2.60.2 (ma11p): [Anlage 2]

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[238] [Anlage 2]

General v. Seeckt an den Reichspräsidenten. 13. Januar 1924 [Abschrift]

Dem Herrn Reichspräsidenten lege ich durch die Anlage ein heute bei mir eingelaufenes Schreiben des Generalleutnants von Lossow, Kommandeur der 7. (bayer.) Division, in Abschrift vor und nehme zu demselben wie folgt Stellung.

Nach mir gemachter Zusage sollte am 12. ds. Mts. von Seiten des Herrn Reichskanzlers der bayer. Regierung schriftlich die Erklärung gegeben werden, daß die Reichsregierung bereit sei, in Verhandlungen über die bayer. Denkschrift einzutreten. Die Voraussetzung für die Zurücknahme der Inpflichtnahme wäre damit gegeben, wenn gleichzeitig eine Einigung im Fall Lossow erfolgte. Ich bin der Auffassung, daß eine stillschweigende Erledigung dieses Falles nicht angängig ist; dagegen bin ich der Meinung, daß weitere formelle Erklärungen der bayer. Regierung nach Zurücknahme der Inpflichtnahme nicht mehr erforderlich sind. Die Lage ist die, daß ein zweifellos verfassungsrechtlich bindender Befehl des Herrn Reichspräsidenten vorliegt, der nach Enthebung des Generalleutnants v. Lossow vom Dienst seinen Stellvertreter bestimmt. Es ist nicht angängig, daß dieser Befehl stillschweigend als nicht ergangen angesehen wird. Er kann und muß durch den Herrn Reichspräsidenten aufgehoben werden. Ferner ist dem Generalleutnant von Lossow durch den Chef der Heeresleitung mitgeteilt worden, daß er seine Verabschiedung zum 31. 1. beantragen würde. Der fristmäßige Einspruch gegen diese Mitteilung beim Herrn Reichspräsidenten ist nicht erfolgt. Der Chef der Heeresleitung ist aber in der Lage, von der Beantragung der Verabschiedung von sich aus auch ohne Einspruch aus dienstlichen Gründen abzusehen. Da ich diese Gründe als vorliegend anerkenne, so bin ich bereit, den Antrag auf Verabschiedung nicht zu stellen. Ich sehe hierbei von der Begründung ab, daß das Ausscheiden des Generalleutnants von Lossow für die bayerische Regierung aus allgemeinen Gründen nicht tragbar sei, ich schließe mich aber der Auffassung an, daß die Verabschiedung auf keinen Fall mit dem Ludendorff-Hitler-Prozeß in Verbindung gebracht werden darf. Bei der scharfen Stellungnahme Ludendorffs gegen Lossow würde die Verabschiedung als ein Erfolg Ludendorffs aufgefaßt werden und auch tatsächlich sein. Das ist aber unbedingt zu vermeiden. Ich bin nun ferner verpflichtet, festzustellen, daß das Verhalten der Truppen der 7. Division während der Tage des Hitler-Putsches und nach diesen völlig einwandfrei gewesen ist und daß Generalleutnant von Lossow es verstanden hat, seine Division fest in der Hand zu halten. Das ist, ohne daß ich mein bisheriges Urteil über das der Disziplin zuwiderlaufende Verhalten des Generalleutnants von Lossow einschränkte oder änderte, doch von mir als ein ausgesprochenes Verdienst des Generals anzuerkennen und bei der Beurteilung des Falles zu bewerten. Eine Verabschiedung des Generalleutnants von Lossow, bevor die November-Ereignisse mit ihren Folgeerscheinungen überwunden sind, muß beunruhigend und schwächend auf die 7. Division wirken, was zu vermeiden der Heeresleitung am Herzen liegen muß.

Wenn ich somit den Antrag stelle, die Enthebung des Generalleutnants von Lossow vom Dienst durch den Herrn Reichspräsidenten aufzuheben und selbst[239] bereit bin, ihm mitzuteilen, daß ich von der Beantragung seiner Verabschiedung zur Zeit absehe, so geschieht das unter der Voraussetzung der vorherigen Zurücknahme der Inpflichtnahme und aus dem dringenden Wunsch heraus, den bestehenden Konflikt aus der Welt zu räumen. Ich halte eine Mitteilung über die Beilegung des Konflikts – auch was die Person des Generalleutnants von Lossow betrifft – in einer geeigneten und mit Bayern zu vereinbarenden Form an die Öffentlichkeit für notwendig. Ebenso erfordert es die Rücksicht auf die Disziplin, daß die nicht beteiligten Stellen des Heeres durch den Chef der Heeresleitung über die Erledigung des Falles aufgeklärt werden.

Abschrift habe ich dem Herrn Reichswehrminister zugestellt.

gez. von Seeckt

General der Infanterie

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