtschaftsminister bat, nicht den Namen einer rheinischen Goldnotenbank zu wählen, sondern vielleicht sich auf den Namen „Rheinisch-Westfälische Bank“ zu einigen. Die Vertreter der besetzten Gebiete hätten sich damit einverstanden erklärt. In der Frage der Währungseinheit glaube er mit der Wahl eines niedrigeren Goldgehalts als dem der Goldmark einverstanden sein zu sollen.

Der Reichsminister für die besetzten Gebiete sprach sich dahin aus, daß es dringend wünschenswert sei, in der gesamten Frage möglichst rasch zu einem Entschluß zu kommen.

Der Reichsverkehrsminister wünschte, daß an der Goldmark als Einheit festgehalten werde, da es sonst in der Praxis zu großen Unzuträglichkeiten bei den Abrechnungen kommen würde.

Der Reichswährungskommissar erklärte, daß an sich der Begriff „Mark“ und das Dezimalsystem aufrechterhalten bleiben solle und es nur fraglich sei, ob man der neuen Mark denselben Goldgehalt geben solle wie der alten Mark. Diese Frage sei nicht entscheidend. Entscheidend sei aber, daß die Lösung für das ganze Deutsche Reich einheitlich geschehe. Entscheidend sei ferner, daß für die künftige Verbindung dieser Bank mit dem zentralen Goldnoteninstitut Vorsorge getroffen werde, damit nicht durch ein Abströmen aller Devisen in das besetzte Gebiet die Errichtung der zentralen Bank überhaupt unmöglich werde.

Staatssekretär Schroeder warf die Frage auf, ob die Genehmigung im Wege des Gesetzes oder im Wege der Verwaltungsverordnung erteilt werden solle und entschied sich für den letzteren Weg.

Für die gesetzliche Form sprachen sich Ministerialdirektor Schäffer, der Vizekanzler und Staatssekretär Joel aus.

Generalkommissar Schmid hielt zwecks schnellerer Erledigung den Verwaltungsakt für zweckmäßiger und wies darauf hin, daß bei der Gesetzesform später starke politische Angriffe zu erwarten seien, die mit dem Antrage des Reichstags auf Aufhebung des Gesetzes endigen könnten.

Der Vizekanzler und Staatssekretär Joel wiesen darauf hin, daß derartige politische Angriffe auch gegen eine Verordnung auf Grund der Notgeldvorschriften im Wege der Interpellation erhoben werden könnten. Dazu komme, daß bei der Verordnung die Rechtsgültigkeit angezweifelt werden könne.

Das Kabinett beschloß darauf, die Genehmigung zur Errichtung der rheinischen Goldnotenbank grundsätzlich, und zwar auf dem Wege des Gesetzes, unter folgenden Voraussetzungen zu erteilen17:

17

Vgl. zum folgenden das Schreiben des RK an Louis Hagen vom 22.12.23 (Dok. Nr. 36).

1.

Dem Deutschen Reich oder einer von ihm zu bezeichnenden Stelle wird ein Optionsrecht eingeräumt, wobei die Aktien zum Nennwert oder einem nicht mehr als 30% über dem Nennwert liegenden Werte zu übergeben seien. Im Falle der Nichteinigung entscheide über den Wert ein Schiedsrichter.

2.

Die Genehmigung der Einführung des Rentenmarkgesetzes im besetzten Gebiet wird erteilt.

3.

Die rheinische Goldnotenbank verzichtet für ihre Noten auf eine kleinere Stückelung als 2 Dollar.

4.

Das wertbeständige Notgeld, das auf Mark abgestellt ist, wird zugelassen.

5.

Die Währungseinheit für das gesamte Reich wird gesichert.

6.

Eine einheitliche Diskontpolitik der Reichsbank und der rheinischen Goldnotenbank wird gewährleistet, ebenso, daß die neue Bank keine gegen die Reichsbank gerichtete Politik treibt; ferner, daß gegenüber der deutschen zentralen Goldnotenbank eine wohlwollende Haltung eingenommen wird.

7.

Die Notenausgabe wird auf 75 Millionen Dollar kontingentiert, wobei nach Gründung einer zentralen Goldnotenbank und Festlegung deren Kontingents eine Erhöhung vorbehalten bleibt.

8.

Eine Notensteuer wird eingeführt.

9.

Die rheinische Goldnotenbank errichtet keine Niederlassungen im unbesetzten Gebiet18 und im Ausland.

18

In der Vorlage irrtümlich: „im besetzten Gebiet“.

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